Es war wieder angerichtet im Porsche-Museum in Stuttgart. Zum 28. Mal wurden vom Landessportverband Baden-Württemberg (LSVBW) die Trainer und Trainerinnen des Jahres ausgezeichnet. In den Laudationes auf Iris Manke-Reimers, Yuliya Raskina, Artur Hoppe und Michael Kühner kam die Wertschätzung für außergewöhnliche Persönlichkeiten deutlich rüber. Besonders emotional wurde es, als Kim Renkema ihre Würdigung auf den verstorbenen Volleyball-Trainer Tore Aleksandersen (Allianz MTV Stuttgart) hielt. Zudem gab es auch sehr ernste Worte.
Die 28. Veranstaltung des Trainerpreises 2024 hatte eine andere Choreografie als die Ehrungen in den Jahren davor. Jürgen Scholz schlug in seiner Begrüßung zunächst ernste Töne an. Anlass für ein klares Statement waren für den Präsidenten des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSVBW) die Berichte von Athletinnen über psychischen Druck, Demütigungen, Training unter Schmerzen und trotz Verletzungen, Erniedrigungen, Drohungen im Spitzensport. „Die aktuellen Vorkommnisse und die öffentliche Berichterstattung zur Athlet-Trainer-Arbeitsbeziehung beschäftigt den Sport in Baden-Württemberg sehr.“ Dann stellte er klipp und klar fest: „Wir dulden hier keine Toleranz und fordern als Dachorganisation einen Kulturwandel!“ Für ihn ist klar, dass die physische und psychische Gesundheit der im Sport zu Betreuenden als auch der Akteure im Umfeld durch die jeweils Verantwortlichen mit Priorität 1 zu schützen sind. Der LSVBW habe deshalb in der Präambel seiner Satzung und in seinem Schutzkonzept festgelegt, sich gegen alle Formen der Gewalt zu wenden.
Diese Haltung begrüßte auch Andreas Haffner: „Leistung ja, aber nicht um jeden Preis“, sagte der Vorstand Personal- und Sozialwesen bei der Porsche AG, „Trainer und Trainerinnen geben jungen Menschen Werte mit auf ihren Lebensweg.“ Und Scholz führte weiter aus. „Genau diesen werden Ministerin Schopper als Vorsitzende der Sportministerkonferenz und ich als Vorsitzender der Konferenz der Landessportbünde in den Jahren 2025 und 2026 in unseren koordinierenden Funktionen in den Mittelpunkt stellen.“
Moderator Michael Antwerpes nahm diesen Ball auf und zitierte den Paragraf 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Turnerin Elisabeth Seitz, die erstmals als Co-Moderatorin beim Trainerpreis mitwirkte und Interviews mit einzelnen Gästen führte, lenkt auf den entscheidenden Blickwinkel: „Besonders wichtig ist, dass Trainer und Athletinnen auf Augenhöhe kommunizieren.“
Nach diesen ermahnenden Worten leitete Antwerpes elegant zum Anlass des Treffens vor etwa 170 Gästen aus Sport, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Porsche-Museum in Stuttgart. „Lassen Sie uns den Fokus auf diejenigen legen, die es gut machen.“ Fünf davon hat der LSVBW ausgezeichnet: Yuliya Raskina, Coach von Gymnastik-Olympiasiegerin Darja Varfolomeev, sowie Iris Manke-Reimers und Artur Hoppe, die Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye zu Gold bei den Olympischen Spielen in Paris geführt haben. Michael Kühner, der seit 50 Jahren als Cheftrainer junge wie alte Fechter beim Polizei-Sportverein Stuttgart unterrichtet. Und zum ersten Mal wurde ein Trainer posthum ausgezeichnet: Tore Aleksandersen. Der im Dezember 2023 verstorbene Norweger führte die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart zu mehreren Meisterschaften. Ihn vor Augen, sagte Außenangreiferin Maria Segura Pallerés etwas ganz Allgemeines zum Berufsstand Trainer: „Der Coach muss das Team zusammenhalten. Er ist derjenige, der das Auto steuert.“
Gut gefahren sind sowohl die Gymnastinnen Darja Varfolomeev und Margarita Kolosov wie auch Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye mit ihren Fahrern Yuliya Raskina sowie Iris Manke-Reimers und Artur Hoppe. Während die Goldmedaillengewinnerinnen Varfolomeev und Ogunleye seit ihren Erfolgen in Paris bei jedem Wettkampf und den vielen Ehrungen immer besonders angekündigt werden, gilt dies für ihre Trainerinnen und Trainer nur bedingt. „Wenn wir erfolgreich sind, stehen Sie im Hintergrund“, sagte Varfolomeev bei der Laudatio. Dazu passt ein Bild von Paris, auf dem die Gymnastin freudestrahlend ins Publikum winkt, während ihre Trainerin höflich applaudiert. Deshalb wandte sie ihren Blick zu ihrer Trainerin: „Heute werden Sie geehrt. Sie haben das mehr als verdient.“ Ähnlich hatte sich auch Ogunleye in ihrer Videobotschaft, an Manke-Reimers und Hoppe gewandt, geäußert: „Ihr seid die besten Trainer der Welt.“
Nicht nur die gesprochenen Worte waren bei diesem Ehrungsabend eindrücklich, sondern auch so manches Optische. Zum einen war das die Breakdance-Gruppe Kunstschule Labyrinth mit ihrer Vorführung. Oder im Vorraum, in dessen einer Ecke ein Kugelstoßring aufgebaut war. 20 Meter weiter stand eine Fahne mit der Aufschrift „20 Meter“. Das war genau die Weite, auf die Ogunleye die Vier-Kilo-Kugel gestoßen und damit Gold gewonnen hat. „Wenn man dies so sieht“, staunte selbst die Fachfrau Manke-Reimers, „dann ist das schon unheimlich weit.“ Und auch LSVBW-Präsident Jürgen Scholz hatte seinen besonderen Moment, als er neben den grazilen Gymnastinnen stand und zu denen, weil sie auch noch Highheels trugen, aufschauen musste. „Beim nächsten Mal bring ich auch meine hohen Schuhe mit“, scherzte der ehemalige Sprinter.
Während Raskina, Manke-Reimers und Hoppe sich um Sportlerinnen und Sportler der absoluten Spitzenklasse kümmern, betreut Michael Kühner sehr intensiv den Nachwuchs. Wobei er diesen auch gerne (zumindest) an die nationale Spitze führt. Dies macht der pensionierte ehemalige Leitende Kriminaldirektor durchaus auch mal mit klaren Ansagen. „Für mich macht Michael besonders, dass er in der Sache sehr hart sein kann“, berichtet sein ehemaliger Fechtschüler Anselm von Ritter, „aber sich menschlich bei ihm zu jedem Zeitpunkt sehr geborgen fühlt.“ Entscheidend dafür war auch die Maxime, die für Kühner in allen Lebenslagen gegolten habe, wie sein Sohn Ludwig in seiner Laudatio erwähnte: „Das Leitbild seiner Arbeit ist, dass er nur Dinge von seinen Fechtern einfordert, die er auch selbst hält. Für ihn ist das Thema „fordere und leiste dies auch“ ein wesentlicher Punkt. Das Wort Integrität trifft das sehr gut.“
Zum Abschluss der Verleihung gab es noch eine Premiere. In Tore Aleksandersen wurde zum ersten Mal ein Trainer posthum für sein Lebenswerk geehrt. „Lieber Tore“, begann Kim Renkema, Sportdirektorin beim Deutschen Volleyballmeister Allianz MTV Stuttgart, ihre Würdigung des im Dezember verstorbenen Coaches, „ich habe mir im Moment vorgestellt, dass ich eine Laudatio auf Dich halte, Du aber im Publikum sitzt. Aber Dein Stuhl ist leer. Dein großes Lachen sehe ich vor mir, ich werde jetzt einfach so tun, als ob Du noch unter uns wärst.“ Dann erzählte sie, wie sich die im Dezember 2020 begonnene Zusammenarbeit von ursprünglich angedachten fünf Monaten immer wieder verlängerte. „Wir hatten frischen Wind gebraucht, neue Impulse“, sagte Renkema. Dafür hat der ehrgeizige Titeljäger gesorgt. „Verlieren war nicht Dein Ding“, berichtete die Sportdirektorin. Bis der Norweger nach dem Saisonende 2023 wegen seiner Krebserkrankung nicht mehr konnte. Trotz allem, „Tore stand immer positiv im Leben, aufgeben war nie eine Chance für ihn“, charakterisierte sie den Coach. Kurz: „Er war ein besonderer Mensch.“ Sichtlich gerührt bekannte LSVBW-Präsident Scholz: „es war gut, dass wir erstmals einen Trainerpreis auch posthum vergeben haben.“
Wie schon seit vielen Jahren waren die Trainerpreisgäste vom Ambiente des Porsche-Museums begeistert. Deshalb hatte Scholz schon zur Begrüßung seinen Dank an Gastgeber Porsche, aber auch die langjährigen Partner Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg sowie die Barmer-Krankenkasse ausgesprochen. Auch Toto-Lotto Baden-Württemberg hat wieder einen Gast glücklich gemacht. Geschäftsführer Georg Wacker brachte ein Spiel-77-Jahreslos mit, Elisabeth Seitz war die Glücksfee.
Nachdem der Abend dem Get together und vielen Gesprächen ausgeklungen war, fasste Scholz die Situation zusammen: „Das ist die große Stärke des Trainerpreises in Baden-Württemberg, dass wir vom Profitrainer bis zum Übungsleiter, der das aus purer Leidenschaft betreibt, viel Menschen haben, die unglaublich wertvolle Arbeit leisten.“ Es waren versöhnliche Worte nach einem emotionalen Abend.
Quelle: www.lsvbw.de
Foto (LSVBW/Fabian Schumacher): Alle Preisträger (mit Illustrationen und Urkunden) und Förderer: Andreas Haffner (Porsche), Yuliya Raskina, Iris Manke-Reimers, Artur Hoppe, LSVBW-Präsident Jürgen Scholz, Sportministerin Theresa Schopper, Michael Kühner, Kim Renkema (Laudatorin für Tore Aleksandersen) und Winfried Plötze (BARMER) (v. l. n. r.)