sid

November 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

New York (SID) Alexander Zverev muss nach seinem Achtelfinaldrama den Akku schnell wieder aufladen – eine Höchstschwierigkeit gegen Carlos Alcaraz wartet.

Zverev war viel zu platt für eine ausgiebige Jubelarie. Eine kleine Kampfansage an Alcaraz gab die Kraft des Olympiasiegers nach einem epischen Tennis-Drama in New York dann aber doch noch her. „Ich bin hier, um zu spielen“, sagte Zverev mit strahlenden Augen zum anstehenden Viertelfinal-Kracher der US Open: „Ich werde kämpfen bis zum letzten Moment.“

Es wird eine Herkulesaufgabe, die der Hamburger mit der Hypothek einer kurzen Regenerationszeit voraussichtlich in der Nacht zum Donnerstag angeht. Doch das konnte die Freude der deutschen Nummer eins nach dem glücklichen Ende einer 4:41 Stunden langen Nervenschlacht nicht trüben. Zverev erwies sich bei seinem 6:4, 3:6, 6:2, 4:6, 6:3-Erfolg gegen den starken Südtiroler Jannik Sinner als echtes Mentalitätsmonster. Beide Kontrahenten hatten angeschlagen zeitweise gewankt wie Schwergewichtsboxer in der zehnten Runde, wie Boris Becker treffend feststellte.

„Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe. Ich war im vierten Satz komplett am Ende“, sagte Zverev, der sich mit dem Erfolg bei seinem längsten Match überhaupt in New York selbst einen ultimativen Beweis erbrachte: Die schwere Verletzung aus dem Sommer 2022 ist endgültig Vergangenheit. „Das ist einer der besten Momente in meiner Karriere nach meinem Comeback und allem“, sagte der 26-Jährige: „Dafür lebe ich. Ich glaube, ich kann jetzt wirklich sagen, dass ich zurück bin.“

Eine Einschätzung die Boris Becker nach einer echten Willensleistung teilte. „Sascha is back“, sagte der sechsmalige Grand-Slam-Sieger bei Sportdeutschland.TV: „Das ist in seiner DNA, in seinem Instinkt. Er ist ein unglaublicher Kämpfer, ein Stehaufmännchen. In schwierigen Situationen macht er immer weiter.“ Auch Alcaraz sieht Zverev auf gutem Weg zurück zu alter Stärke. „Er spielt wirklich, wirklich gut“, sagte der Spanier: „Dieses Jahr findet er sein Topniveau wieder.“

Im Achtelfinale wurde indes nicht nur Zverevs Konzentration zwischenzeitlich erheblich gestört. Ein Zuschauer rief unvermittelt „Deutschland über alles“, Zverev forderte nach dieser „inakzeptablen“ Entgleisung konsequent dessen Verbannung aus dem Stadion.

Beim Blick nach vorn ist die Situation für Zverev nun aus rein sportlicher Sicht schwierig. Sogar sehr schwierig. Alcaraz ist Titelverteidiger und Weltranglistenerster. Der 20-Jährige Wimbledonsieger ist neben Novak Djokovic die klar größte Nummer in diesem Jahr in New York.

Und Zverev geht mit einem klaren Nachteil an die Höchstschwierigkeit. Alcaraz, der Modellathlet, hatte seine Aufgabe gegen den Italiener Matteo Arnaldi schon am Nachmittag (Ortszeit) erledigt. Er konnte entsprechend deutlich früher mit der Regeneration beginnen und hatte obendrein viel weniger Kraft verbraucht.

Entsprechend begann für Zverev nach dem Ausrufezeichen gegen Sinner ein Stück weit ein Wettlauf gegen die Zeit. Es standen für ihn noch die Medientermine an, dann Arbeit mit dem Physio, etwas Essen, bevor er in Manhattan ins Hotelbett sinken konnte. „Natürlich muss ich mich jetzt erstmal erholen“, sagte Zverev: „Aber ich werde bereit sein.“