Frankfurt am Main (SID) Präsident Thomas Weikert vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) ist „überzeugt“, dass der Auswahlprozess des Dachverbandes zu einer starken deutschen Olympiabewerbung führen wird. Der DOSB werde „nicht nur das beste Konzept für Deutschland finden, sondern auch eines, mit dem wir dann im internationalen Wettbewerb gewinnen können“, erklärte Weikert.
Dass sich nun ein Wettbewerb zwischen den Bewerbern Berlin, München, Hamburg und Rhein-Ruhr entwickele, sei „im Sinne des Sports absolut legitim“, führte Weikert aus und sprach von „vier hochwertigen Konzepten“. Die reine Zahl der Interessenten würde zeigen, „welche Strahlkraft Olympische und Paralympische Spiele weiterhin haben. Wir wollen Deutschland fit machen für die Herausforderungen der Zukunft und haben uns nun auf einen vielversprechenden Weg gemacht.“
Die vier Interessenten hatten ihre Konzepte in den vergangenen knapp zwei Wochen der Reihe nach vorgestellt, die Abgabefrist beim DOSB endete am Samstag. Der DOSB will sich beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) um Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044 bewerben. Deutschland war zuletzt 1972 durch München Olympia-Gastgeber, die vergangenen sieben Bewerbungsversuche scheiterten.
Bis einschließlich September wird der DOSB nun die Konzepte „in Zusammenarbeit mit den Gebietskörperschaften weiterentwickeln“ und die Erfüllung der operativen Mindestanforderungen sowie die Plausibilität der Konzepte prüfen. Die Konzepte, welche die Anforderungen erfüllen, werden auf der DOSB-Mitgliederversammlung am 6. Dezember in Frankfurt am Main vorgestellt.
In der zweiten Stufe erhalten die Bewerber die Möglichkeit, bis Ende Juni 2026 ein Referendum durchzuführen, um die gesellschaftliche Unterstützung für die Bewerbung einzuholen. In der dritten Stufe wird anhand einer nach DOSB-Angabe „noch zu entwickelnden Bewertungsmatrix“ die finale Bewertung vorgenommen. Im Herbst 2026 stimmt eine außerordentliche DOSB-Mitgliederversammlung über den deutschen Kandidaten ab.
Mehrkampf um Olympia: Vier Bewerber, viele Fragen
Köln (SID) Beachvolleyball am Brandenburger Tor, Schwimmen auf Schalke beziehungsweise im Hamburger Volkspark – oder doch lieber die Neuauflage von München 1972 unter dem Zeltdach des Olympiastadions? Die Grobkonzepte stehen, eine deutsche Olympiabewerbung nimmt Formen an. Doch wie geht es weiter? Wer entscheidet? Und wann soll die Sause stattfinden? Der SID beantwortet die wichtigsten Fragen.
Worum geht es eigentlich genau?
Deutschland will sich wieder für Olympische und Paralympische Spiele bewerben, dafür ist der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) zuständig. Ins Auge gefasst hat der Dachverband die Sommerspiele der Jahre 2036, 2040 oder 2044. Dafür gilt es nun, den aussichtsreichsten Kandidaten zu finden. Zuletzt sind sieben Bewerbungen gescheitert, die bislang letzten Spiele in Deutschland fanden 1972 in München statt.
Warum gehen vier Bewerber ins Rennen?
Der Traum von einer Deutschland-Bewerbung mit zwei, drei oder gar vier Städten und Regionen platzte. Der DOSB glaubt zu wissen: Das IOC will ein „One-Village-Prinzip‘‚ – die Mehrzahl aller Athletinnen und Athleten soll sich in einem Olympischen Dorf versammeln. Daran orientieren sich auch die Konzepte von Berlin, München, Rhein-Ruhr und Hamburg, der Konkurrenzkampf ist deswegen längst eröffnet – DOSB-Präsident Thomas Weikert sieht darin kein Problem: „Wir sind überzeugt, mit diesem Auswahlprozess nicht nur das beste Konzept für Deutschland zu finden, sondern auch eines, mit dem wir dann im internationalen Wettbewerb gewinnen können. Dass sich nun ein Wettbewerb zwischen den Bewerbern entwickelt, ist im Sinne des Sports absolut legitim.“
Was versprechen die Städte und Regionen?
Alle deutschen Interessenten haben sich die erfolgreichen Spiele von Paris zum Vorbild genommen und wollen den öffentlichen Raum nutzen. Und alle schreiben sich das beliebte Schlagwort „Nachhaltigkeit“ auf die Fahne. 90 Prozent aller Sportstätten seien in Berlin bereits vorhanden oder würden temporär errichtet, gar 95 Prozent an Rhein und Ruhr, behaupten Berlin und NRW. In München heißt es: Aus alt macht neu. Hamburg setzt auf ein Konzept der kurzen Wege, bei dem stark auf bestehende Sportstätten gesetzt wird, aber: Auch ein Olympiastadion müsse her, für dessen Nachnutzung der Hamburger SV sorgen soll. NRW würde ein (temporäres) Olympiastadion errichten; stehen soll es am Stadtrand von Köln oder Essen, direkt neben dem Olympischen Dorf – beide Anlagen sollen nach den Spielen Teil eines neuen Wohnviertels werden. Nachhaltigkeit wirkt so durchaus erzwungen.
Wie geht es weiter?
Der DOSB hat ein Dreistufenmodell entwickelt: In Stufe eins stehen die Konzepte auf dem Prüfstand, bei Mängeln kann nachgebessert werden. In Stufe zwei können die Bewerber bis Ende Juni 2026 ein Referendum durchführen – was aber kein Muss ist. Danach wird final über die Konzepte entschieden. „Insbesondere die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit der eingereichten Vorschläge“ sollen ausschlaggebend sein.
Wer entscheidet?
Offenbar ein Gremium aus Vertretern von Sport und Politik, die ein Konzept auswählen, das der DOSB-Mitgliederversammlung im Herbst 2026 zum Abnicken vorgelegt wird. Wer dazugehört, steht noch nicht fest. Die olympischen Fachverbände, die bei den vergangenen Bewerbungen über den deutschen Kandidaten entschieden haben, sind aber aller Voraussicht nach degradiert.
Welche Hürden gibt es?
Ein gescheitertes Referendum kann die Euphorie im ganzen Land abwürgen. In München (26. Oktober) ist das Bürgervotum bereits terminiert, in Hamburg ist es für 2026 vorgeschrieben. Ob NRW die Menschen direkt befragt oder zu Ratsbeschlüssen greift, soll erst geklärt werden. Auch Berlin hält sich noch bedeckt, in der Hauptstadt ist der Widerstand traditionell groß. Der DOSB verweist auf starke Umfragewerte und die Unterstützung der Politik. Doch: Umfragen täuschten bereits bei den gescheiterten Anläufen von München (Winter 2022) und Hamburg (Sommer 2024) – zweimal lehnten die Bürger die Bewerbungen ab.
Was kostet der Spaß?
Ausufernde Kosten waren schon immer einer der Hauptkritikpunkte an einer Olympiabewerbung. Durch verschiedene Reformprojekte im ebenfalls stets kritisch beäugten IOC soll nun alles günstiger sein, doch auch die Pariser Spiele kosteten zehn Milliarden Euro. Eine Bewerbung fällt dagegen wohl tatsächlich günstiger aus: Zwischen sechs und sieben Millionen heißt es.
Wie stehen die deutschen Chancen?
Nur selten gewinnt beim IOC die beste Bewerbung, Frankreich erhielt die Winterspiele 2030 sogar ohne detailliertes Konzept. Meistens geht es um politische Interessen – und für 2036 stehen starke Bewerber bereits Schlange: Mit Indien oder Katar kann Deutschland nicht konkurrieren. Daher gilt das Motto: „Wenn Europa an der Reihe ist, muss Deutschland bereit sein.“