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November 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Hamburg (SID) Der Deutsche Handballbund (DHB) hat den Vertrag mit seinen Bundestrainern vorzeitig verlängert – sich bei Alfred Gislason aber ein Olympia-Hintertürchen eingebaut.

Der Deal steht, die Heim-WM 2027 lockt als goldener Karriereabschluss – doch zunächst muss Alfred Gislason liefern. Der neue Vertrag des Bundestrainers bis 2027, den der Deutsche Handballbund am 4. März kommunizierte, gilt nämlich nur, wenn Gislason Deutschlands Handballer zu den Olympischen Spielen im Sommer führt.

„Ich freue mich sehr über das Vertrauen und die Möglichkeit, unsere Nationalmannschaft auf ihrem Weg bis 2027 begleiten zu können“, sagte Gislason, der von der Qualifikation für die Sommerspiele in Paris überzeugt ist: „Das Team besitzt ein enormes Potenzial, um in den nächsten Turnieren extreme Fortschritte zu machen. In den kommenden Tagen werden wir erst einmal alles einem erfolgreichen Olympia-Qualifikationsturnier unterordnen.“

Bei allem Vertrauen in den Isländer, der die deutsche Mannschaft seit 2020 betreut und mit ihr im Januar Vierter bei der Heim-EM wurde, hat sich der Verband aber ein Hintertürchen eingebaut. Den entsprechenden Passus, eine Art Olympia-Klausel, versteckte der DHB im sechsten Absatz seiner Pressemitteilung: „Voraussetzung für die Laufzeit ist eine erfolgreiche Qualifikation für die Olympischen Spiele. Sonst endet der Vertrag in 2024.“

Heißt im Klartext: Scheitert die DHB-Auswahl beim Qualifikationsturnier in der kommenden Woche in Hannover, endet Gislasons Vertrag abrupt. Gislason ist also zunächst de facto ein Bundestrainer auf Bewährung.

„Nun sind die Fakten auch nach außen geklärt und alle können sich auf die kommenden Olympia-Qualifikationen konzentrieren“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer. In dem Viererturnier vom 14. bis 17. März in Hannover trifft Deutschland auf Algerien, Kroatien und Österreich. Zwei der vier Teams, die im System „Jeder-Gegen-Jeden“ gegeneinander antreten, qualifizieren sich für Olympia.

Zuletzt hatten sich beide Parteien, sowohl Gislason als auch die DHB-Bosse, wiederholt für eine Verlängerung des auslaufenden Vertrags ausgesprochen. „Die Olympia-Teilnahme wäre wichtig. Alfred weiß, dass das klappen muss. Und es wird klappen“, hatte Uwe Schwenker, Präsident der Handball-Bundesliga und DHB-Präsidiumsmitglied, in den Kieler Nachrichten gesagt und betont: „Alfred ist der Fels in der Brandung, ein erfahrener Trainer, der den Druck von den jungen Spielern wegnehmen kann.“

Die Entscheidung des DHB-Präsidiums in der Causa Gislason fiel ebenso einstimmig wie die am Montag zur gleichen Zeit verkündete Verlängerung des Vertrags von Frauen-Bundestrainer Markus Gaugisch. Gaugisch unterschrieb bis zum 30. Juni 2026 und wird das deutsche Frauenteam damit auch bei der Heim-WM 2025 betreuen – sein Vertrag ist nicht an das Paris-Ticket geknüpft.

„Wir halten gerade mit Blick auf die kommenden Heim-Weltmeisterschaften im Jahrzehnt des Handballs weiter Kurs“, sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann: „In den vergangenen Jahren haben wir auch mit Blick auf andere Nationen gelernt, dass Kontinuität ein Schlüssel für sportlichen Erfolg ist. Mit dieser langfristigen Entscheidung für Markus Gaugisch und Alfred Gislason schaffen wir Klarheit.“

 

Fragen und Antworten zur Olympia-Qualifikation im Handball

Was steht an?

Ab Donnerstag kämpfen Deutschlands Handballer um die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen in Paris. In Hannover trifft die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason bei einem Vierer-Turnier auf Algerien (Donnerstag, 17.45 Uhr), Kroatien (Samstag, 14.30 Uhr) sowie Österreich (Sonntag, 14.10 Uhr). Nur die zwei besten Teams lösen das Ticket für das olympische Turnier in Frankreich, das vom 25. Juli bis 11. August stattfindet.

Worum geht es noch?

In der niedersächsischen Hauptstadt entscheidet sich auch und vor allem die Zukunft von Bundestrainer Gislason. Der Deutsche Handballbund (DHB) verlängerte den Vertrag mit dem Isländer nach dem vierten Platz bei der EM, Gislasons bislang bestem Ergebnis als DHB-Coach, bis einschließlich der Heim-WM 2027 – der Deal gilt aber nur, wenn Deutschland die Olympia-Qualifikation schafft. Bis das Ticket in der Tasche ist, arbeitet der 64-Jährige also auf Bewährung.

Auf welche Spieler setzt Gislason?

Der EM-Kader soll es richten. Angeführt wird das 17-köpfige Aufgebot von Kapitän Johannes Golla, auch Leistungsträger wie Torhüter Andreas Wolff, Spielmacher Juri Knorr und Youngster Julian Köster sind dabei. Interessant ist der Blick auf den 35er-Kader, aus dem Gislason seine Spieler nominierte: Dort tauchen auch die aus der Nationalmannschaft bereits zurückgetretenen Kieler Hendrik Pekeler und Steffen Weinhold auf. Beide hatten Gislason zugesichert, im personellen Notfall bereitzustehen. Bei Pekeler scheint ein Blitz-Comeback aufgrund der aktuellen Verletzungsprobleme durchaus möglich.

Wie ist die personelle Situation?

Angespannt. Als wären die kurzfristigen Ausfälle der beiden verletzten Rückraumspieler Kai Häfner und Martin Hanne sowie von Justus Fischer (Kreis) nicht Hypothek genug, gab es zum Lehrgangsstart in Hannover auch noch große Sorgen um Golla (Fuß) und Jannik Kohlbacher (Schulter). Die beiden verbliebenen Kreisläufer im aktuellen DHB-Aufgebot verletzten sich am Wochenende. Ob sie in der Quali wie geplant eingreifen können, ist fraglich. Bislang verzichtete der DHB aber auf eine Nachnominierung.

Wer sind die stärksten Konkurrenten im Kampf um die zwei Paris-Tickets?

Die Partie gegen Algerien, den WM-Vorletzten von 2023, dürfte zum Auftakt eine Pflichtaufgabe für das DHB-Team werden. Die entscheidenden Spiele warten am Wochenende gegen Kroatien und Österreich – auf beide Nationen traf Deutschland mit mäßigem Erfolg bei der EM im Januar. Außenseiter Österreich hatte Deutschland ein 22:22 abgetrotzt, Kroatien feierte beim sportlich unbedeutenden Hauptrunden-Abschluss sogar einen Sieg (30:24). Beim Duell mit dem Weltmeister von 2003 kommt es zum Wiedersehen mit Dagur Sigurdsson: Der ehemalige Bundestrainer und Macher des EM-Wintermärchens 2016 verzichtete auf eine bereits sichere Olympia-Teilnahme mit Japan und heuerte Ende Februar stattdessen beim kroatischen Team um den Kieler Domagoj Duvnjak an.

Warum ist eine Olympia-Teilnahme so wichtig für den Handball?

Die Olympischen Spiele haben im Handball eine immense Strahlkraft. Eine größere Bühne gibt es nicht. Dem DHB-Team bietet sich in Paris dazu gleich eine doppelte Chance. Auch die Frauen kämpfen im April in Neu-Ulm gegen Slowenien, Montenegro und Paraguay noch um ihr Ticket, es winkt die erste Olympia-Teilnahme beider DHB-Nationalmannschaften seit 2008. Olympiasieger wurde eine deutsche Mannschaft erst einmal, 1980 triumphierten die Männer der DDR um Torhüter Wieland Schmidt im legendären Finale von Moskau gegen die Sowjetunion. Die bislang letzte Medaille gelang mit Bronze 2016 in Rio de Janeiro. 2004 in Athen gewannen die DHB-Männer Silber.

Wo werden die Partien übertragen?

Alle Partien werden im Free-TV zu sehen sein. Sport1 zeigt den Auftakt gegen Algerien, am Wochenende steigt dann das öffentlich-rechtliche Fernsehen ein. Das ZDF überträgt das Kroatien-Spiel, die ARD sendet die mögliche Entscheidung gegen Österreich ebenfalls im Hauptprogramm. Auch bei Streaminganbieter Dyn werden alle Partien gezeigt.

Was noch zu sagen wäre?

„Ich denke, alle freuen sich sehr, wieder zu uns zu kommen und eine schöne Woche zu erleben. Aber die wird nur schön, wenn das Ergebnis am Ende stimmt.“

(Bundestrainer Alfred Gislason im MDR-Fernsehen über die anstehende Lehrgangswoche.)