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November 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Köln (SID) Die Zeichen stehen auf Konfrontation: Immer mehr Politiker westlicher Länder verzichten auf einen Besuch der WM in Russland.

Kalter Krieg im WM-Sommer: Die politischen Spannungen zwischen Gastgeber Russland und der westlichen Welt laufen immer mehr auf einen WM-Boykott hinaus – zumindest auf dem diplomatischen Parkett. Nach Großbritannien kündigte Ende März auch Island entsprechende Maßnahmen an, weitere Länder wie Australien könnten bald folgen. Das Propagandapotenzial des Turniers für Russlands Staatspräsident Wladimir Putin soll so klein wie möglich gehalten werden.

Die deutsche Regierung um Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich – zumindest offiziell – noch nicht entschieden. Doch nach den neuesten Maßnahmen, bei denen über 20 Länder insgesamt mehr als 110 russische Diplomaten auswiesen, scheinen neuerliche Kabinenselfies der CDU-Politikerin mit dem Team von Bundestrainer Joachim Löw unwahrscheinlich.

In einer Mitte März durchgeführten Umfrage hatten sich in Deutschland 52 Prozent der Befragten gegen einen Boykott durch die DFB-Auswahl ausgesprochen. 42 Prozent forderten allerdings, dass deutsche Politiker auf Besuche bei WM-Spielen verzichten sollten.

Russland wird beschuldigt, im englischen Salisbury einen Anschlag mit militärischem Nervengift auf einen ehemaligen russischen Agenten ausgeführt zu haben. Der Kreml wies jede Verantwortung zurück. Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte, Moskau spiele bisher keine konstruktive Rolle bei der Aufklärung des Anschlags. Deutschland wies vier russische Diplomaten aus.

Inzwischen kündigten Großbritannien und WM-Neuling Island einen „diplomatischen Boykott“ an. „Zu den von Island ergriffenen Maßnahmen gehört die Aussetzung der bilateralen Gespräche auf höchster Ebene mit den russischen Behörden“, teilte das isländische Außenministerium mit: „Deswegen werden auch keine Verantwortlichen des Landes in diesem Sommer zur Fußball-WM nach Russland reisen.“

Für Verwirrung sorgte die australische Außenministerin Julie Bishop, die sich mit unklaren Aussagen zur WM geäußert hatte. „Es gibt eine Reihe von weiteren Maßnahmen, die getätigt werden können. Die WM ist eine davon“, sagte Bishop, nachdem das Land zwei russische Diplomaten ausgewiesen hatte. Wenig später stellte Bishop beim Kurznachrichtendienst Twitter klar, dass sie damit nicht gemeint habe, dass Australien einen sportlichen Boykott der WM in Erwägung ziehe. „Das ist falsch“, schrieb sie. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sich Australien an der diplomatischen Verweigerung beteiligt.

„Der australische Fußball-Verband respektiert die Verantwortung der Regierung in Bezug auf diplomatische und internationale Beziehungen“, teilte die FFA laut Fox Sports mit. Man habe eine „Klarstellung“ zu den Äußerungen der Ministerin erfragt: „Stand jetzt werden alle qualifizierten Teams, inklusive England, an der WM teilnehmen. Das bleibt auch unsere Intention.“

Bereits Mitte März hatte die britische Premierministerin Theresa May erklärt, dass weder britische Regierungsmitglieder noch Vertreter des Königshauses zur WM fahren. Außenminister Boris Johnson hatte die WM zudem mit den Propagandaspielen Adolf Hitlers 1936 in Berlin verglichen.

„Ich denke, dass der Vergleich mit 1936 durchaus richtig ist“, sagte Johnson und unterstützte damit einen britischen Parlamentarier, der Putin vorgeworfen hatte, „die WM auf ähnliche Art und Weise für seine Zwecken einzusetzen“, wie dies Hitler 1936 getan hatte.