Mailand/Hamburg (SID) Zusammen mit ihrem Partner Hans-Jürgen Bäumler bildete sie auf dem Eis in den sechziger Jahren das Traumpaar schlechthin. Am 24. März wurde Marika Kilius 75 Jahre alt.
Deckchen klöppeln und dabei auf den Tod warten – das ist nichts für Marika Kilius. Die Paarlauflegende weist lieber mit flotten Sprüchen auf ihren 75. Geburtstag am Samstag hin. „Die verbreitete Vorstellung, dass eine Frau in meinem Alter keinen Sex mehr hat, ist falsch. Bei mir wird die Erotik immer schöner“, sagte die in Zürich lebende Frankfurterin unverblümt der Illustrierten Bunte.
Und 48 Stunden vor der großen Feier am Wochenende drückte Kilius den deutschen Paarlauf-Olympiasiegern Aljona Savchenko und Bruno Massot bei den Weltmeisterschaften in Mailand live vor Ort die Daumen, zum ersten Mal überhaupt.
Denn eigentlich sieht man die ehemalige Paarlauf-Weltmeisterin nur noch sehr selten bei Eiskunstlauf-Veranstaltungen, selbst den deutschen Meisterschaften im Dezember in ihrer Heimatstadt blieb sie fern. Lediglich beim Ball des Sports und bei der Ehrung der Sportler des Jahres in Baden-Baden ist die Tochter eines Friseurs bis heute ein regelmäßiger Gast.
Aber wenn die Hessin, die mit ihrem Partner Hans-Jürgen Bäumler das Traumpaar der sechziger Jahre bildete, doch mal ein Bad in der Menge nimmt, ist die Begeisterung zahlreicher Verehrer und Autogrammsammler auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach ihren größten sportlichen Erfolgen immer noch ungebrochen.
„Wir sind halt ein Stück Nostalgie für die Leute, und wir wären dumm, wenn wir die Erinnerung der Menschen an uns selbst zerstören würden“, sagte Kilius, die als Immobilienmaklerin zu einem kleinen Vermögen gekommen ist. Eine Zeit lang promotete die mittlerweile dem Buddhismus zugewandte Großmutter zweier Enkeltöchter auch alkoholfreien Sekt und kosmetische Produkte – ganz die kühle Geschäftsfrau.
Selbst ein eher nüchterner Typ, setzte sie auf dem Eis an der Seite ihres Partners die Emotionen einer ganzen Nation frei. Fast wichtiger als die beiden WM-Titel 1963 und 1964 sowie die olympischen Silbermedaillen 1960 und 1964 war für das Wirtschaftswunderland aber stets die Frage nach dem privaten Verhältnis der beiden Athleten. Kilius rückblickend: „Wir haben uns eher als Geschwister gesehen.“
Die Beziehung auf dem Eis ging 1964 vom sportlichen in den künstlerischen Bereich über. Kilius/Bäumler liefen bei Eisrevuen, drehten zumeist läppische Filmchen („Die große Kür“) und trällerten deutsche Schlager („Wenn die Cowboys träumen“). Bis 1982 ging das so, dann kam der endgültige Abschied von der Eisshow. „Wir wollten uns nicht der Lächerlichkeit preisgeben“, erinnert sie sich an die letzten Auftritte.
Doch die Erinnerungen an lange TV-Abende vor dem schwarz-weiß flimmernden Fernsehgerät sind nicht verblasst. Heutzutage unvorstellbare 21 Millionen Deutsche verfolgten im heimischen Wohnzimmer den letzten offiziellen Wettkampf von Kilius/Bäumler, der 1964 in der Dortmunder Westfalenhalle mit dem zweiten WM-Titel und einem Triumph über die ewigen russischen Rivalen Ludmilla Belussowa und Oleg Protopopow endete.
Und immerhin 2000 Menschen füllten vor 19 Jahren das „Polarion“ von Bad Liebenzell, als die Kufensenioren ein allerletztes Mal einfach nur zwei Runden auf dem Eisoval drehten und lächelnd für die Fotografen posierten. Zweifel sind erlaubt, ob Savchenko/Massot ungeachtet ihres Olympiasieges und WM-Titels jemals eine derartige Popularität erreichen werden.