Frankfurt/Berlin (SID) Ornella Wahner bescherte dem Deutschen Boxsport-Verband (DBV) Ende November das erste Frauen-Gold der WM-Geschichte. Der Verband geht mit breiten Schultern in Gespräche über die weitere Förderung.
Als Ornella Wahner am 25. November nach acht Stunden Flug aus Neu Delhi in Frankfurt/Main landete, kam sie aus dem Staunen nicht heraus. Präsident Jürgen Kyas und Sportdirektor Michael Müller empfingen die frisch gebackene Box-Weltmeisterin am Ausgang im Terminal 3 mit Champagner. „Darauf müssen wir anstoßen“, sagte Kyas.
Wahner hatte am Tag zuvor im fernen Neu Delhi Großartiges geleistet. Die 25-Jährige gewann bei der Amateurbox-WM nach vier starken Vorkämpfen in der Klasse bis 57 kg auch ihr Finale gegen Lokalmatadorin Sonia Chahal (21) und bescherte dem Deutschen Boxsport-Verband (DBV) das erste Frauen-Gold in der 17-jährigen WM-Geschichte. Zwei Tage zuvor hatte Wahners Vorbild Nadine Apetz (32) vom SC Colonia 06 Bronze im Weltergewicht gewonnen.
„Der schönste Moment war, als ich die Nationalhymne gehört habe und danach meinen Mädels in die Arme gefallen bin“, sagte Wahner nach ihrem Triumph dem SID. Mit ihrem unbändigen Willen hatte die Dresdenerin der jungen Inderin in den drei Runden keine Chance gelassen und nach Punkten 4:1 gewonnen.
„Sie ist eine große Kämpferin“, sagt Bundestrainer Michael Timm über die Stärken seiner Boxerin, die nun auch bei Olympia 2020 „gute Chancen auf eine Medaille“ habe, wie der frühere Cheftrainer vom Hamburger Profistall Universum Box-Promotion meint.
Wahner holte das erste WM-Gold für den deutschen Verband seit 2009, als der heutige Profi Jack Culcay in Mailand triumphierte. Die Junioren-Weltmeisterin von 2011 freute sich nach dem Triumph auf ihre Familie, ihren Freund und eine ganz besondere Belohnung: Bratwürstchen mit Kartoffelbrei und Sauerkraut.
Für den DBV hätte der Erfolg zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Am 26. November hatte der Verband sein wichtiges Meilenstein-Gespräch mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) über die weitere Förderung. „Ich komme mit so breiten Schultern, da müssen sie in der DOSB–Zentrale die Türen verbreitern“, sagte Kyas.
In den letzten Jahren gab es für den Verband zwischen 850.000 und einer Million Euro. Damit konnte man keine großen Sprünge machen, bei den letzten beiden Olympischen Spielen blieb man ohne Medaille. „Wir haben höhere Beiträge eingefordert“, sagte Kyas.
Einen Volltreffer landete der DBV mit der Entscheidung, das Frauenboxen mehr zu fördern. Vor der WM gab es bessere Trainingslager, etwa in Kienbaum bei Berlin. „Die Frauen haben die Männer überholt“, sagte Kyas.
Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) setzt im Zuge seiner Gender-Politik verstärkt auf das Frauenboxen und hat zwei neue Gewichtsklassen ins Programm für Tokio 2020 genommen. Es sind genau jene Klassen, in denen der DBV in Neu Delhi Medaillen holte. „Das passt wunderbar“, sagte Kyas, der jüngst ins Exekutiv-Komitee des zuletzt heftig in die Kritik geratenen internationalen Verbandes AIBA gewählt worden war.
Dass der anhaltende Streit zwischen AIBA und IOC um den umstrittenen AIBA-Präsidenten Gafur Rachimow dazu führen könnte, dass Boxen aus dem Olympia-Programm fliegt, glaubt Kyas nicht. „Das wird nicht passieren“, sagt der Osnabrücker vor der Exekutiv-Sitzung des IOC in Lausanne Anfang Dezember, auf der das Problemthema Boxen besprochen wird.