Sport-Informations-Dienst (SID)

Viel Gold und Altbekanntes: Olympia-Vergabe und Frauensport Coventrys erste Baustellen

Juli 2025

Lausanne/Köln (SID) Der Machtwechsel ist vollzogen: Kirsty Coventry ist die erste IOC-Präsidentin, Thomas Bach wird mit Applaus und Gold verabschiedet. Der Kurs des Deutschen dürfte unter der 41-Jährigen beibehalten werden.

Thomas Bach lächelte selig mit dem Olympischen Orden in Gold um den Hals, Kirsty Coventry erhielt neben einem goldenen Schlüssel für die IOC-Zentrale auch die Verantwortung für die olympische Bewegung. Gold war die Farbe der Feierstunde, als am 23. Juni in Lausanne der Machtwechsel beim Internationalen Olympischen Komitee vollzogen wurde. Doch Coventry, 41 Jahre alt und die erste Frau an der Spitze der Organisation, machte schnell deutlich, dass sich das IOC unter ihr kaum verändern dürfte.

Die von Bach protegierte Simbabwerin dankte ihrem Vorgänger für „Leidenschaft und Hingabe über zwölf Jahre“, der 71-Jährige habe „uns“ durch „äußerst turbulente Zeiten navigiert“. Und sie machte deutlich, dass sie den Kurs des Würzburgers für den richtigen hält: Die olympische Bewegung sei „eine Plattform, die es den Menschen erlaubt, ihre Träume zu erreichen“. Als IOC-Präsidentin wolle sie „weiterhin inspirieren und Leben verändern“.

Coventry rief, so wie es auch Bach stets getan hat, die IOC-Mitglieder zum Zusammenhalt auf: „Unsere Bewegung ist wie ein Spinnennetz. Es ist komplex, wunderschön und stark. Aber es funktioniert nur, wenn wir zusammenarbeiten.

Bach, der den im Auftrag seines Vorvorgängers Juan Antonio Samaranch (1980 bis 2001) angefertigten Schlüssel um 11.30 Uhr an Coventry übergab, erntete noch einmal Standing Ovations. Der IOC-Ehrenpräsident griff sich gerührt ans Herz und dankte den Mitgliedern, die ihm seit 2013 unbeirrt gefolgt waren und erklärte pathetisch: „Ich habe der olympischen Bewegung alles gegeben, was ich hatte.

Bei seiner Wunsch-Nachfolgerin Coventry werde diese „in besten Händen sein, deswegen bin ich heute zufrieden, dankbar und voller Freude“, sagte er. Coventry werde „immer unsere Werte an die erste Stelle setzen“.

Bach hinterlässt das IOC auf den ersten Blick in gutem Zustand: Die Spiele sind bis einschließlich 2034 vergeben, große TV-Verträge unterzeichnet.

Auf Coventry warten dennoch heikle Aufgaben, etwa: Wie geht sie mit dem kaum berechenbaren US-Präsidenten Donald Trump um, der mit Los Angeles Gastgeber der Sommerspiele 2028 ist? Wann und unter welchen Umständen kann Russland nach dem Staatsdopingskandal und angesichts des Angriffskriegs gegen die Ukraine in den Weltsport zurückkehren? Wie ist Coventrys Zugang zu den drängenden Themen Transgender und Klimawandel? Wie kann die Finanzierung der olympischen Bewegung sichergestellt werden, nachdem sich zuletzt mehr IOC-Großsponsoren zurückzogen als hinzukamen?

Immerhin: Die Rede der ersten Präsidentin enthielt auch einen betont weiblichen Zungenschlag. Coventry, die am 20. März gewählt worden war und symbolträchtig am 131. Jahrestag der IOC-Gründung an die Spitze rückte, dankte den Frauen, die sie auf ihrem Weg begleitet hatten, angefangen bei ihrer Mutter. Ihr Ehemann Tyrone und die Töchter Ella und Lily seien für sie „Fels und Inspiration“ – derart persönliche Töne sind neu in diesem Amt.

Doch vieles war eben altbekannt: In einem vierminütigen Video wurden „Highlights“ der zwölfjährigen Bach-Präsidentschaft zusammengeschnitten, untermalt von Musik und mit Lobeshymnen von Olympiasiegern wie Katarina Witt, Eileen Gu oder Tony Estanguet. Den Schlusspunkt der Zeremonie bildete die Friedenshymne Imagine von John Lennon – eines von Bachs Lieblingsliedern. 

Quelle: AFP

Erste Prozesse angestoßen: Hinterfragung des Auswahlverfahrens – Schutz des Frauensports

Inzwischen hat die neue IOC-Präsidentin erste Prozesse angestoßen, auf die auch die deutschen Olympia-Bewerber mit großem Interesse schauen dürften. Nach der ersten Exekutivsitzung am 26. Juni verkündete sie, dass das bisherige Auswahlverfahren der Gastgeber Olympischer Spiele hinterfragt werde.

Dafür setzt Coventry eine Arbeitsgruppe ein, die sich mit dem Zeitpunkt der zukünftigen Olympia-Vergaben beschäftigt und auch die Rolle der Mitglieder behandelt. Unter Bach hatte die Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees nur noch eine im kleinen Kreis vorbereitete Entscheidung abgenickt. „Die Mitglieder wollen in diesen Prozess stärker eingebunden werden“, sagte die 41-Jährige.

Derzeit sind die Olympischen Spiele bis Salt Lake City 2034 vergeben, 2028 nach Los Angeles, 2030 nach Frankreich und 2032 nach Brisbane. Für die Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044 will sich auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bewerben.

Auch der Schutz des Frauensports war eines von Coventrys Themen bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt. Die Olympiasiegerin im Schwimmen aus Simbabwe sagte, dass das IOC eine „Führungsrolle“ übernehmen müsse.

Es habe eine „überwältigende Unterstützung“ für die Idee einer übergreifenden Regelung im Frauensport gegeben, erklärte Coventry. Auch dafür solle eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, die internationalen Sportverbände sollen Teil sein. Weitere Details nannte sie nicht.

Andere wichtige Punkte wie die Russland-Frage und ob auch bei den Winterspielen in Mailand und Cortina d’Ampezzo im kommenden Februar russische Athletinnen und Athleten unter neutraler Flagge antreten dürfen, standen zunächst nicht auf Coventrys Agenda. Über diese soll zu einem späteren Zeitpunkt diskutiert werden, kündigte sie an.