São Paulo (SID) Sebastian Vettel verabschiedet sich nach einer überragenden Saison in den wohlverdienten Urlaub. Gedanken an die nächste Saison will der Weltmeister im Moment noch nicht verschwenden. Schon am Tag nach seiner neuerlichen Rekordfahrt hatte er die erfolgreichste Saison seiner Karriere ganz weit hinter sich gelassen. „Ich habe jetzt viel Zeit zum Relaxen. Ich freue mich auf den Winter, auf die Pause, auf zu Hause und auf den Urlaub“, sagte der überlegene Formel-1-Weltmeister in São Paulo.
All das hat sich der Dominator redlich verdient. Nach 13 Saisonsiegen, davon neun in Serie, einer Vielzahl an Bestmarken und unglaublichen 155 Punkten Vorsprung in der WM-Wertung übertraf sich der Heppenheimer auf dem Weg zu seinem vierten WM-Titel selbst.
Realisiert hat der 26-Jährige das alles freilich noch nicht, Abstand sei dazu nötig. Stattdessen plagen den Überflieger ganz andere Sorgen. „Erst mal hoffe ich, dass ich nicht krank werde, wenn der Stress abfällt, passiert das leicht“, sagte Vettel, der außerdem „nicht so viel Speck anfressen“ will: „Weil nächstes Jahr könnte das Gewicht dann doch kritisch sein.“
Einen gesunden Appetit bescheinigte auch die internationale Presse dem Heppenheimer. „Vettel macht Webber kein Geschenk zum Abschluss seiner Karriere, was in der Natur des Menschenfressers Sebastian liegt“, schrieb der Corriere dello Sport, und Repubblica meinte: „13 Mal Vettel, der wahre Erbe Schumis. Er gewinnt mehr als die gefährlichsten Menschenfresser. Vettel ist genau wie sein Meister Schumacher, er ist nie satt, er würde am liebsten alles essen.“ Die spanische As glaubt, dass bei Vettel und Vize-Weltmeister Fernando Alonso „der eine nur an den anderen denkt: Beide schauen bereits auf Australien 2014“.
Doch die Gedanken an die nächste Saison sind weit weg. Der jüngste Vierfach-Weltmeister der Geschichte freut sich auf die ansonsten viel zu rare Zeit mit Freundin Hanna zu Hause in der Schweiz, und auf Distanz vom Trubel in der Königsklasse. „Es war eine lange Saison, und es war ein hartes Jahr“, sagte Vettel, der angesichts seiner Siegesserie wohl gerne noch ein paar Rennen gefahren wäre: „Seit der Sommerpause jedes Rennen gewonnen zu haben, ist einfach unglaublich.“
Und trotzdem braucht er mindestens genauso viel Ruhe für sich selbst wie die chancenlose Konkurrenz vor ihm. „Auch wenn es von außen so leicht aussieht, dass alles flutscht, ist harte Arbeit“, sagte Vettel. Dass er den Rekord von Michael Schumacher für die meisten Siege in einer Saison (13) durch seinen finalen Triumph in Brasilien eingestellt hat und außerdem die meisten Triumphe in Serie überhaupt in einem Jahr (9) feierte, konnte der Hesse noch nicht so recht begreifen: „Es ist unheimlich schwer, zum Ausdruck zu bringen, was das alles bedeutet. Es wird seine Zeit brauchen, das alles zu verstehen. Manche Bestmarken waren für die Ewigkeit gedacht.“
Natürlich wurde bei Red Bull in Brasilien nach dem Saisonfinale noch gefeiert, bevor sich das Team in alle Winde verstreute. Letztmalig war auch Mark Webber dabei. Der von Vettel in den vergangenen fünf Jahren wenig lieb gewonnene Australier bekam noch ein paar warme Worte mit auf den Weg („Ich konnte viel von ihm lernen“), dann war auch dieses Kapitel beendet. 2014 fährt Daniel Ricciardo (24) neben Vettel, mit dem jungen Australier dürfte es deutlich weniger Probleme geben als mit dem Routinier Webber.
Bis Dezember will Vettel jetzt ausspannen und hat nach eigener Aussage nur einen Punkt auf seiner To-do-Liste: „Nichts.“ Er freue sich auf die „besinnliche Weihnachtszeit“, ehe es im Januar mit der Vorbereitung im Auto losgeht. „Vielleicht fangen wir im Januar eine Woche früher an, um die Tests vorzubereiten“, sagte Vettel: „Aber man kann auch nicht so viel vorbereiten, denn man muss auf den ersten Tag auf der Strecke warten.“
Grund dafür sind die umfangreichen Regeländerungen. Von den Motoren über die Aerodynamik wird sich bis zur erlaubten Menge des Benzins in der Königsklasse viel ändern, Red Bull tüftelt schon seit Monaten am Nachfolger der „Hungry Heidi“, auch im nächsten Jahr soll mit dem „RB10““ das schnellste Auto auf den Strecken dieser Welt stehen.
Ob es dann mit dem zehnten Sieg in Folge weitergeht oder plötzlich andere die Nase vorne haben? „Niemand erwartet, dass es so weitergeht“, sagte Vettel. Kein Wunder, denn warum sollte er sich schon jetzt unter Druck setzen? Doch wer Vettels Ehrgeiz kennt, der weiß, dass er nichts lieber tun würde, als die Konkurrenz auch weiterhin „aufzufressen“.