Sport und Verein

Ohne Not kein Notvorstand – OLG Karlsruhe zur Frage, wann ein Verein nicht (noch) beschlussfähig ist

März 2025

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat in einem kürzlich ergangenen Beschluss (v. 16.7.2024, Az: 19 W 29/24) klargestellt, dass kein Notvorstand bestellt werden muss, wenn noch ein einzelvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied vorhanden ist. Diese Entscheidung unterstreicht, dass Gerichte nur ganz ausnahmsweise in interne Vereinsstreitigkeiten eingreifen dürfen und müssen.

Hintergrund des Falls

Mit Ausnahme des Vorsitzenden war der gesamte Vorstand eines Golfclubs zurückgetreten. Daraufhin stellten einige Mitglieder beim Registergericht den Antrag gemäß § 29 BGB, einen Notvorstand zu bestellen, um eine ordnungsgemäße Geschäftsführung sicherzustellen und eine beschlussfähige Mitgliederversammlung abzuhalten. Das Amtsgericht Mannheim wies den Antrag jedoch zurück, da laut Satzung der – noch im Amt befindliche – Vorstandsvorsitzende allein vertretungsberechtigt war und die Mitgliederversammlung auch ohne weitere Vorstandsmitglieder beschlussfähig blieb.

Die Mitglieder akzeptierten die Entscheidung der Mannheimer Richter nicht und ließen die Entscheidung durch das Oberlandesgericht Karlsruhe überprüfen.

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe

Das OLG Karlsruhe folgte der Rechtsauffassung des Amtsgerichts und stellte folgende wesentliche Punkte heraus:

  1. Kein dringender Bestellungsbedarf nach § 29 BGB:
    Ein Notvorstand ist nur dann erforderlich, wenn der Verein sonst nicht handlungsfähig wäre. Da der verbleibende Vorsitzende einzelvertretungsberechtigt war, bestand keine solche Notwendigkeit.
  2. Satzungskonforme Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung:
    Auch wenn die Satzung des Vereins eine Mindestanzahl an Vorstandsmitgliedern für eine beschlussfähige Mitgliederversammlung vorsah, sah das Gericht diese Voraussetzung durch die Anwesenheit des einen verbliebenen Vorstandsmitglieds als noch gegeben an.
  3. Keine Einmischung in vereinsinterne Streitigkeiten:
    Vereinsinterne Meinungsverschiedenheiten oder Auseinandersetzungen über die Geschäftsführung sind nicht über § 29 BGB zu lösen. Die Mitglieder hätten stattdessen die Möglichkeit, über § 37 BGB selbst eine Mitgliederversammlung einzuberufen.

Bedeutung für die Praxis

Der Beschluss bestätigt, dass ein Notvorstand nur in tatsächlich dringenden Ausnahmefällen bestellt werden kann und somit auch Missbrauchsmöglichkeiten bei der Bestellung von Notvorständen verhindert werden sollen. Notvorstände müssen nur in wirklichen (vereinsrechtlichen) Notlagen eingesetzt werden – also dann, wenn keine ordnungsgemäße Geschäftsführung mehr möglich wäre.

Vereinsmitglieder, die mit der Führung durch den Vorstand unzufrieden sind, können dagegen nicht die Justiz als Mittel zur Durchsetzung ihrer Interessen nutzen. Die Verantwortung für die Vereinsführung bleibt somit dort, wo sie hingehört: Innerhalb der Vereinsorgane und der Mitgliederversammlung.

Damit schützt die Entscheidung sowohl die Vereinsautonomie als auch die Kontinuität und Stabilität des Vereinslebens. Gerade solche Fälle zeigen, wie wichtig eine klare und gut durchdachte Satzung für die Handlungsfähigkeit eines Vereins ist. Vereine sollten daher frühzeitig prüfen, ob ihre Satzung den aktuellen Anforderungen entspricht, um unnötige Streitigkeiten und rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.

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Dieser Text wurde zur Verfügung gestellt von ENGEL.LAW.