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Januar 2025

Sport-Informations-Dienst (SID)

Melbourne (SID) Erst Novak Djokovic, danach Ben Shelton – Topspieler beklagten sich über vermeintliche Respektlosigkeiten in der Berichterstattung rund um die Australian Open. Das Turnier öffnet sich immer mehr für die Zuschauer und stößt damit auch an Grenzen.

Ben Shelton brüllte seine Freude heraus, flexte seine Muskeln beim Jubeln und lachte über das ganze Gesicht. „Das war eines der besten Matches in meiner Karriere„, rief der 22 Jahre alte US-Amerikaner den Zuschauern in der Rod Laver Arena zu.

Shelton wollte seinen ersten Halbfinaleinzug bei den Australian Open einfach nur genießen. Doch dann wurde ihm sein besonderer Moment ein Stück weit verdorben – so empfand es zumindest der Linkshänder, der sich deutlich über fehlenden Respekt während der On-Court-Interviews in Australien beschwerte. Von Boris Becker erhielt er volle Zustimmung.

Ich bin etwas geschockt, wie die Spieler von den Sendern behandelt werden„, sagte Shelton: „Ich habe das Gefühl, dass da viel Negativität ist und ich denke, dass sich das ändern muss.“ Er spielte damit vor allem auf die Gespräche noch in den Arenen an, die unmittelbar nach den Matches mit den erfolgreichen Spielern geführt werden. Aber Shelton verwies auch auf den Fall Novak Djokovic, der aus Ärger über flapsige Aussagen eines Reporters im Programm des australischen Channel Nine kurzfristig die Interviews boykottierte. „Ich habe das bei verschiedenen Spielern beobachtet, nicht nur bei mir„, sagte Shelton.

Auf sich bezogen, verwies er auf die Fragen nach seinem erfolgreichen Achtelfinale gegen Gael Monfils und dem hart erkämpften Viertelfinalerfolg gegen Lorenzo Sonego. „Ob es nun hieß: Hey, Monfils ist alt genug, um dein Vater zu sein. Vielleicht ist er dein Vater„, sagte Shelton: „Oder heute auf dem Platz: Hey, Ben, wie fühlt es sich an, dass dich im nächsten Match niemand anfeuern wird – egal, gegen wen du spielst?

Dies möge stimmen, aber er halte es für keine respektvolle Frage von einer Person, die er noch nie vorher getroffen habe, sagte Shelton, dessen sachlich vorgetragene Kritik ankam und unter anderem vom Weltranglisten-29. Jiri Lehecka und Eurosport-Experte Becker geteilt wurde. „Ich stimme Ben absolut zu„, schrieb der einstige Wimbledon-Sieger bei X: „Die Interviews auf dem Spielfeld sind viel zu lang nach den Matches … und auch zu persönlich.“ Manchmal versuchten die Interviewer „lustig zu sein oder sich selbst in Szene zu setzen„, fügte US-Ikone Chris Evert auf derselben Plattform hinzu.

Tatsächlich kommen viele der Gespräche „bunt“ daher, es geht um Alexander Zverevs Handshake mit Freundin Sophia Thomalla oder um den Schnitt von Coco Gauffs Outfit. Schnipsel der Interviews laufen dann im Netz rauf und runter – was sicher auch eine Währung ist für den Veranstalter, der dem Rechteinhaber 9Network in Australien für den 425 Millionen Dollar (255 Mio. Euro) schweren Vertrag bis 2029 „beträchtliche zusätzliche Werte“ versprach.

So können wir sicherstellen, dass wir ein Publikum aller Altersgruppen und Hintergründe über verschiedene Plattformen mit qualitativ hochwertigen Produkten erreichen„, hieß es in der Verkündung des Deals Ende 2022.

Die Einblicke der Zuschauer gehen weit, die Interviews sollen unterhaltsam sein – und schießen nicht nur für Shelton manchmal über das Ziel hinaus.