Böse Fouls und brutale Gewalt bei Fußballspielen von Jugendmannschaften sind keine Geschichten vom Hörensagen, sondern Realität in Deutschland. Um diese zu bekämpfen, ist zwar nicht jedes Mittel Recht, der nachstehende Fall aber doch bemerkenswert.
Ein junger Mann wurde auf dem Weg zum Führerschein in einer Weise mit seiner Vergangenheit konfrontiert, wie er es sich wohl nie hätte vorstellen können.
Jahre zuvor hatte ihn ein Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung zu 2 Wochen Dauerarrest (abwendbar nur durch Teilnahme an einem Anti-Aggressions-Training) verurteilt. Das Gericht hatte ein Verhalten des jungen Mannes als gefährliche Körperverletzung eingeordnet, weil er einem Vereinskameraden mit gestrecktem Bein und seinem stollenbewehrten Fuß von hinten in den Rücken getreten hatte. Dieser hatte dadurch Prellungen und Blutergüsse erlitten.
Der Vorfall hatte nicht während eines laufenden Fußballspiels stattgefunden. Vielmehr war der Jugendliche verärgert darüber, dass er nach Auseinandersetzungen mit Mitspielern von Trainern des Vereins dazu aufgefordert worden war, den Sportplatz zu verlassen.
Er hatte mithin aus nichtigem Anlass eine gefährliche Körperverletzung begangen.
Diese Jugendstrafe wurde ihm sechs Jahre später zum Verhängnis, als er seinen Führerschein machen wollte, und die zuständige Behörde die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B verweigerte. Die Erteilung einer Fahrerlaubnis setzt nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 StVG u.a. voraus, dass der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen „geeignet“ ist. Geeignet in diesem Sinne ist gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG iVm § 11 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) nur derjenige, der die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt. Konkretisierend bestimmt § 11 Abs. 1 Satz 3 FeV, dass ein Bewerber die vorgenannten Anforderungen insbesondere dann nicht erfüllt, wenn er erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen hat, so dass dadurch seine Eignung ausgeschlossen wird. Vorliegend stand die Nichteignung zwar nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, jedoch durfte gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV mangels Vorlage eines zu Recht geforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) auf die Nichteignung geschlossen werden.
Die Behörde hatte angeordnet, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Bei der gefährlichen Köperverletzung, die der Bewerber als Jugendlicher begangenen hatte, handelte es sich zwar nicht um eine im „Zusammenhang mit dem Straßenverkehr“ stehende Straftat iSd § 11 Abs. 3 Nr. 5 FeV, da jeder Bezug zum Straßenverkehr hierbei gefehlt hatte, wohl aber um eine erhebliche Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential bestehen.
Die von dem Bewerber sechs Jahre zuvor begangene gefährliche Körperverletzung bot hinreichend Anhaltspunkte für die Annahme eines hohen Aggressionspotentials.
Der Einwand des Bewerbers, dass bei ihm schon deshalb nicht von einem erhöhten Aggressionspotential ausgegangen werden könne, weil es sich bei der Anlasstat um eine Auseinandersetzung zwischen Kindern gehandelt habe und diese Tat bereits mehrere Jahre zurückliege, steht der Anordnung einer MPU nicht entgegen, da diese nicht ein bereits erwiesenes erhöhtes Aggressionspotential vorausetzt, sondern lediglich entsprechende Anhaltspunkte.
Auch besteht für die Jugendverfehlung kein Verwertungsverbot. Ein Verwertungsverbot ergibt sich gemäß § 63 Abs. 4 BundeszentralregisterG (BZRG) iVm § 51 BZRG erst dann, wenn die nach § 60 Abs. 1 BZRG vorzunehmenden Eintragungen in das Erziehungsregister getilgt worden sind bzw. zu tilgen sind. Dies kann jedoch gemäß § 63 Abs. 1 BZRG erst nach Vollendung des 24. Lebensjahres erfolgen. Da der Bewerber sein 24. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, stand das Verwertungsverbot einer Berücksichtigung seiner Vorstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung nicht entgegen.
Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 16.07.2013 – 14 K 3145/13 –