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September 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Amsterdam (SID) Die Mannschaft von Julian Nagelsmann befindet sich auf dem richtigen Weg. Doch der Bundestrainer hat auch Schwächen seines Teams aufgezeigt bekommen.

Als Julian Nagelsmann am Flughafen Schiphol Richtung München abhob, war sein Ärger schon wieder verflogen. Den nicht gegebenen Elfmeter und den unglücklichen Zeitpunkt des Abpfiffs des Klassikers in den Niederlanden hatte der Bundestrainer am Mittwoch aus seinen Gedanken auf der kurzen Reise verbannt, die positiven Eindrücke des Neustarts nach der EM überwogen schließlich.

„Die Mannschaft glaubt an sich, und das ist der Schlüssel. Wir sind auf einem sehr guten Weg“, sagte Nagelsmann nach dem unterhaltsamen 2:2 (2:1) in der Nations League beim Erzrivalen in Amsterdam. Bernd Neuendorf pflichtete seinem wichtigsten Angestellten bei. „Man hatte das Gefühl, auch nach dem frühen Rückstand, dass wir immer zurückkommen können. Und das war lange Zeit nicht so. Die Spieler strahlen Selbstbewusstsein aus“, lobte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) bei ran.de.

Den großen Zauber der Gala gegen Ungarn (5:0) brachten Jamal Musiala, Florian Wirtz und die anderen in der Johan-Cruyff-Arena nicht auf den Platz, doch sie trotzten Widerständen wie dem frühesten Gegentor seit 50 Jahren und einer ganz schwachen ersten halben Stunde. „Ich hatte auch ein paar Ballverluste, da müssen wir ballsicherer und cleverer sein“, räumte Musiala ein. Man müsse zwar „besser spielen“, aber nehme „viele positive Sachen mit“, ergänzte der Münchner.

So ging dem Ausgleich durch das erste Länderspieltor von Deniz Undav ein Ballgewinn von Musiala voraus. Diese Umschaltmomente hatte Nagelsmann gefordert. Er sprach daher von einem „sehr guten Entwicklungsschritt“.

Dass sein Team am Ende mehr wollte als den zweiten Treffer durch Kapitän Joshua Kimmich, gefiel dem Bundestrainer ebenfalls. „Es ist eine angenehme Mannschaft, die sehr viel Leidenschaft versprüht. Es macht Spaß, mit ihnen zu arbeiten“, sagte der 37-Jährige und betonte: „Alle haben gezeigt, dass sie viel Lust haben.“

Doch Nagelsmann hatte beim Rückflug auch eine kleine Liste mit Arbeitsaufträgen im Gepäck. Sein Team verkörpere zwar schon „viel Weltklasse“ und es gebe nicht „den einen Punkt, in dem wir uns verbessern müssen“, sagte Nagelsmann. Aber: „Am Ende geht es über die Konstanz. Da fehlt uns noch ein bisschen.“

Leichte Sorgen bereitet dem Coach auch das Defensiv-Verhalten. Das mutige Pressing quer über den Platz führte zu einigen großen Lücken, die vom EM-Halbfinalisten nur teilweise ausgenutzt wurden. Die Innenverteidiger Jonathan Tah und Nico Schlotterbeck ließen sich immer wieder aus der Zentrale locken, auch das Zusammenspiel mit Robert Andrich und Pascal Groß in der defensiven Zentrale ist noch verbesserungswürdig.

Dem Ausgleich von Denzel Dumfries kurz nach der Pause ging ein Ballverlust Musialas am eigenen Strafraum voraus, Schlotterbeck war dann zu ungeduldig und David Raum ließ seinen Gegenspieler aus den Augen. „An Nico Schlotterbeck liebe ich es, dass er jeden Ball haben will. Aber es gibt Momente, die keine Momente der Balleroberung sind“, kritisierte Nagelsmann. Man müsse es aber „als Gruppe besser machen“, mahnte er.

Bei den Länderspielen im Oktober in Bosnien-Herzegowina und in München gegen die Niederlande kehrt Abwehrchef Antonio Rüdiger zurück. Der Optimismus ist daher groß, auch weil die Mannschaft die Fans wieder begeistert. Bis zu 9,47 Millionen Zuschauer verfolgten das leidenschaftliche Prestigeduell bei RTL.

Weltklasse sei man zwar noch nicht, stellte Undav kurz vor Mitternacht zwar fest und widersprach damit Nagelsmann, aber „wir werden jeden Tag besser, die Teamchemie ist überragend“. Daher sei die Mannschaft nach Ansicht des Stuttgarters „nicht weit davon entfernt, etwas Großes zu leisten“.

Davon ist auch sein Trainer überzeugt, der sogar schon wieder über die Leistung des italienischen Schiedsrichters Davide Massa scherzte. „Die Bewertungskarte für ihn zeigt nicht die volle Punktzahl an“, sagte Nagelsmann und machte sich auf den Heimflug.