Paris/Köln (SID) Für die Doppelspezialisten Andreas Mies und Kevin Krawietz ist es der „krönende Abschluss“ eines unglaublichen Tennisjahres: In London messen sie sich mit den Besten der Welt, ehe in Madrid ein Kindheitstraum in Erfüllung geht.
Es ist erst zwölf Monate her, doch manchmal fühlt es sich für Andreas Mies an wie ein anderes Tennisleben. Im Herbst 2018 mühten sich er und Kevin Krawietz in Eckental für ein paar Weltranglistenpunkte ab, heute heißen die Reiseziele Paris, London und Madrid. „Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich auch manchmal bei dem Gedanken erwische: Wahnsinn, was dieses Jahr alles passiert ist!“, sagt Mies im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID).
Schneller als das deutsche Spitzendoppel hat noch niemand den Sprung aus der mittelfränkischen Provinz in die große, weite Tenniswelt geschafft. Krawietz (27) nannte die Entwicklung in der Süddeutschen Zeitung „unbeschreiblich“, für Mies (29) ist es „unglaublich“. Die Superlative sind den beiden schon lange ausgegangen, dabei wartet der „krönende Abschluss“ erst.
Nach dem Masters in Paris, der Stadt, in der ihnen bei den French Open Anfang Juni der ganz große Coup gelang, geht es für Mies und Krawietz weiter nach London zum Saisonfinale der besten acht Teams in die gigantische o2-Arena. „Das ist ein Highlight. Und dann erfüllen wir uns unseren Kindheitstraum mit dem Davis Cup. Einen besseren Jahresabschluss gibt es nicht“, sagt Mies.
Teamkapitän Michael Kohlmann, einst selbst ein begnadeter Doppelspieler, aber weit weniger erfolgreich als seine Schützlinge, hat das Duo für die Premiere des Finalturniers in Madrid in seinen Kader berufen. „Ich habe von klein auf Davis Cup geschaut, Becker, Stich, Kohlmann“, sagt Krawietz, „dann ruft Kohlmann an und nominiert einen. Das zeigt, dass wir kein One-Hit-Wonder waren.“
Befürchtungen, schnell wieder in der Versenkung zu verschwinden, hatten Mies und Krawietz selbst nie. „So ein Grand-Slam-Sieg gibt dir natürlich sehr viel Selbstvertrauen. Wenn du dann noch irgendwo an dir zweifelst, dann hast du sie nicht mehr alle“, sagt Mies: „Wir glauben daran, dass wir im Tennis alles erreichen können.“ Bewiesen haben sie es allemal.
Dabei lief in der Saison 2019 nicht einmal alles glatt, sie war eher ein ständiges „Auf und Ab, so wie jedes Jahr, nur eben auf einem anderen Niveau“, sagt Mies. Im Februar gewannen sie in New York ihren ersten Titel auf der ATP-Tour – und kassierten anschließend zwei Erstrundenniederlagen. Immer wieder mussten sie den Umweg über die zweitklassige Challenger-Tour gehen, ehe sich nach dem Titel in Roland Garros alles veränderte. Zurück in Paris haben sie beim laufenden Masters das Viertelfinale erreicht.
Es dauerte eine Weile, bis sich der Rheinländer Mies und der Franke Krawietz mit dem Rampenlicht anfreundeten. Sechs Auftaktpleiten später erreichten sie das Halbfinale der US Open, im Oktober gewannen sie in Antwerpen ihren nächsten Titel, in London und Madrid folgen die nächsten Stufen ihres rasanten Aufstiegs, der dort allerdings noch lange nicht enden soll.
„Wir müssen schauen, dass wir die Unbekümmertheit und den Spaßfaktor in den Matches, der bei uns ganz weit oben steht, beibehalten“, sagt Mies. Änderungen soll es nur punktuell geben, die guten Freunde wollen „clever handeln. Es kommen ein paar Euro rein – und da muss man investieren“, sagt Krawietz. Für den Flug nach Australien zu Beginn der neuen Saison gönnen sich beide ein Business-Ticket, im kommenden Jahr wohl auch einen Fitnesstrainer für 15 Wochen. Von so viel Luxus hatten beide vor einem Jahr in Eckental nur geträumt.