Heerenveen/Nyon (SID) Olympia-Ticket und eine machbare EM-Qualifikationsauslosung. Hinter Horst Hrubesch und den DFB-Frauen liegt eine mehr als erfolgreiche Woche.
Hrubesch trällerte im Partybus glückselig bei Andrea-Berg-Schlagern mit, die jungen Wilden um Lena Oberdorf leerten zu Ballermann-Hits ihre Heineken-Dosen, „Königin“ Alexandra Popp tanzte mit Plastikkrone durch die Nacht: Auf einer feucht-fröhlichen Fete bis zum Morgengrauen feierten die deutschen Fußballerinnen im „Van der Valk“-Hotel in Sneek ihr ersehntes Olympiaticket.
„Ich denke, das wird ein Hotel-Abriss“, hatte Lea Schüller bereits angedroht, während in der Kabine in Heerenveen das Bier in Strömen floss. „Der Sommer ist gerettet. Ich bin einfach so stolz auf das Team“, jubelte Klara Bühl. Und der nimmermüde Paris-Reiseleiter Hrubesch rief für sein Herzensprojekt in der Stadt der Liebe gleich das große Ziel aus.
„Ins Olympische Dorf kommt man im Fußball erst, wenn du im Finale stehst. Das muss das Ziel sein“, lautete die kühne Ansage des Interims-Bundestrainers nach dem verdienten 2:0 (0:0) im Nations-League-Spiel um Platz drei in den Niederlanden.
Vor sieben Monaten ging beim WM-Desaster in Australien die Welt unter, einen Sommer später wird um Olympiamedaillen gekämpft – der Retter Hrubesch hat geliefert. „Er gibt uns einfach das Selbstvertrauen“, meinte Schüller, nachdem die DFB-Bosse Bernd Neuendorf und Andreas Rettig den 72-Jährigen direkt nach Abpfiff innig geherzt hatten.
Im Herbst war Hrubesch mitten im Chaos um Martina Voss-Tecklenburg ein zweites Mal beim Frauen-Nationalteam eingesprungen, als Olympia in Gefahr geriet. „Wir sind sehr dankbar, dass Horst dem DFB in einer sehr schwierigen Situation weitergeholfen hat“, sagte die erleichterte DFB-Sportdirektorin Nia Künzer.
Nach dem EM-Boom 2022 und dem Krisenjahr 2023 wäre ein Olympia-Aus wohl für die Aufmerksamkeit des Frauenfußballs in Deutschland schwer zu verkraften gewesen. „Es ist ein Zeichen, dass wir die Situation nicht so schwarzsehen müssen, wie sie zuletzt gesehen wurde“, betonte Künzer optimistisch.
Und alle Beteiligten genossen den Moment der Genugtuung. Eine besondere Würdigung erhielt Kapitänin Popp für ihren 100. Sieg im Nationalteam im 137. Länderspiel. „Ein zweites Mal Olympia – da wird wieder ein Traum wahr“, sagte die 32-Jährige sichtlich bewegt. Die Torjägerin war dabei, als 2016 zum Abschied der damaligen Cheftrainerin Silvia Neid in Rio de Janeiro der Goldcoup gelang.
Bühl (66.) und Joker Schüller (78.) hatten im Alles-oder-nichts-Spiel gegen das Oranje-Team den Traum von Olympia wahr gemacht und Hrubeschs Trainerrente hinausgezögert. Bis Paris macht das einstige Kopfballungeheuer weiter, er betreut die DFB-Auswahl also auch noch in der Qualifikation für die EM 2025 in der Schweiz, die im April beginnt und am 5. März ausgelost wurde.
Am 20. März stehen dann auch die Gegner für die olympische Medaillenjagd in fest. Hrubesch brennt auf seine zweiten Sommerspiele nach Silber vor acht Jahren mit den U21-Männern: „Wir waren gegen Holland richtig gut. Aber es geht noch besser.“
Künzer hatte da bereits nochmals erklärt, dass die Nachfolgelösung für Hrubesch bereits in den Startlöchern stehe. „Wir haben ja gesagt, dass wir auf alle Szenarien vorbereitet sind“, sagte die Weltmeisterin von 2003. „Zeitnah“ solle die Personalie präsentiert werden – in der Partynacht war das aber noch Zukunftsmusik.
EM-Quali: DFB-Frauen mit Losglück
Auch für die Qualifikation zur EM 2025 in der Schweiz haben die DFB-Frauen machbare Aufgaben erwischt. Die Vize-Europameisterinnen treffen in der Gruppe A4 auf Österreich, Island sowie Polen und gehen somit den härtesten Brocken wie England oder Schweden aus dem Weg. Das ergab die Auslosung am 5. März im schweizerischen Nyon.
„Mit den Losen können wir sehr zufrieden sein“, sagte Interims-Bundestrainer Hrubesch, der „interessante Partien“ erwartet. Ziel sei es, „den Schwung“ aus der Finalrunde der Nations League mitzunehmen: „Wir wollen an unsere Leistung den gleichen Maßstab anlegen, wie zuletzt gegen die Niederlande.“
Die Gruppenersten und -zweiten der A-Liga sichern sich die acht direkten EM-Tickets. Die Dritt- und Viertplatzierten müssen den Umweg über die Play-offs nehmen. Insgesamt sind 15 Startplätze für die EURO zu ergattern. Gastgeber Schweiz ist automatisch qualifiziert.
Die sechs Gruppenspiele werden zwischen Anfang April und Mitte Juli in drei Länderspielfenstern ausgetragen. Die Play-offs sind für Oktober bis Anfang Dezember terminiert.
Übertragen werden die EM-Qualifikationsspiele des deutschen Teams auf den Kanälen von ARD und ZDF. In der vergangenen Woche hatten sich die DFB-Frauen für die Olympischen Spiele qualifiziert.
Die Terminierung im Sommer bereitet allerdings auch Sorgen. Denn zwischen dem letzten Gruppenspieltag der EM-Qualifikation (16. Juli) und dem Beginn des Olympia-Turniers (25. Juli) liegen nur wenige Tage.