Endlich ist es soweit: Pünktlich vor den Weihnachtsfeiertagen zeigten sich die Berge puderzuckerweiß. Jetzt also nichts wie raus in die Natur und die freien Tage für die ersten Skiabfahrten nutzen. Was dabei oberste Priorität hat? Unbeschwert und unversehrt die Hänge hinunterkommen. Im Interview verrät uns DSV-Sicherheitsexperte Andreas König, was jeder Wintersportler selbst tun kann, um Skiunglücke zu vermeiden und damit maximalen Skispaß zu genießen.
Hand aufs Herz – wie gefährlich ist Skifahren denn überhaupt?
Andreas König: „In den letzten 30 Jahren ist die Anzahl von Skiunglücken um über 57 Prozent zurückgegangen. Das Sicherheitsbewusstsein in der Gesellschaft ist deutlich gestiegen. 70 bis 80 Prozent der Erwachsenen und 99 Prozent der Kinder tragen beim Skifahren einen Helm. Vor einigen Jahren waren diese Zahlen noch deutlich geringer. Darüber hinaus hat sich auch beim Material, der Pistenpräparierung und der Skitechnik einiges getan. In der vergangenen Saison konnte zwar ein leichter Anstieg der Verletztenzahlen (+3%) verzeichnet werden, das kann aber auch auf den schneereichen Winter 2017/18 und die große Anzahl an Skitagen zurückgeführt werden. Gleichzeitig sind die Pisten durch den Ausbau und die Verbesserung der Liftanlagen voller geworden. Es passieren also, gemessen an der Gesamtzahl der Skisportler, wenig schwere Skiunglücke.“
Was kann ich als Wintersportler tun, um sicher Ski zu fahren und Unfälle zu vermeiden?
Andreas König: „Drei Hauptkomponenten sind ausschlaggebend für die Sicherheit im Skisport: eine körperliche Grundfitness, das eigene Verhalten am Skitag sowie die Materialkontrolle. Die eigene Fitness ist Voraussetzung, um sicher Skifahren zu können. Dazu zählen neben einem gesunden Herz-Kreislaufsystem auch eine ausreichende Kraft und Kondition, um die Schwünge sauber und sicher setzen zu können. Da Skifahren in der Höhe stattfindet, wirkt allein durch den geringeren Sauerstoffanteil in der Luft schon eine außergewöhnliche Belastung auf den Körper.
Für all diejenigen, die es trotz bester Vorhaben nicht zur regelmäßigen Skigymnastik geschafft haben, hat DSV aktiv eine Last-Minute-Skigymnastik-App entwickelt. Zwar kann das versäumte Training nicht nachgeholt werden, aber gerade untrainierte Skifahrer profitieren auch von einer kurzfristigen Vorbereitung. Die App „Last Minute SkiGym“ beinhaltet Übungen zur direkten Vorbereitung auf den Skiurlaub sowie Dehn- und Mobilisierungsübungen, die während des Urlaubs im Hotelzimmer absolviert werden können sowie Fitnesstipps für den Alltag. Sie kann kostenlos im Apple App-Store und im Google Play-Store heruntergeladen werden.“
Wie kann ich das Risiko durch mein eigenes Verhalten positiv beeinflussen?
Andreas König: „Bevor es überhaupt auf die Piste geht, muss ich mein Herz-Kreislaufsystem richtig in Schwung bringen. Ob das durch Aufwärmübungen oder langsames Einfahren geschieht, ist jedem selbst überlassen. Wichtig ist jedoch, für das Einfahren leichte Pisten zu wählen und zunächst mit geringer Geschwindigkeit und vielen Pausen zu fahren. Generell sollten wir uns auf der Piste immer so verhalten, dass keine anderen Skifahrer gefährdet werden und wir auch für andere keine Gefahr darstellen. Das heißt: Rücksicht auf langsamere Skisportler nehmen und nicht mitten auf der Piste, in Engstellen oder hinter Kuppen und Kurven anhalten. Diese Grundregeln finden sich auch in den FIS-Verhaltensregeln wieder, die jeder Skifahrer kennen und achten sollte. Letztendlich ist es auch wichtig, auf die inneren Signale zu hören. Wenn etwa die Oberschenkel schmerzen, muss ich eine Pause einlegen oder den Skitag auch mal früher beenden.“
Eine gute Sicherheitsbindung kann vor Verletzungen schützen. Worauf kommt es bei der Materialkontrolle an?
Andreas König: „Jeder Wintersportler sollte seine Ausrüstung mindestens einmal jährlich zum Sportfachhändler bringen und kontrollieren lassen. Zu einem guten Service gehört dort neben dem Wachsen und Kantenschleifen auch der obligatorische Bindungscheck. Nur eine korrekt und individuell eingestellte Bindung kann beim Sturz auslösen und vor Verletzungen schützen. Gewachste Ski lassen sich außerdem leichter drehen, das Fahren kostet somit weniger Kraft. Scharfe Kanten sorgen für einen besseren Halt auf glattem Untergrund. Das erhöht das Sicherheitsgefühl. Am besten noch vor dem Skiurlaub kontrollieren lassen, ob Ski, Stöcke, Schuhe, Brille, Protektoren und Helm in einem einwandfreien Zustand sind.“
Wie erkenne ich denn, ob mein Helm seine Schutzfunktion noch erfüllt oder möglicherweise ersetzt werden muss?
Andreas König: „Ein Helm gewährleistet, dass die Sturzenergie bei einem Aufprall möglichst auf eine große Fläche verteilt wird und nicht konzentriert auf den Kopf einwirkt. Dafür sorgt hochwertiges Dämmmaterial in der Schale. Bei einem Sturz, bei dem hohe Kräfte auf den Helm wirken, kann sich die Stoßdämpfung verformen oder sogar brechen. Wenn eine äußere Einwirkung sichtbar ist, etwa durch Risse oder Dellen, muss der Helm auf alle Fälle ausgetauscht werden. Wenn ich gestürzt und mit dem Helm aufgeprallt bin, sollte ich diesen im Sportfachhandel kontrollieren lassen, um sicher zu gehen, dass er nichts von seiner Schutzfunktion eingebüßt hat. Übrigens: Auch eine optimale Sicht ist ausschlaggebend für die Sicherheit im Skisport. Nur wenn ich optimal sehe, kann ich Situationen richtig einschätzen. Viele Unfälle passieren aufgrund von Wahrnehmungsfehlern und einer falschen Einschätzung der Situation. Eine beschädigte Brille mit Kratzern oder ein Modell, das schnell beschlägt, sollte unbedingt ersetzt werden.“
Macht es Sinn, neben dem Helm auch weitere Protektoren zu tragen?
Andreas König: „Alles was schützt, macht zunächst einmal Sinn. Ich bin jedoch kein Fan vom „Wettrüsten“. Jeder sollte selbst entscheiden, ob er einen Rückenprotektor tragen möchte oder nicht. Für Tiefschnee-Liebhaber, die gerne abseits der Piste unterwegs sind, ist das sicher zu empfehlen! Ebenso für Skisportler, die viel und aktiv in Funparks fahren.“
Der Winter hat in diesem Jahr erst verspätet eingesetzt. Welche Sicherheitshinweise muss ich beachten, wenn ich bei geringer Schneehöhe unterwegs bin?
Andreas König: „Liegt wenig Schnee im Gebiet, können Felsen oder Baumstümpfe, von denen normalerweise keine Gefahr ausgeht, brandgefährlich werden. Sie sind aufgrund der dünnen Schneeschicht leicht zu übersehen, werden aber von der geringen Schneehöhe nicht ausreichend geschützt. Generell sollten Freerider und Tiefschneefahrer vor dem Skiausflug immer den Lawinenlagebericht studieren und die Informationen zur Schnee- und Lawinensituation auf den Infotafeln im Skigebiet und an den Kassen beachten. Wenn die Lawinenwarnleuchte blickt – in deutschen Skigebieten ab Lawinenstufe 3 – sollten Wintersportler die präparierten Pisten nicht mehr verlassen! Bei geringerer Schneehöhe können einige Skipisten gesperrt sein. Pistensperrungen sollten unbedingt geachtet werden, da auch hier versteckte Gefahrenstellen zu unnötigen Risiken werden können.“
Inwieweit ist der Abschluss einer Skiversicherung sinnvoll?
Andreas König: „Eine Skiversicherung hat viele Vorteile. So gut die skifahrerischen Fähigkeiten auch sind, ein Unglück ist schließlich nie ganz auszuschließen. Jeder Skifahrer sollte sich entsprechend absichern. Eine DSV-Skiversicherung kostet ab 30 Euro im Jahr. Sie deckt unter anderem Schäden an Ski und Snowboard, Diebstahl der Ausrüstung sowie den Krankentransport ab. Gerade ein Hubschraubereinsatz ist für Verunglückte mit hohen Kosten verbunden. Diese übernimmt die Krankenkasse unter Umständen nicht. Dann hilft eine Versicherung, die auch die Verletztenbergung beinhaltet. Am wichtigsten ist schließlich eine schnelle medizinische Versorgung.“
TIPP DES TAGES
Helme, die älter als acht Jahre sind, sind generell zu erneuern. Denn nach acht Jahren erlischt die von Herstellern garantierte Schutzfunktion.
Quelle: www.ski-online.de