Garmisch-Partenkirchen (SID) Mit dem Abfahrtssieg auf der Kandahar sorgt Thomas Dreßen in seiner Comebacksaison erneut für Erstaunen. Der 26-Jährige wächst immer mehr in die Rolle des neuen deutschen Zugpferds hinein.
Thomas Dreßen war ziemlich baff. Als ihn sein Idol Markus Wasmeier nach dem Coup in Garmisch zur Ski-Legende in spe erhob, hinterließ dies beim sonst so coolen 26-Jährigen gehörigen Eindruck. „Er is‘ scho‘ a wilder Hund, er löst mich in allem ab“, sagte der populärste deutsche Skirennläufer früherer Tage lächelnd über den neuen König der Kandahar und umarmte Dreßen freundschaftlich. Und Olympiasieger, wie er es geworden sei, das schaffe der beste deutsche Abfahrer schon auch noch irgendwann, meinte Wasmeier.
Dreßens Sieg auf dessen Hausstrecke 28 Jahre nach Wasmeiers Triumph fand DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier „fast kitschig“ – und in der Tat verlief dieser Samstag filmreif. Das Wetter hätte nicht besser sein können, die sonst oft verschmähte Startnummer 1 war ein Glücksgriff und der Kitzbühel-Sieger von 2018 erwischte einen Sahnetag. „So ganz checke ich das noch nicht“, bekannte Dreßen, der allein vor der Feier mit all den Freunden und Verwandten in seiner Mittenwalder Heimat etwas Bammel hatte. „Das wird richtig teuer für mich“, sagte er lachend.
Dreßens Leistung war umso beeindruckender, weil er sich a) nach wie vor in der Comebacksaison nach einem Knie-Totalschaden befindet und keiner von ihm sofort wieder Siege erwartet hatte und weil b) die „Watschn“ von der Streif nur eine Woche zurücklag und er die Kitzbühel-Enttäuschung wegsteckte wie ein Champion. „Ich war zu verkrampft“, sagte Dreßen rückblickend – und er bekämpfte diesen Zustand mit einem einfachen Rezept: „Zurück zu den Wurzeln“.
Alles nicht so wichtig nehmen, Spaß haben, „das Ganze genießen“, darauf besann sich der Lokalmatador und fand sein bestechendes Skigefühl wieder. Und dabei, daran sei erinnert, glänzt sein Talent in einem Aufbauwinter, der ihn erst Stück für Stück wieder an das Top-Niveau heranführen sollte. Aber Dreßen überholte sich quasi selbst. „Es ist eh bis jetzt schon eine Wahnsinns-Saison gewesen mit dem Sieg und zwei Podiums“, sagte er, „dass da jetzt noch ein Sieg dazu kommt …“
Der erste deutsche Kandahar-Triumph seit 1992 kam auch der Garmischer Bewerbung für die alpine Ski-WM 2025 gelegen, das Zugpferd Dreßen taugt so als gewichtiges Argument – auch wenn die Aussicht, sich im Mai gegen den Kontrahenten Saalbach-Hinterglemm durchzusetzen, nicht allzu günstig ist. Dreßen wäre bei einer Heim-WM in fünf Jahren 31, für einen Abfahrer vielleicht das beste Alter.
Im Windschatten des neuen alpinen Zugpferds Dreßen, der sportlich bald eine ähnliche Rolle wie viele Jahre der zurückgetretene Felix Neureuther einnehmen könnte, hat sich längst auch ein starkes Team formiert, an sechs deutsche Abfahrer unter den Top-25 konnte sich Sportchef Maier nicht erinnern. Josef Ferstl (31) gehört zu dieser starken Mannschaft und sagte über Dreßen: „Er ist wirklich der Mann für die Zukunft. Ich hoffe, wir können ihn noch lange begleiten und zusammen feiern.“
Denn der Spitzenfahrer Dreßen dürfte, wenn er denn gesund bleibt, in den nächsten Jahren einige weitere große Trophäen einheimsen. Wer daran zweifelt, sollte einfach Markus Wasmeier fragen. „Mit Thomas werden wir noch viel Freude haben, er ist ein richtig Großer“, sagte „Wasi“ dem Münchner Merkur.