Bei der Trainerpreisverleihung 2022 des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSVBW) wurde Markus Gaugisch, Trainer der Handball-Nationalmannschaft der Frauen und des Bundesligisten SG BBM Bietigheim-Bissingen, zum Trainer des Jahres gewählt. Die Sindelfinger Leichtathletik-Legende Werner Späth wurde für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Den Sonderpreis der BARMER erhielt Karate-Trainer Köksal Cakir (Ludwigsburg). Um die Vielfalt des Sports zu zeigen, vergab der LSVBW seinen Sonderpreis an vier Preisträger. Diese bilden die Themen Integration, Teamwork und Trainernachwuchs ab. Die Preisträger sind: Yuliya Raskina, Landestrainerin am Gymnastik-Stützpunkt Fellbach-Schmiden, Leichtathletik-Landestrainer Florian Bauder (Stuttgart) und das Rugby-Trainerteam Jan Ceselka/Maximilian Pietrek (Heidelberg). Albrecht Reimold, Vorstandsmitglied der Porsche AG, als Gastgeber sowie Ministerin Theresa Schopper, LSVBW-Präsident Jürgen Scholz und BARMER-Landesgeschäftsführer Winfried Plötze übergaben die Preise vor etwa 180 Gästen aus Sport, Politik, Wirtschaft und Kultur im Porsche-Museum in Stuttgart.
LSVBW-Präsident Jürgen Scholz brach die aktuelle Diskussion über fehlende Fachkräfte auf den Sport im Land herunter: „Egal, wann man in den vergangenen Wochen und Monaten die Nachrichten gesehen, gehört oder gelesen hat, in regelmäßigen Abständen kamen Meldungen zum Fachkräftemangel. Und im Sport? Auch da machen die gesellschaftlichen Veränderungen nicht Stopp, bei einigen Verbänden und Vereinen fehlen Übungsleiter und Trainer. Trotzdem sind wir insgesamt gut aufgestellt. Mit einem starken, überwiegend ehrenamtlich getragenen Sport im Land bieten wir einen weichen Standortfaktor für das Musterländle, das wir bleiben wollen. Die Qualität unserer Trainer im Land ist dank eines breit angelegten Aus- und Fortbildungsprogramms sehr gut. An dieser Stelle möchte ich auch ausdrücklich das Engagement der Trainer im Spitzensport wie auch im Breiten- und Freizeitsport loben.“
„Trainerinnen und Trainer sind essentiell für Athletinnen und Athleten – egal auf welchem Leistungsniveau. Sie sind zudem wesentlich für unser Vereinsleben. Man kann es gar nicht oft genug betonen: Vielen Dank an alle Trainerinnen und Trainer im Haupt- und im Ehrenamt für die unzähligen Stunden wichtiger und gewinnbringender Arbeit“, sagte Baden-Württembergs Sportministerin Theresa Schopper bei der Preisverleihung im Porsche-Museum Ende Januar und fügt an: „Herzliche Glückwünsche an alle Preisträgerinnen und Preisträger 2022 für ihre tolle Leistung. Sie werden stellvertretend für all unsere Trainerinnen und Trainer im Südwesten ausgezeichnet, denen allen Lob und Anerkennung gebührt. Sie sind Helfer, Antreiber, Zuhörer, Lehrer, Vorbild und vieles mehr in einem. Das beeindruckt.“
BARMER-Landesgeschäftsführer Winfried Plötze hob bei Köksal Cakir, der den BARMER-Sonderpreis für soziales Engagement erhalten hat, hervor, was grundsätzlich für alle erfolgreichen Trainer gilt: „Herrn Cakir geht es bei seinem ganzheitlichen Trainingskonzept um viel mehr als die sportliche Leistung. Menschen sollen bei ihm einen starken Rückhalt erfahren und Hilfestellung bekommen.“
Trainer des Jahres 2022: Markus Gaugisch
Trainer der Bundesliga-Handballerinnen der SG BBM Bietigheim-Bissingen oder Bundestrainer der Frauen? Für Markus Gaugisch ist das keine Frage. Der 48-Jährige macht beide Jobs. Zumindest für eine gewisse Zeit. Im April 2022 hat Gaugisch die Stelle als Bundestrainer angenommen, bis zum Ende der laufenden Saison arbeitet er auch noch als Chefcoach bei der SG BBM. „Ich bin ein Arbeitstier“, sagt er, „es bereitet mir keine Mühe, denn beide Jobs machen unheimlich viel Spaß, sind toll und privilegiert.“ Entsprechend engagiert ist er in beiden Jobs. Beim Deutschen Handball-Bund sieht er die Möglichkeit, neue Spielphilosophien zu kreieren. Nicht nur für das Nationalteam, sondern beginnend bei den Nachwuchsmannschaften. „Ich will Nationalspielerinnen weiterentwickeln“, sagt er, „die aktuellen wie auch die künftigen.“
Was den Erfolg anbelangt, hat er mit dem Team der SG BBM Bietigheim-Bissingen die Messlatte hoch gelegt. In der vergangenen Saison glückte das Tripple aus Meisterschaft, Pokalsieg und Gewinn der EHF-European-League. Im Jahr davor konnten der Pokalsieg und der Erfolg im DHB-Supercup gefeiert werden. So ganz nebenbei ist eine beispiellose Serie gelungen. Wettbewerbsübergreifend verließen Gaugisch und sein Team bei beeindruckenden 63 Spielen als Sieger das Spielfeld. In den meisten Wettbewerben haben Gaugisch und seine Mannschaft noch die Chance auf weitere Titel. Deshalb denkt der Trainer noch nicht an das Saisonende, sondern genießt die täglichen Übungseinheiten mit seinen Spielerinnen bei der SG BBM Bietigheim-Bissingen. „Jeder Trainer wünscht sich mit allen Mannschaften die maximale Zeit“, sagt er. Und ergänzt mit einem Schmunzeln: „Die Spielerinnen sicher nicht.“ In einem Punkt allerdings ist sich der vielbeschäftigte Trainer sicher: „Meine Frau wird sich freuen, wenn ich nur noch den einen Job als Bundestrainer habe.“
Ehrenpreis für das Lebenswerk: Werner Späth
Diese Nachricht konnte Werner Späth nicht lange für sich behalten. Unmittelbar nachdem der Leichtathletiktrainer des VfL Sindelfingen erfahren hatte, dass er für sein Lebenswerk den Trainerpreis des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSVBW) erhalten wird, hat der 78-Jährige sofort wieder zum Telefon gegriffen. Seine „Mädels“, wie Späth seine Athletinnen nennt, sollten unbedingt bei der Preisverleihung dabei sein. Elfgard Schittenhelm, Heidi-Elke Hudak-Gaugel, Ulrike Sarvari, Stephanie Kampf, Birgit Hamann-Wolf, Nadine Hildebrand, Carolina Krafzik und Constantin Preis – alle hat er zu Olympischen Spielen geführt. „Werner ist ein absolut einzigartiger Trainer, für ihn steht immer die Athletin im Vordergrund“, sagt Nadine Hildebrand. „Werner hat einen unheimlich großen Erfahrungsschatz und ein sehr geschultes Auge“, lobt Carolina Krafzik. Hildebrand konkretisiert diese Aussage: „Er hat ein absolut magisches Auge und kann anhand seines Eindrucks beim Einlaufen und den Trainingswerten sagen, welche Zeit man ins Ziel bringt.“
Begonnen hat die leichtathletische Karriere von Werner Späth mit den Olympischen Spielen 1960 in Rom. „Als Armin Hary Gold im 100-Meter-Lauf gewonnen hat, hat mich der Sprint fasziniert und motiviert“, erzählt der Trainer über seine Initialzündung. Einige Jahre später entdeckte er als Trainer der Spvgg Holzgerlingen das Sprinttalent Elfgard Schittenhelm. „Werner hat erkannt, dass ich schnell bin und hat sich meiner angenommen“, berichtet sie, „Werner konnte wunderbar motivieren, unter ihm habe ich mich kontinuierlich gesteigert.“
Immer wieder entwickelte Werner Späth in den folgenden Jahren Talente. Als Trainer des VfL Sindelfingen und auch als Coach des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Dabei hat der gelernte Elektromechaniker die Trainertätigkeit immer neben seinem Beruf bei Hewlett Packard, zuletzt als Leiter des Service Centers, ausgeübt. „Heute als Rentner weiß ich nicht mehr, wie ich das zeitlich geschafft habe, aber es ging. Einmal gab es zwei Wochen Sonderurlaub zu den Olympischen Spielen“, erinnert sich der passionierte Rennradfahrer. Was hat ihn angetrieben? „Ich hatte immer Freude daran mit jungen Leuten zu arbeiten, sie zum Training und für Höchstleistungen zu motivieren.“ Deshalb kommen alle seine Mädels, wenn Werner Späth den Trainerpreis überreicht bekommt.
Sonderpreis der BARMER: Köksal Cakir
Das Dojo des MTV Ludwigsburg ist gut gefüllt an diesem Abend. In Zweierteams üben die Karatekämpfer. Mittendrin: Köksal Çakır. Der große, durchtrainierte Mann geht mit wachem Blick von Trainingspaar zu Trainingspaar, gibt kurze Anweisungen. Dann bleibt er stehen, stellt sich in Position und hebt sein Bein an, um die richtige Ausführung einer Tritttechnik zu demonstrieren. Beim nächsten Paar zeigt er einen korrekt ausgeführten Schlag. „Es gibt fast kein Training, das Köksal nicht selbst leitet“, sagt Anna Miggou anerkennend. Dann ergänzt die Vize-Europameisterin: „Er versucht, immer da zu sein.“ Sollte er doch einmal verhindert sein, versuche er eine Lösung zu finden, „dass er doch zu unserem Training kommen kann.“ Dies rechnet ihm auch der mehrfache Landesmeister Yannick Holzbaur hoch an: „Köksal ist immer mit Herzblut bei der Sache.“ So wie er dies auch schon als Kämpfer in seiner aktiven Karriere war. 25 Deutsche Meistertitel hat er erkämpft, bei der Weltmeisterschaft 2002 holte er Bronze.
Natürlich kümmert sich der World-Games-Sieger Köksal Çakır mit großer Leidenschaft um die leistungsorientierten Sportler im MTV Ludwigsburg. Aber nicht nur. Im Laufe der Jahre hat bei dem 48-Jährigen ein Prozess stattgefunden. „Früher habe ich mehr Wert auf die Leistungsklassen gelegt“, erzählt er, „heute liegt mein Fokus auch auf den Jugendlichen.“ Und bei den noch ein wenig Jüngeren. Deshalb hat er vor zehn Jahren die Kinder-Kampfsportschule (KiKa) gegründet, in der etwa 260 Kinder und Jugendliche nicht nur die technischen Grundkenntnisse der japanischen Kampfsportart Karate erlernen.
Bereits 2004 hat der in der Türkei geborene Köksal Çakır vom Landessportverband Baden-Württemberg einen Trainerpreis verliehen bekommen. Damals als Nachwuchstrainer. Dieses Mal erhält er den Sonderpreis der BARMER. „Herrn Cakir geht es bei seinem ganzheitlichen Trainingskonzept um viel mehr als die sportliche Leistung“, hebt BARMER-Geschäftsführer Winfried Plötze hervor, „Menschen sollen bei ihm einen starken Rückhalt erfahren und Hilfestellung bekommen. Für dieses herausragende soziale Engagement, insbesondere im Zuge der ukrainischen Flüchtlingswelle, wird ihm dieser Sonderpreis verliehen.“ Mit Respekt, Dankbarkeit und Zurückhaltung hat Köksal Çakır den Preis entgegengenommen. Ändern wird sich für ihn nichts. Am Tag nach der Preisverleihung wird er wieder mit wachem Blick durch das gut gefüllte Dojo gehen und seine Korrekturen anbringen.
Sonderpreis des LSVBW | Integration: Yuliya Raskina
Yuliya Raskina hat für das Training ihrer Gymnastinnen nicht nur die richtige Mischung, sondern auch den Weg zum Erfolg gefunden. „Am Ende ist es wohl meine Stärke eine kontinuierliche Arbeiterin zu sein“, sagt Yuliya Raskina. Und diese Arbeit der Sportgymnastik-Trainerin am Stützpunkt Schmiden hat sich im vergangenen Jahr ausgezahlt. Bei den Weltmeisterschaften in Sofia waren die deutschen Sportgymnastinnen so erfolgreich wie seit mehr als 45 Jahren nicht mehr. Das Team mit den Einzelturnerinnen Margarita Kolosov und Darja Varfolomeev sowie der Gruppe gewann Silber. Bei den Einzelwettkämpfen überragte Varfolomeev mit Gold (Keulen), zweimal Silber (Mehrkampf, Ball) und einmal Bronze (Reifen).
„Yuliya ist sehr perfektionistisch“, charakterisiert Kolosov ihre Trainerin, „das ist auch gut so, denn nur so wird man erfolgreich.“ Ähnlich sieht dies auch Varfolomeev: „Sie sagt immer, dass wir alles perfekt machen sollen. Das ist gut so, denn manche Trainer geben auf, Yuliya gibt nie auf.“
Bescheiden gibt die Trainerin, die seit acht Jahren in Schmiden arbeitet, das Lob zurück. „Ich hatte Glück, dass in meiner Trainerkarriere so ein Mädchen wie Darja aufgetaucht ist“, sagt Raskina. Dies sei nicht selbstverständlich. Die 15-jährige Turnerin und ihre 40 Jahre alte Trainerin verstehen sich gut.
Sonderpreis des LSVBW | Nachwuchstrainer: Florian Bauder
Florian Bauder ist ehemaliger Mehrkämpfer und sammelte bereits im Jugendalter neben der eigenen sportlichen Karriere erste Erfahrungen als Trainer. Im Vordergrund steht für ihn, die Erfahrungen aus seiner Zeit als Athlet und jene, die er im Laufe der Jahre als Trainer sammelte, an junge Talente weiterzugeben. Geeint sind seine Schützlinge und er durch die große Freude am Sport, die ihn tagtäglich bei seiner Arbeit als Landestrainer Mehrkampf am Bundesstützpunkt Stuttgart motiviert.
Die Liebe zur Leichtathletik wurde ihm in die Wiege gelegt. Familie Bauder ist für den Heimatverein TSV Köngen ein nicht wegzudenkender Partner. Dass der 38-Jährige seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat, ist nicht verwunderlich. Der Weg zum Berufstrainer führte über eine Ausbildung zum Physiotherapeuten und ein Studium, das er als Diplomtrainer abschloss. Seit 2017 ist er hauptamtlich für die Leichtathletik Baden-Württemberg (LABW) tätig. Sven Rees, Landesleistungssportdirektor der LABW, beschreibt seinen Mitarbeiter wie folgt: „Florian Bauder wartet nicht auf Informationen und Handlungsanweisungen, er packt mit an und hat ein gutes Auge für das, was als Nächstes gefordert ist. Dabei geht es ihm immer um den Erfolg der Maßnahme und darum, dass er den Jugendlichen ein Vorbild in Haltung, Engagement und in seinem Umgang ist. Ohne sein Engagement wären viele Maßnahmen auf Verbandsebene nicht in gleicher Qualität möglich.“
Sonderpreis des LSVBW | Trainerteam: Jan Ceselka und Maximilian Pietrek
Jan Ceselka und Maximilian Pietrek sind Rugbytrainer mit Leidenschaft und einem großen Arbeitsethos. Der eine, Ceselka, ist bereits seit 2011 Landestrainer Baden-Württembergs. Der andere, Pietrek, ist seit 2016 Trainer am Olympia-Stützpunkt (OSP) Metropolregion Rhein-Neckar. Dort geht ihre tägliche Arbeit mit den Nachwuchsathleten Hand in Hand. In einer Teamsportart mit vielen Charakteren und Spielern mit unterschiedlichen Bedürfnissen hilft es, dass die beiden Erfolgstrainer verschiedene Typen sind. „Jan ist ein sehr fordernder Trainer. Er macht das, um die Spieler zu fördern und das Beste aus ihnen rauszuholen. Max ist ein kumpelhafter Typ, der sich jede Sorge anhört und darauf eingeht“, beschreibt Siebener-Rugby-Nationalspieler Carlos Soteras Merz die beiden.
Soteras Merz, genau wie eine große Anzahl der Spieler in den baden-württembergischen und deutschen Rugby-Auswahlen, ging durch die Schule des Trainer-Duos. Claus-Peter Bach, Vorsitzender des Rugby-Verbands Baden-Württemberg (RBW), sieht dies als Grundlage für die erfolgreiche Arbeit, die das Gespann und alle Beteiligten seit vielen Jahren leisten: „Alle Landesauswahlen des RBW – die Männer, Frauen, U18-Junioren und -Juniorinnen, die U16-Jugendlichen und U15-Mädchen – sind bei deutschen Meisterschaften der Landesauswahlen seit zehn Jahren ungeschlagen. Der Anteil baden-württembergischer Athletinnen und Athleten an den deutschen Nationalkadern beträgt zwischen 37 und 70 Prozent. Entscheidend für den Erfolg der Teams ist ein sehr enges und vertrauensvolles Zusammenwirken nicht nur der Spieler, sondern auch der Trainer und des Betreuungsstabes, allen voran zwischen Jan und Max.“
Hintergrund
Als der Landessportverband Baden-Württemberg 1996 zum ersten Mal einen Trainerpreis auslobte, betrat er Neuland und wurde zum Pionier. Die 26. Verleihung, die er gemeinsam mit seinen Partnern, dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg und der BARMER sowie mit freundlicher Unterstützung der Porsche AG durchführen konnte, ist der Beleg, dass der LSVBW die Arbeit der Trainer:innen wertschätzt. Unter den etwa 180 Gästen im Porsche-Museum in Stuttgart waren hochrangige Vertreter des Sports, der Politik, der Wirtschaft und der Kultur.
Quelle: www.lsvbw.de