Bielefeld/Stuttgart (SID) Mitch Kniat gab unmissverständlich den Partybefehl. „Wir haben das Standardprogramm: Café Europa hat wieder auf. Es heißt also: Vollgas!“, feixte der Trainer des unwiderstehlichen Sensationsteams Arminia Bielefeld am 1. April nach dem Einzug ins DFB-Pokalfinale von Berlin. Selbst Double-Gewinner Bayer Leverkusen hatte dem wild entschlossenen Drittligisten auf der Alm nichts entgegenzusetzen, die Arminia triumphierte mit 2:1 (2:1) – und Kniat versprach am späten Dienstabend am ARD-Mikrofon: „Heute schläft hier keiner in der Stadt.“
Vier Erstligisten hatte zuvor noch kein „kleiner“ Verein in einer Pokalsaison aus dem Wettbewerb geworfen, als erst vierter Drittligist steht Bielefeld nach dem Triumph gegen die hochdekorierten Leverkusener am 24. Mai im Endspiel in Berlin.
Erst einmal wurde der größte Erfolg der langen Vereinsgeschichte gebührend gefeiert. „In 120 Jahren von Bielefeld bis ins Finale von Berlin“ stand auf den T-Shirts der Helden um die Torschützen Marius Wörl (20.) und Maximilian Großer (45.+3).
Nach dem Schlusspfiff öffnete der kultige Club „Café Europa“ seine Pforten. Dort waren während der zweiten Halbzeit, als die Sensation nach dem Rückstand durch Leverkusens Nationalspieler Jonathan Tah (17.) bereits mindestens in der Luft lag, im Netz noch Tickets im Vorverkauf zu bekommen – kurz nach Abpfiff war die Party unter dem Motto „Pokalfieber“ ausverkauft.
Der Triumphzug Richtung Berlin war für Kniat (39) auch eine persönliche Erleichterung. „Die ersten sieben, acht Monate hatte ich hier einen Doppelnamen: Kniat-Raus“, berichtete er nach Schlusspfiff bittersüß und schaute voraus: Denn die Rückkehr in die 2. Liga ist eigentlich das wichtigere Ziel. Aber, das bemerkte auch Kniat korrekt: „Heute und morgen interessiert das kein Schwein.“
In Stuttgart hatte es Sebastian Hoeneß am Mittwochabend gegen 23.00 Uhr plötzlich ganz eilig. Noch bevor der Trainer des VfB nach dem umjubelten Einzug ins Finale des DFB-Pokals zum Gegner Arminia Bielefeld befragt werden konnte, musste er ganz schnell weg. „Ich muss jetzt bitte auf das Foto. Da darf ich nicht fehlen“, begründete Hoeneß im ZDF seinen übereilten Abgang. Dann posierte er gemeinsam mit seinen Spielern in den weißen Final-Shirts für das beeindruckende Siegerbild.
Nach dem 3:1 (1:0) im Halbfinale gegen die Pokalspezialisten von RB Leipzig greift der VfB am 24. Mai im Berliner Olympiastadion gegen den Drittligisten Arminia Bielefeld als Favorit nach dem Titel. „Wir waren lange nicht im Finale. Jeder wollte, dass es so kommt“, sagte Angelo Stiller. Der Nationalspieler hatte die Schwaben mit einem Traumtor früh in Führung gebracht (5.) und erinnerte nach dem umkämpften Halbfinale an die rasante Entwicklung des Klubs: „Unser Weg ist besonders. Vor zwei Jahren haben wir Relegation gespielt, jetzt stehen wir im Pokalfinale.“
Nick Woltemade (57.) und Jamie Leweling (73.) erzielten die weiteren Treffer, Torhüter Alexander Nübel parierte besonders in der ersten Halbzeit mehrmals stark. „Fußballerisch“, räumte Woltemade ein, „war es nicht unser bestes Spiel. Aber der Wille und der Mut waren da.“ Woltemade fiebert jetzt dem Endspiel entgegen: „Ich glaube, Berlin wird crazy. Es wird verrückt und die Fans werden da so abreißen. Sowas werde ich in meinem Leben nie vergessen“, sagte der Stürmer bei Sky.
Die überglücklichen Fans sangen schon lange vor dem Abpfiff vom Titel, es wäre der vierte für die Stuttgarter im DFB-Pokal. In diesem Fall würde es auch wieder ein Foto geben – und Hoeneß hätte es eilig.