Köln (SID) Die Kandidaten für die deutsche Olympiabewerbung bringen sich in Stellung. Auf den DOSB wartet eine schwierige Entscheidung.
Jetzt auch noch Niedersachsen. Klar. Wenn Deutschlands Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele volle Fahrt aufnimmt, will das „Land mit Weitblick“ dabei sein. Nur: Der Wunsch der rot-grünen Landesregierung, „ergänzender“ Gastgeber für einzelne Sportarten zu werden, wird kaum in Erfüllung gehen, zu weit fortgeschritten ist das Rennen andernorts. Er zeigt aber: Olympia ist wieder „in“, die bildgewaltigen Spiele von Paris haben die vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gewünschte Wirkung entfaltet.
Das „Momentum“, wie es der DOSB nennt, beschert dem Dachverband einen Wettstreit der Kandidaten, in dem besonders in Berlin, Bayern und NRW Politiker und Politikerinnen (fast) aller Parteien für die Idee brennen, die Milliardenparty in ihrer Heimat auszurichten. Wer hätte gedacht, dass die olympische Bewegung so schnell wieder zieht?
Olympia, das war noch vor nicht allzu langer Zeit das korrupte IOC, Gigantismus, Umweltzerstörung. Jetzt knüpfen Ministerpräsidenten wie Markus Söder (CSU) und Hendrik Wüst (CDU) oder Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) Hoffnungen auf Investitionen und Wählerstimmen an das Projekt für 2036 oder 2040. Das Werben um die Gunst des DOSB hat längst begonnen.
Nordrhein-Westfalen holt die Pläne der Privatinitiative Rhein-Ruhr aus der 2032-Kiste, dem bevölkerungsreichsten Bundesland fehlt ein Olympiastadion, und das soll temporär und nachhaltig entstehen. Söder hält in Bayern mit Spielen „ohne Monumentalbauten“ dagegen, und die Hauptstadt wähnt sich ohnehin im Vorteil, wenn es um eine deutsche Bewerbung geht. „Eins ist doch klar: Olympische Spiele finden in Deutschland nicht ohne Berlin statt“, sagt Wegner.
Aus Hamburg und Leipzig kommen weniger lautstarke Ansagen, aber auch die früheren Olympiabewerber wollen mindestens teilhaben. Der Bund ist ohnehin Feuer und Flamme und stellt für ein Konzept, das öffentlich nicht vorliegt, knapp sieben Millionen Euro zur Verfügung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verbreitete bei mehreren Besuchen in Paris Zuversicht: „Wir können das schaffen!“
Dafür braucht es jedoch mehr als nur politischen Willen: Nach sieben gescheiterten Anläufen müssen – bei aller Euphorie in der Politik – noch immer die Bevölkerung und zuletzt das IOC überzeugt werden. Sowohl im „Heim-„ als auch im „Auswärtsspiel“, wie es die DOSB-Stabsstelle Olympiabewerbung definiert hat, warten Fallen.
So fehlt in Berlin ein Teil der politischen Unterstützung, die Grünen lehnen Olympia ab. Das imaginierte Olympiastadion in NRW verstößt trotz der geplanten Nachnutzung mit Wohnungen, Büros und Kitas gegen das Credo „Keine Neubauten“. „Wir wollen vorhandene Sportstätten in verschiedenen Städten nutzen – ohne für viel Geld neue Stadien zu bauen“, sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
Nicht nur beim Stadionprojekt, das im Sportausschuss des Landtags vorgestellt wurde, knirscht es zwischen NRW und dem Bund. Das Debakel um die World University Games an Rhein und Ruhr belastet das sportpolitische Ansehen Nordrhein-Westfalens. Ausgerechnet in der Landeshauptstadt Düsseldorf, der selbsternannten Sportmetropole, findet beim Event 2025 kein Sport statt, dafür springt Berlin ein. NRW wollte plötzlich nicht mehr bezahlen.
Geräuschloser – und vor allem erfolgreicher – bringt sich München in Stellung. Die European Championships 2022 waren ein international beachtetes Ereignis, deutlich kleiner zwar als Olympia, aber mit Vorbildcharakter. Es gibt ein olympisches Erbe, das instand gehalten wird. Das Olympiastadion wird bis 2027 für fast 200 Millionen Euro saniert, der SAP Garden ist das neue Schmuckstück – und die Munich Arena, eine Multifunktionshalle mit bis zu 20.000 Plätzen, in Planung.
Bevölkerung und Politik stehen so geschlossen hinter einer Bewerbung wie in keiner anderen Region. Vieles spricht im Wettrennen der Olympiakandidaten für München, andere Städte haben wohl größere Chancen als Juniorpartner – und der Endspurt ist angebrochen. Die Kür der Bewerberstädte wird im ersten Halbjahr 2025 erwartet.