Paris (SID) Nun also doch: Thomas Bach will 2025 abtreten. Wie geht es weiter beim Internationalen Olympischen Komitee?
Thomas Bach höchstselbst hat das Stellenprofil vorgegeben. Wer auch immer im kommenden Jahr auf den IOC-Präsidenten folgt, müsse sich an eine „neu entstehende Weltordnung mit aufstrebenden politischen Mächten“ anpassen, zugleich die „Digitale Revolution“ meistern und – drastisch zusammengefasst – das Internationale Olympische Komitee „durch einen Tsunami steuern“. Das klingt eigentlich nach einer Aufgabe für Thomas Bach. Den Mann, der von zahlreichen IOC-Mitgliedern regelrecht bekniet worden ist, über das turnusmäßige Ende seiner Amtszeit hinaus zu bleiben.
Bach aber hat seine Entscheidung am Samstag kommuniziert: 2025 ist Schluss, nach zwölf Jahren an der IOC-Spitze. Die monatelangen Spekulationen, der Präsident könnte auf hartnäckiges Bitten seiner „lieben Freunde und Kollegen“ einer Änderung der IOC-Verfassung zur Verlängerung seiner Amtszeit zustimmen, fanden damit kurz vor dem Abschluss der Sommerspiele in Paris ein Ende.
Es gehe ihm um „die hohen Standards guter Regierungsführung“ im IOC, die gerade er zu respektieren habe, erklärte Bach. Doch nicht nur das. „Neue Zeiten rufen nach neuen Anführern“, fügte der Fecht-Olympiasieger von 1976 hinzu: „Ich glaube nach zwölf Jahren fest daran, dass unserer Organisation mit einem Wechsel in der Führung am meisten gedient ist.“ Sein Mantra „change or be changed“ (verändern oder verändert werden) gelte „nicht nur für die umfassenden und weitreichenden Reformen, die wir gemeinsam durchgeführt haben, sondern auch für mich“.
Bachs Nachfolger oder Nachfolgerin wird bei der 143. IOC-Session im März 2025 in Griechenland gewählt. Das Mandat beginnt am 24. Juni 2025. Solange werde er noch „das Steuerrad unseres Schiffes“ lenken, erklärte Bach in einer an Bildern reichen Rede.
Nachfolgekandidaten hatten sich im Schatten des Sonnenkönigs, in dessen Amtszeit die Mehrheit der aktuellen IOC-Mitglieder in den Ringeorden aufgenommen wurde, kaum herauskristallisieren können. Leichtathletik-Weltverbandspräsident Sebastian Coe zeigt zwar regelmäßig Kante und tritt im IOC gewissermaßen als Anti-Bach auf. Am Sonntag aber formulierte er erstmals Ambitionen.
„Ich habe immer klargestellt, dass ich, wenn sich die Gelegenheit ergibt, natürlich ernsthaft darüber nachdenken werde“, sagte Coe: „Die Gelegenheit hat sich nun ergeben. Natürlich werde ich das in Betracht ziehen.“
Wahrscheinlicher scheint aber, dass Bach das IOC an eine Vertrauensperson übertragen möchte – etwa die frühere Schwimm-Olympiasiegerin Kirsty Coventry (40) aus Simbabwe, die auch schon der IOC-Exekutive und damit Bachs engstem Zirkel angehörte. Auch IOC-Vizepräsidenten Nicole Hoevertsz oder Prinz Faisal von Jordanien, Mitglied der Exekutive, werden gehandelt.
Thomas Bach, der am Samstagabend in einem zehnminütigen Monolog nicht frei von Pathos seine Argumente darlegte, wies vor seinen Getreuen im Palais des Congres nicht ohne Stolz darauf hin, dass das IOC derzeit gut aufgestellt sei. Die Sommer- und Winterspiele sind für die nächsten zehn Jahre vergeben, für 2036 und 2040 gebe es zahlreiche Interessenten. Mit olympischen E-Sports-Spielen wird 2025 eine neue Ära eingeläutet. Erster Partner ist Saudi-Arabien, eine dieser aufstrebenden Mächte aus dem globalen Süden, von denen Bach sprach.
Und was macht Thomas Bach ab dem 25. Juni kommenden Jahres? Er ist fit, agil, auch die Wochen in Paris mit Sitzungen und Sportevents schienen nicht an ihm zu zehren. „Wer einmal infiziert ist mit dem Olympic Spirit, kommt davon nicht los“, sagte er im Vorjahr, kurz vor seinem 70. Geburtstag.
Das IOC in seiner heutigen Form dreht sich um das Zentralgestirn Thomas Bach. Kaum vorstellbar, dass er nicht weiterhin in irgendeiner Form die Fäden ziehen wird. Auch wenn der „neue Anführer“ nominell jemand anderes ist.