Sport-Informations-Dienst (SID)

Aus vier mach eins: Die Konzepte der deutschen Olympia-Bewerber

Oktober 2025

München (SID) Der Weg zu Olympischen Spielen ist ein Marathon, allein die Kür des deutschen Bewerbers um Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044 ist lang und hindernisreich. Bis zum Herbst 2026 lässt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) einen Vierkampf zu, der bereits Millionen verschlungen hat. Der erste Stresstest nach sieben gescheiterten Anläufen ist der Bürgerentscheid am Sonntag in München. Der SID stellt die vier deutschen Konzepte und ihre Pläne bis zur Auswahl durch die DOSB-Mitgliederversammlung vor.

MÜNCHEN

Historie: Der Geist von 1972 soll an möglichst vielen Orten zu spüren sein, vor allem: im Olympiapark und dem Olympiastadion, das für 300 Millionen Euro renoviert wird.

Nähe: München bietet ein Konzept der kurzen Wege, 90 Prozent aller Sportstätten sollen in einem Radius von 50 km um das Olympische Dorf liegen.

Prominenz: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder („München spielt oben mit – in allen Bereichen“), Oberbürgermeister Dieter Reiter und die Sport-Prominenz aus Bayern haben sich im Vorfeld des Referendums am 26. Oktober vor den Karren gespannt und zum „OlympJA“ aufgerufen.

Lehre: München will diesmal nichts dem Zufall überlassen, denn im Ansinnen, die Winterspiele 2022 zu bekommen, gab es im November 2013 bei Referenden ein Nein der Bevölkerung in der Landeshauptstadt und den anderen vorgesehenen Gemeinden und Landkreisen. Diesmal werden nur die Münchnerinnen und Münchner befragt.

Kosten? Allein die Durchführung des Ratsbegehrens kostet die Stadt rund 6,7 Millionen Euro. 1,8 Millionen Euro davon flossen in eine Informationskampagne.

BERLIN

Konzepttitel: Berlin + („Das + steht für unsere starken Partner“).

Fläche: Das weitläufigste der vier deutschen Konzepte, es sieht Wettbewerbe auch in Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen vor.

Faustpfand: Geschichte und Symbolik. „Berlin verbindet wie keine andere Stadt Vergangenheit und Zukunft und steht dafür, Mauern zu überwinden und Menschen zusammenzubringen und wieder zu vereinen.“ (Auszug aus dem Konzeptpapier). Olympia 2036 fände 100 Jahre nach den Nazi-Spielen statt, Olympia 2040 50 Jahre nach der Wiedervereinigung.

Vision: Ikonische Bilder, vor allem durch Brandenburger Tor und Olympiastadion.

Minuspunkt: Ein Referendum wird es nicht geben. In der Landesverfassung ist „nicht vorgesehen“, dass der Senat eine Volksabstimmung oder Bürgerbefragung ansetzt – das ist sicherlich ein Minuspunkt in der sogenannten „Matrix“, die der DOSB den Mitgliedern vor der entscheidenden Mitgliederversammlung im Herbst 2026 an die Hand geben will.

Gegenwind: Berlin ist hochverschuldet, NOlympia hat in der Hauptstadt eine starke Stimme.

Kosten? Intransparent, laut RBB-Infos von Ende September liegen die geplanten Kosten des Senats bei sechs Millionen Euro.

Quelle: Fabrice Coffrini

HAMBURG

Konzepttitel: Hamburg +

Nähe: Konzept der kurzen Wege, basierend auf dem gescheiterten Ansatz für 2024. 82 Prozent der Sportstätten liegen im Radius von 7 km. Vorgesehen sind aber auch Wettbewerbe in Kiel, Leipzig, Magdeburg, Freiburg, Hannover oder Münster.

Bagger: Ein Olympiastadion soll neu gebaut und nach den Spielen vom Hamburger SV genutzt werden – die Notwendigkeit wird heiß diskutiert. Der Kniff: Durch die Nachnutzung würde das Stadion nicht als Neubau für Olympia gewertet werden – und Nachhaltigkeit wird in allen vier Konzepten fett gedruckt.

Volkes Stimme: Ein Referendum ist für den 31. Mai 2026 angesetzt. Im November 2015 waren 51,6 Prozent dagegen, als es um die Bewerbung Hamburgs für 2024 ging – es war das Ende aller Bemühungen.

Kosten? Bis zur DOSB-Entscheidung im Herbst 2026 fallen nach derzeitigem Stand 17 Millionen inklusive Referendum an.

RHEIN-RUHR

Konzepttitel: The Powerhouse of True Sports

Gesicht der Bewerbung: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst.

Rekord: NRW will sich nicht zuletzt beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) abheben durch mögliche Rekord-Besucherzahlen für Olympische Spiele, u.a. soll die 60.000 Zuschauer fassende Schalke-Arena zum Schwimmbad umfunktioniert werden.

Cologne? Es ist die Bewerbung einer ganzen Region (mit den Partnern Sachsen und Schleswig-Holstein) – allerdings gibt es neuerdings Bestrebungen, Köln als größte und international bekannteste Stadt zum Zentrum der Bewerbung zu machen, u.a. formuliert durch den neuen Kölner Oberbürgermeister und früheren DOSB-Vorstandsvorsitzenden Torsten Burmester sowie Nordrhein-Westfalens LSB-Chef Christoph Niessen.

Sonderweg: Einziges Konzept, das kein Olympiastadion vorsieht. Es soll eine Leichtathletikarena in Köln oder Essen geben, die nach den Spielen in ein Wohnviertel integriert werden soll.

Referendum? Weiter ist keine klare Entscheidung kommuniziert, ein „demokratisches Verfahren“ soll es laut Wüst aber geben.

Kosten? Keine konkreten Zahlen.

Wie geht es weiter? Nachdem alle vier Konzepte nach einer DOSB-Prüfung die „operativen Mindestanforderungen“ erfüllen, haben die vier Interessenten bis Juni 2026 Zeit für mögliche Referenden.

Was den Entscheidungsprozess angeht, gab es immer wieder „Anpassungen“, wie es der DOSB nennt. Nach derzeitigem Stand soll bei einer außerordentlichen DOSB-Mitgliederversammlung im Herbst 2026 der deutsche Bewerber für die Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044 gekürt werden. Eine Kampfabstimmung ist nach derzeitigem Stand möglich, der DOSB will laut seinem Vorstandsvorsitzenden Otto Fricke den Delegierten „keine Vorgaben“ machen, sondern eine „Dienstleistungshilfe“ in Form einer noch auszuarbeitenden Matrix an die Hand geben.

Den Gewinner schickt der DOSB beim Internationalen Olympischen Komitee ins Rennen. Gegen wen? Für 2036 ist die Zahl der ernsthaften Interessenten nach IOC-Angaben bereits deutlich zweistellig, auch auf 2040 wird ein Run erwartet. Beim DOSB lautet der Leitsatz: Bereit sein, wenn Europa beim IOC gefragt ist.