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April 2024

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München (SID) Nach dem Tod von Franz Beckenbauer wird weltweit dessen Bedeutung betont. Der FC Bayern und andere machen sich Gedanken um das Vermächtnis des „Kaisers“.

DANKE FRANZ – die übergroße Würdigung des Vereins-Idols Franz Beckenbauer strahlte an der Münchner Arena neben einer Stadt in Trauer. Während der FC Bayern und viele, viele andere in aller Welt am Dienstag noch den Tod einer Ikone beweinten, war Berti Vogts einer der ersten, die sich auch schon um das Vermächtnis des Kaisers sorgten. „Es ist wichtig“, sagte Beckenbauers einstiger Adjutant, dass „sein Name nicht in Vergessenheit“ gerate bei folgenden Fußball-Generationen.

Vielleicht, schlug Beckenbauers ehemaliger Mitspieler und Nachfolger als Bundestrainer vor, solle daher der Deutsche Fußball-Bund (DFB) „darüber nachdenken, zum Beispiel den DFB-Pokal nach Franz Beckenbauer zu benennen“. Der frühere Meistermacher Ottmar Hitzfeld regt an, das Stadion in „Franz-Beckenbauer-Arena“ umzubenennen.

Der FC Bayern begann am Tag nach der Nachricht vom Tod der Vereins-Ikone umgehend mit den ersten Planungen – in großer Runde. Man solle, sagte der ehemalige Klubchef Karl-Heinz Rummenigge in Bild, Beckenbauer „zum Dank und Andenken eine Trauerfeier im Stadion ausrichten, das es ohne ihn nie gegeben hätte“. Eine Statue neben jener von Gerd Müller vor der Arena ist wahrscheinlich, Charme hätte eine Umwidmung in „Beckenbauer Arena“ – der junge Franz war einst Lehrling bei der namensgebenden Allianz.

Sein Stadion ließ der FC Bayern am Dienstag jedenfalls mit dem Schriftzug erstrahlen, so wird es auch an den kommenden Tagen sein, jeweils von 16.30 bis 23.00 Uhr. Zum Ausklang soll die Sonderbeleuchtung am Freitagabend zum Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim bis 1.00 Uhr nachts zu sehen sein.

Bei allen Bundesligaspielen am Wochenende wird es eine Schweigeminute geben, alle Spieler werden Trauerflor tragen, teilte die Deutsche Fußball Liga (DFL) mit. Mit Trauerflor trainierte auch die Bayern-Mannschaft am Dienstag – und sie hielt vorab ein Beckenbauer-Trikot von 1965 in die Höhe.

Zudem tauchte der deutsche Rekordmeister seine Homepage in Schwarz. „Die Welt des FC Bayern ist nicht mehr die, die sie mal war – plötzlich dunkler, stiller, ärmer“, steht am Beginn des Nachrufs. Ohne den Kaiser, hieß es weiter, „wäre der FC Bayern niemals zu dem Verein geworden, der er heute ist“. Es charakterisiert Beckenbauer, dass er das schon immer anders sah und oft genug betonte: „Ohne die Tore von Gerd Müller würden wir uns heute immer noch in dem Holzhäusl an der Säbener Straße umziehen.“

Die Bedeutung und das Vermächtnis Beckenbauers fasste sein ehemaliger Mitspieler Sepp Maier in einem emotionalen Brief zusammen, veröffentlicht bei Sport1. Wie so viele betonte der Weltmeister von 1974 einen der wesentlichen Charakterzüge Beckenbauers: „Du bist nie abgehoben“, schrieb Maier, „sondern bist immer ein Mann des Volkes geblieben.“ Darüber hinaus habe er mit der WM 2006 „eine ganze Fußballnation glücklich gemacht und geeint“. Diese Wochen seien „unfassbar gewesen“.

An Beckenbauers Strahlkraft erinnerte sich auch Rummenigge. „Ich war 2006 mit ihm in Mexiko. Wenn du mit ihm irgendwohin kamst, war das, als wären der Bundeskanzler und der Bundespräsident gemeinsam erschienen“, sagte der 68-Jährige am Dienstag. Beckenbauer sei „weltbekannt und immer beliebt“ gewesen.

Beckenbauers über Deutschland hinaus reichende Wirkung spiegelte sich auch in den großen internationalen Medien wieder. Die französische Sportzeitung L’Equipe würdigte „L’Empereur“ auf dem Titel und neun weiteren Seiten. Die italienische Gazzetta dello Sport schrieb, das größtmögliche Kompliment für einen Abwehrspieler laute: „Du bist ein Beckenbauer.“ Die spanische Marca nannte ihn Deutschlands „größten Fußballer“ und eine der „herausragenden Persönlichkeiten“.

International kaum der Rede wert: Beckenbauers bis heute ungeklärte Rolle in der Affäre um die WM 2006. Sie wurde 2015 zweieinhalb Monate nach dem Tod seines Sohnes Stephan publik, es war ein Horrorjahr für den gesundheitlich angeschlagenen Beckenbauer, von dem er sich nie erholte. „Der Tod von Stephan war der größte Verlust in meinem Leben“, sagte er: „Ich weiß nicht, ob man das jemals verarbeiten kann. Wahrscheinlich nicht. So etwas verjährt nicht, die Zeit heilt nicht alle Wunden.“

Auch „die Geschichte 2006“ habe ihn „sehr mitgenommen“, sagte Beckenbauer. Nach dem Bekanntwerden des Skandals ging es ihm gesundheitlich immer schlechter. Zweimal musste er sich am Herzen operieren lassen (2016, 2017). Hinzu kam ein Augeninfarkt, auf dem rechten Auge konnte er nichts mehr sehen. Mit der ihm typischen nonchalanten Art franzelte Beckenbauer darüber hinweg: „Seid mir nicht böse, wenn ich einen von euch nicht sehe und umrenne.“

Er habe „ein so schönes Leben, dass ich für immer dankbar sein werde“, sagte Beckenbauer zu seinem 75. Geburtstag am 11. September 2020. Er hoffe, ergänzte er, „dass mir vom Lieben Gott noch viele Jahre gegeben werden. Aber du weißt es nicht. Die Endlichkeit wird dir bewusst.“ Wie er später einmal wahrgenommen werden wolle: „Das Ergebnis eines jeden Lebens sollte sein, dass der Mensch ein guter Mensch geworden ist. Ich arbeite daran.“