Mönchengladbach (SID) Vor 50 Jahren wurde Borussia Mönchengladbach erstmals deutscher Meister. Das 4:3 gegen den HSV war Grundlage für die Goldenen 1970er.
Am Abend des 30. April 1970 klingelte bei der Polizei Mönchengladbach in 90 Minuten exakt 97-mal das Notfalltelefon. „Wie steht das Spiel gegen den HSV?“, wollten sämtliche Anrufer wissen, so behauptet es zumindest Günter Netzers Biographie „Rebell am Ball“. Immerhin stand Denkwürdiges bevor: Ein Sieg gegen Hamburg, und die von Hennes Weisweiler geformte und Netzer dirigierte Borussia wäre erstmals deutscher Meister.
Die Beamten bekamen viel zu tun: Nach dem schnellen 4:0 gab Geschäftsführer Helmut Grashoff heimlich grünes Licht für die Meisterfeier im Parkhotel, doch plötzlich hieß es 4:3. „Dann endlich der Schlusspfiff“, schrieb der 1997 verstorbene Grashoff später in seinen Memoiren: „Wir sind Meister, liegen uns in den Armen und schämen uns nicht unserer Freudentränen.“
Mit Spielende läuteten um 21.46 Uhr in den benachbarten Kirchen die Glocken, das kleine Mönchengladbach war endgültig auf der deutschen Fußball-Landkarte angekommen. „Hinein in den Fußballhimmel“ hat Grashoff das Kapitel über jenen Donnerstag vor 50 Jahren überschrieben. In jenem Himmel blieb die Borussia ein Jahrzehnt lang: Bis 1979 folgten vier weitere Meisterschaften, ein DFB-Pokal und zwei Triumphe im UEFA-Cup.
Kein Wunder also, dass in Borussias Vereinsmuseum direkt neben dem Stadion die Sonderausstellung „Weisweilers Meisterstück“ über die Saison 1969/70 längst vorbereitet ist. Eine Eröffnung mit all den Größen von damals, ob nun Netzer, Wolfgang Kleff, Berti Vogts, Hacki Wimmer oder Herbert Laumen, ist wegen der Coronakrise jedoch nicht möglich.
Sie alle hätten noch einmal schwärmen können von jener Saison. „Entweder es gibt den Titel – oder ich bin weg“, hatte Weisweiler vor Beginn gesagt und mit Luggi Müller und Klaus-Dieter Sieloff die benötigte Verstärkung für die Abwehr geholt.
Der Plan ging auf: Die offensiv ohnehin furiosen Fohlen ließen sich weder von der Auftaktniederlage gegen Schalke noch dem strengen Winter oder gar den drei Pleiten am Stück kurz vor dem Ziel stoppen. Am 30. April war der Titelgewinn perfekt.
„Die erste Meisterschaft war der Grundstein für alles, was danach gekommen ist. Ohne diesen Tag wäre der Klub nicht das, was er ist“, sagt der inzwischen 75 Jahre alte Netzer. Wie passend, dass die aktuelle Borussia einem Meistercoup so nahe ist wie seit Jahrzehnten nicht. In der Hinrunde führte das Team von Marco Rose sogar lange die Tabelle an, derzeit beträgt der Rückstand auf Spitzenreiter Bayern München „nur“ sechs Punkte.
Ein erneuter Titel dürfte jedenfalls für manch kuriose Geschichte sorgen. So wie 1970, als wegen der anstehenden Zusammenführung mit dem Nachbarn Rheydt über einen neuen Namen für die Stadt Mönchengladbach nachgedacht wurde. Nach dem 30. April lag ein neuer Vorschlag auf dem Tisch: „Meisterstadt“. Der Zuschlag blieb aber aus…