Sport und Verein

Gerichtsstand kraft Satzung – BayObLG klärt Zuständigkeits-Pingpong

August 2025

Mit Beschluss vom 28.04.2025 (Az: 101 AR 41/25) hat das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) in einem Zuständigkeitsstreit zwischen dem AG Dillingen a.d. Donau und dem AG Berlin-Mitte zwei Dinge klargestellt:

  1. Ein satzungsmäßiger Gerichts- und Erfüllungsort am Vereinssitz kann eine ausschließliche Zuständigkeit begründen – jedenfalls, wenn die Parteien „prorogationsfähig“ sind, d.h. einen eigenen Gerichtsstand begründen dürfen.
  2. Verweist ein Gericht den Rechtsstreit, ist diese Verweisung bindend (vgl. § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO), sofern sie nicht willkürlich ist.

Das Amtsgericht Berlin-Mitte ist daher rechtsverbindlich als örtlich zuständiges Gericht bestimmt worden.

Hintergrund des Falles

Ein eingetragener Verein (Sitz Berlin), der die Interessen von Franchiseunternehmen vertritt, verlangte den Mitgliedsbeitrag 2023 von einer GmbH (Sitz Dillingen a.d. Donau). Der Verein betrieb zunächst das Mahnverfahren. Nach dem Widerspruch der GmbH wurde die Sache – entsprechend der im Mahnantrag benannten Option – an das Amtsgericht Dillingen a.d. Donau abgegeben.

In der Klagebegründung beantragte der Verein die Verweisung an das Amtsgericht Berlin-Mitte unter Hinweis auf § 22 der Vereinssatzung, in der Folgendes geregelt war:

„Erfüllungsort und Gerichtsstand für alle Ansprüche, die aus dieser Satzung erwachsen, ist der Sitz des Vereins.“

Es folgte ein Zuständigkeits-Pingpong: Das Amtsgericht Dillingen verwies zunächst) an das Amtsgericht Berlin-Mitte. Das Amtsgericht Berlin-Mitte lehnte ab und gab das Verfahren zurück. Später verwies das Amtsgericht Dillingen erneut an das Amtsgericht Berlin-Mitte. Da sich somit beide Gerichte für unzuständig erklärten, musste das BayObLG den Zuständigkeitsstreit entscheiden (vgl. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO).

Wesentliche Erwägungen der Entscheidung

  1. Satzungsmäßiger Gerichtsstand als exklusive Zuständigkeit

Die Kombination „Erfüllungsort und Gerichtsstand am Vereinssitz“ in § 22 der Satzung wurde – nach objektiver Auslegung – als ausschließliche Zuständigkeitsbestimmung gewertet. Dafür sprach insbesondere die Konzentration von Leistungsort und Gericht am Vereinssitz. Eine ausdrückliche „Ausschließlichkeit“ ist im Wortlaut nicht zwingend erforderlich, kann sich aber sinn- und zweckorientiert ergeben.

Eine Gerichtsstandsvereinbarung nach § 38 Abs. 1 ZPO setzt voraus, dass beide Seiten einen Gerichtsstand bestimmen dürfen. Die GmbH ist Kaufmann; der Verein kann kaufmännisch sein, wenn er – gestützt auf das Nebenzweckprivileg – ein Handelsgewerbe betreibt. Für das BayObLG war das ausreichend.

Wesentliche Aspekte für einen Verein

  1. Gerichtsstands- und Erfüllungsortklauseln in der Satzung
    1. Vereine können – im Verhältnis zu kaufmännisch handelnden Mitgliedern/Partnern – wirksam einen Gerichtsstand am Vereinssitz vereinbaren.
    1. Die Verknüpfung mit einem Erfüllungsort am Vereinssitz stützt die Ausschließlichkeit.
    1. Gegenüber Verbrauchern/Nichtkaufleuten greift § 38 Abs. 2 ZPO: Gerichtsstandsvereinbarungen sind in der Regeln nicht möglich.
  2. Auslegung und Reichweite
    1. Die Formulierung „(…) für alle Ansprüche, die aus dieser Satzung erwachsen (…)“ erfasst typischerweise Mitgliedsbeiträge, satzungsbezogene Pflichten/Klagen (Ausschluss, Beitragsanpassung etc.).
    1. Für außersatzungsmäßige Ansprüche (z.B. deliktische oder wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten) greift die Klausel nur, wenn sie ausdrücklich erfasst sind. Präzise Formulierungen vermeiden Streit.
  3. Prozesstaktik im Mahnverfahren
    1. Die Gerichtsstandswahl im Mahnantrag ist revidierbar; sie „verbraucht“ keinen ausschließlichen Gerichtsstand.
    1. Zuständigkeit muss rechtzeitig gerügt werden (§§ 39, 504 ZPO) – und nicht erst nach rügeloser Einlassung.

Gestaltungshinweise für die Praxis

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