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März 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Köln (SID) Athletensprecher Maximilian Klein hat die Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees an die Welt-Fachverbände, Sportler aus Russland und Belarus unter strikter Neutralität wieder zu Wettkämpfen zuzulassen, heftig kritisiert. „Man sendet damit ein verheerendes Signal“, sagte der Direktor für Sportpolitik und Strategie des Vereins Athleten Deutschland dem SID.

„Der neutrale Status schützt nicht davor, dass die Individualathleten von dritter Seite für Kriegspropaganda instrumentalisiert werden“, führte Klein aus: „Uns kommen die Interessen, Rechte und Schutzbedürfnisse der ukrainischen Athletinnen und Athleten zu kurz.“

Stattdessen würden die Interessen der russischen Seite eine viel stärkere Beachtung finden, kritisierte Klein: „Es geht hier auch um einen Bruch mit den Werten der olympischen Bewegung. Und wenn ein Aggressor, der einen Staat überfällt, Teil dieser Bewegung bleiben darf, obwohl diese sich für Frieden einsetzen sollte, dann ist das Hohn und Spott für die Opfer des Krieges.“

Auch die Tatsache, dass Athleten aus Russland und Belarus, die dem Militär angehören, ausgeschlossen bleiben sollen („Minimallösung“), überzeugt Athleten Deutschland nicht: „Es sind Empfehlungen, die von den Weltverbänden übergangen werden können“, sagte Klein. Auf diese Weise entstehe „organisierte Verantwortungslosigkeit, wie wir sie auch schon im russischen Staatsdoping-Skandal beobachtet haben“.

Die Empfehlungen, die das IOC Ende März kommunizierte, steigerten das Risiko eines Boykotts ukrainischer Sportler bei internationalen Events, insbesondere bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris. „So werden die eigentlichen Opfer zum Rückzug gezwungen – wir haben das im Fechten schon gesehen“, sagte Klein.

Ein Großteil der deutschen Athleten habe sich zuletzt gegen eine Wiedereingliederung ausgesprochen, betonte er und sprach von „großer Solidarität mit den Ukrainern“. Auch Säbelfechterin Lea Krüger, ebenfalls Vertreterin von Athleten Deutschland, äußerte sich beim NDR kritisch: „Wir sind enttäuscht, aber nicht überrascht. Es wird oftmals einfach über unsere Köpfe hinweg entschieden.“

Klein sieht in den vergleichsweise weichen Empfehlungen des IOC aber auch eine Chance: „Die Fachverbände können immer noch Haltung zeigen. In der Leichtathletik sehen wir, dass ein Kollektivausschluss weiterhin möglich ist.“

Das IOC hatte Russland und Belarus am 28. März die Tür zur Rückkehr in den Weltsport geöffnet, als das Exekutiv-Komitee beschloss, den Weltverbänden die Teilnahme der bisher verbannten Sportler unter bestimmten Bedingungen zu ermöglichen. Zu den IOC-Bedingungen zählen strikte Neutralität, die Einhaltung des Anti-Doping-Codes und der Nachweis, den Krieg nicht aktiv zu unterstützen.