Köln (SID) Elf Jahre musste Tiger Woods auf einen Major-Triumph warten, dann siegte er im April 2019 furios beim US Masters. Der SID hat zehn Geschichten prominenter Rückkehrer im Sport zusammengestellt.
Tiger Woods (Golf): Im Dezember 2017 war Woods ganz unten angekommen: Monatelang hatte der Golf-Superstar nicht mehr gespielt, in der Weltrangliste wurde er nur noch auf Rang 1199 geführt. „Ich konnte kaum laufen, nicht schlafen. Ich konnte nichts tun“, sagte er später über seine Leidenszeit – vor allem der Rücken machte Probleme. Doch Woods gab nie auf, kämpfte sich zurück, auch wenn viele Beobachter ihm den ganz großen Wurf nicht mehr zutrauten. Am 14. April gewann er beim US Masters das 15. Major-Turnier seiner Karriere – elf Jahre nach der Nummer 14.
Muhammad Ali (Boxen): Ali war der Größte – und beendete seine Box-Karriere als gebrochener Mann. 1967 musste der gebürtige Cassius Clay zwangsweise erstmals seine Karriere ruhen lassen und als Wehrdienstverweigerer seinen WM-Titel abgeben. 1970 durfte Ali sein Comeback feiern, wurde Weltmeister, der „Rumble in the Jungle“ gegen George Foreman und die Kämpfe gegen Joe Frazier gingen in die Geschichte ein. Mit der Niederlage gegen Leon Spinks 1978 sank sein Stern, Ende des Jahres erklärte er seinen Rücktritt, erste Zeichen seiner Parkinson-Erkrankung machten sich bemerkbar. 1980 kam der 2016 verstorbene Ali dennoch ein drittes Mal zurück, in verheerendem Zustand: Aus dem schnellsten Schwergewichtler war ein tapsiger Bär geworden. Die Niederlagen gegen Larry Holmes und Trevor Berbick kratzten am Mythos Ali – zerstören konnten sie ihn nicht.
Michael Schumacher (Formel 1): Knapp drei Jahre hielt es der Rekordweltmeister als Königsklassen-Rentner aus. Als auch gelegentliche Renneinsätze auf dem Motorrad keine Befriedigung mehr brachten, zog es den Kerpener ins Kerngeschäft zurück. Im Juli 2009 verhinderte noch das Veto der Ärzte einen Einsatz als Ferrari-Ersatzfahrer für den verunfallten Felipe Massa. Fünf Monate später unterschrieb Schumacher dann für drei Jahre bei Mercedes, doch das Denkmal bröckelte: WM-Plätze acht, neun und 13, ein einziges Rennen auf dem Podium.
Michael Jordan (Basketball): Auf dem Höhepunkt seines Schaffens verabschiedete sich „His Airness“ 1993 nach drei NBA-Titeln in Serie von den Chicago Bulls. Jordan, damals 30, wechselte die Sportart – in Gedenken an seinen kurz zuvor ermordeten Vater James Jordan– und unterschrieb beim Baseball-Klub Chicago White Sox. Zwei Jahre bemühte er sich vergeblich um einen Platz im MLB-Team der Sox, es blieb aber bei eher kläglichen Auftritten in den Farm-Teams Birmingham Barons und Scottsdale Scorpions. Am 18. März verkündete Jordan mit einer zwei Worte langen Presseerklärung („I’m back“) seine Rückkehr zu den Bulls und wurde noch dreimal Meister. Als der Start der Saison 1998/99 wegen des Lockouts ausfiel, trat Jordan erneut zurück. „Zu 99,9 Prozent bin ich mir sicher, dass ich nie mehr ein NBA-Spiel bestreiten werde“, sagte Jordan. Es wurden noch 142 – für die Washington Wizards von 2001 bis 2003.
Katarina Witt (Eiskunstlauf): Zweimal wurde das „schönste Gesicht des Sozialismus“ Olympiasiegerin, viermal Weltmeisterin. 1988 trat Witt zurück, sechs Jahre später feierte sie ihr Comeback. Die Eis-Diva lief bei den Spielen in Lillehammer zu den Klängen des Hildegard Knef-Evergreens „Sag‘ mir wo die Blumen sind“. Doch der Sport hatte sich ohne die Witt weiterentwickelt: Es reichte nur noch zu Platz sieben.
Lance Armstrong (Radsport): Mit seiner Rückkehr in der Radsportzirkus 1998 nach anderthalbjähriger Pause wegen einer Krebserkrankung und den folgenden sieben Tour-Siegen erschuf der Texaner einen Mythos, auf den er sich zeit seiner Karriere berief, der aber spätestens mit der Enttarnung als einer der skrupellosesten Doping-Betrüger im Herbst 2012 zu Staub zerfiel. 2005 hatte Armstrong seinen Rücktritt erklärt, vier Jahre später meldete er sich zurück und fuhr noch zweimal die Tour de France. Zum achten und neunten Mal wollte er gewinnen – heute besitzt er keinen einzigen Tour-Titel mehr.
Björn Borg (Tennis): Mit 25 Jahren hatte der Schwede fünfmal Wimbledon und viermal die French Open gewonnen – und die Motivation verloren. 1982 und 1983 spielte Borg jeweils nur das Turnier in Monte Carlo, erklärte danach sein Karriereende, nur um 1984 in Stuttgart anzutreten. Das Kurz-Comeback endete mit einem 3:6, 1:6 gegen Henri Leconte. 1991 nahm Borg einen neuen Anlauf. Der fast 35-Jährige gab ein Mitleid erregendes Bild ab, war ein chancenloses Fossil aus einer anderen Tennis-Epoche. Nach zweieinhalb Jahren und zwölf Erstrunden-Pleiten bei ebenso vielen Turnierstarts war der Spuk vorbei.
Greg Lemond (Radsport): Im April 1987 war LeMond so gut wie tot. Bei einem Jagdunfall wurde der Amerikaner, der ein Jahr zuvor die Tour de France gewonnen hatte, von seinem Schwager lebensgefährlich verletzt, mehr als 60 Schrotkugeln landeten in seinem Körper. 1989 kehrte er zur Tour zurück, noch immer mit zahlreiche Kugeln im Rücken – und gewann nach einem dramatischen Duell mit acht Sekunden Vorsprung auf den Franzosen Laurent Fignon. 1990 folgte LeMonds dritter und letzter Triumph auf der Großen Schleife.
Monica Seles (Tennis): Seles eroberte 1991 als bis dahin jüngste Tennis-Spielerin der Geschichte Platz eins der Weltrangliste, die jahrelange Dominanz von Steffi Graf bröckelte. Dann kam der 30. April 1993. Auf dem Center Court in Hamburg wird Seles von einem verwirrten Graf-Fan niedergestochen. Es ist der Tag, der ihre „Seele beschädigte“, wie Seles später in ihrer Biographie schrieb. Seles‘ äußerliche Wunde heilte schnell, und dennoch dauert es Jahre, ehe die einst zähe Kämpferin auf den Tennisplatz zurückkehrte. Zwar feierte sie 1996 bei den Australian Open einen weiteren Grand-Slam-Sieg, doch sie hatte mit einer Essstörung zu kämpfen, ehe sie 2008 ihre Laufbahn endgültig beendete.
Niki Lauda (Formel 1): Eine Karriere, die einfach verfilmt werden musste: Der Österreicher kam 1976 ein Jahr nach seinem ersten WM-Titel im Feuer-Inferno auf dem Nürburgring nur knapp mit dem Leben davon, blieb von schweren Verbrennungen gezeichnet. Nur 42 Tage später feierte der Ferrari-Pilot in Monza sein Comeback, wurde 1977 erneut Weltmeister. Zwei Jahre später trat Lauda zurück, um sich seiner Fluglinie zu widmen. 1982 holte ihn McLaren aus dem sportlichen Ruhestand, 1984 gewann Lauda ein drittes Mal die WM-Krone.