sid

Dezember 2024

ARAG

„Stell Dir vor: Neulich hat einer geschossen und die Sau falsch getroffen. Daraufhin hat sie eine wahnsinnige Wucht bekommen – und ist einem anderen an die Schläfe geknallt.“

Was hier erzählt wird, ist keine Szene aus einem Schlachthof-Krimi: Es handelt sich um einen Versicherungsfall im Boule-Verein.

Was ist das, Boule?

Boule oder Pétanque ist ein Sport, der von Menschen jeden Alters betrieben werden kann, auch von solchen, die körperlich oder geistig beeinträchtigt sind. Die Regeln sind einfach und verständlich. Besondere Kraft ist nicht nötig, das Zubehör ist nicht teuer und ein Platz zum Spielen findet sich fast überall.

Gespielt wird mit Kugeln aus Metall. Zum Wettkampf zugelassene Kugeln müssen eine Gravur mit Hersteller und Zulassungssiegel, Seriennummer und Gewicht auf jeder Kugel tragen.

Die meist farbige Zielkugel, auch „Schweinchen“, „Sau“ oder „Cochonnet“ genannt, besteht in der Regel aus massivem Holz oder Kunststoff. Sie hat einen Durchmesser von 30 Millimetern. Aus einer Entfernung von sechs bis zehn Metern versuchen die Teilnehmer, ihre durchschnittlich 700 Gramm schweren Metallkugeln möglichst nah an die Zielkugel zu platzieren.

Zum taktischen Spiel gehören das Lesen des Bodens, das Studieren der Stärken und Schwächen des jeweiligen Gegners und das geschickte Werfen der Zielkugel.

Spielen zwei Spieler gegeneinander, nennt man das „tête à tête“. In der Zweiermannschaft, beim „Doublette“, übernimmt für gewöhnlich ein Spieler den Part des Legens, wohingegen sich sein Mitspieler auf das Schießen, also das Entfernen gegnerischer Kugeln, konzentriert. Im Dreierteam, beim „Triplette“, kommt noch ein weiterer Spieler hinzu. Er kann Schießen und Legen, daher ist sein Platz in der Mitte des Teams. Die Rollenverteilung innerhalb der Mannschaft ist nicht zwingend, sie kann jederzeit auch während des Spiels geändert werden.

Zur Geschichte der Boule-Spiele

Die Entwicklung des Boule-Spiels reicht Jahrhunderte zurück. Ihren Anfang nahm sie in Form unterschiedlicher Kugelspiele, die in zahlreichen Ländern von allen Schichten der Bevölkerung ausgeübt wurden. Schon im 13. Jahrhundert wurde in Frankreich mit Holzkugeln Boule gespielt. Hierbei ging es darum, die Kugel möglichst nahe an ein Ziel zu platzieren, entsprach also am ehesten den heutigen Versionen. 1369 verbot Karl V. dieses Spiel, weil er die Staatssicherheit gefährdet sah, da die Soldaten anstatt Bogenschießen zu üben, ihre Freizeit dem Boule-Spiel widmeten. Die Pariser Synode von 1697 untersagte allen Geistlichen, in der Öffentlichkeit Boule zu spielen.

Im Gegensatz dazu gab es aber auch Unterstützung. Die berühmte Fakultät von Montpellier bestätigte im 16. Jahrhundert den Wert des Boule-Spiels für die Gesundheit: „Es gibt keinen Rheumatismus oder andere ähnliche Leiden, die nicht durch dieses Spiel vereitelt werden können. Es ist für jede Altersstufe geeignet.“ Ludwig XI. wusste das auch und spielte häufig Boule, und der bekannte Generalfeldmarschall Turenne galt als unschlagbar. Die Popularität des Spiels stieg im 19. Jahrhundert stark an. Es wurde nicht mehr nur auf Wiesen außerhalb der Stadt gespielt, sondern überall, wo Platz war, in den Straßen und auf den Marktplätzen. 1906 wurde der erste Verband gegründet. In Italien entwickelte sich eine weitere Version, „Boccia“ genannt.

Pétanque Das Spiel entstand im Jahre 1907 in La Ciotat, einem kleinen Städtchen an der Côte d’Azur. Ein sehr guter, schon etwas älterer Spieler des Jeu Provencal musste zuschauen, weil ihn sein Rheuma plagte. Er konnte die drei Schritte Anlauf zum Schuss wegen starker Schmerzen nicht nehmen. Dennoch wollte er seinen Sport nicht aufgeben, und es kam ihm die Idee, die Wurfdistanz um einiges zu verkürzen und zudem ohne Anlauf im Stehen zu spielen. Man stand in einem Abwurfkreis und spielte auf einer Entfernung von sechs bis zehn Metern.

Der Name Pétanque leitet sich aus dem Französischen ab. Man steht beim Abwurf mit geschlossenen Füßen (pieds tanqués) in einem Kreis. In der Provence ist es der heutigen Aussprache noch ähnlicher: „ped tanco“.

Von der Provence aus verbreitete sich Pétanque bald in ganz Frankreich. Das in Deutschland stationierte französische Militär und viele Touristen brachten das Spiel über den Rhein. Einige der in der ganzen Bundesrepublik verstreuten Pétanque-Spieler fanden sich zu Clubs zusammen.

Im Jahre 1943 gründete sich der Boule-Verband. Auch in den Nachbarländern, wie der Schweiz, Italien, Spanien, Belgien und auch Deutschland gibt es inzwischen Boule-Verbände. Nationale und internationale Meisterschaften werden durchgeführt.

Pétanque steht als „recognized sport“ auf der Liste des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und hat damit möglicherweise sogar eine olympische Zukunft.

Mit Stand Mai 2013 waren rund 600.000 Sportler in 94 nationalen Verbänden der Fédération Internationale de Pétanque et Jeu Provençal organisiert.

Nach Schätzungen des Deutschen Pétanque Verbandes (DPV) gibt es in Deutschland rund eine Million nicht organisierter Freizeitspieler. Sie benutzen meist den Begriff Boule, spielen aber in Anlehnung an die Grundregeln des Pétanque.

Kaum ein anderes Spiel ist so gesellig und entspannend. Man ist meist an der frischen Luft und pflegt gleichzeitig seine sozialen Kontakte. Man trainiert das Gehirn, die Auge-Hand-Koordination und bewegt sich moderat auf dem Platz. Außerdem ist es förderlich für die Beweglichkeit, wenn man die Kugeln nicht mit speziellen Magneten aufhebt. Gespielt wird im Sommer in der Stadt, auf dem Land, am Strand, in der Sonne und – wenn einen das Boule-Fieber erstmal erwischt hat – auch im Regen und „in extremen Fällen“ sogar im Schnee. Viele Vereine finden sich im Winter in Scheunen und eigens dafür errichteten Hallen zusammen.

Nicht nur für ältere Menschen

Weit verbreitet ist das Vorurteil, Boule sei ein Sport nur für ältere Menschen.

Das ist ganz und gar nicht so. Der Nachwuchs wird aller Orten gefördert. Boule ist beliebt bei Jung und Alt. So hat zum Beispiel die Pétanque-Union Ratingen-Lintorf e.V. (PUR-Lintorf) eine eigene Jugendabteilung, die regelmäßig gefördert und trainiert wird. Im August 2012 gewann die 16-jährige Julia Reimers vom PUR-Lintorf mit ihrer Vereinskameradin Ana Casado (Jahrgang 1986) in der offenen Damen-Klasse die Deutsche Meisterschaft Triplette-Damen. 2013 konnte Julia Reimers auch noch mit der NRW-Mannschaft die Deutschen Jugendmeisterschaften gewinnen.

Wer den sehr kommunikativen Boule-Sport selbst einmal ausprobieren möchte, ist als Gast jederzeit und überall ganz herzlich willkommen.

Sie werden sehen, wo sich Boule-Spieler zusammenfinden, sind Sie ganz schnell mittendrin statt nur dabei.

Einer der Gründe, die für die Organisation im Verein sprechen, sind übrigens die potenziellen Gefahren des öffentlichen Boule-Spiels. Die Mitglieder der Vereine, die den bei der ARAG Sportversicherung versicherten Landessportbünden und -verbänden angeschlossen sind, sind im Falle einer „fliegenden Sau“ und natürlich auch in anderen Fällen über die ARAG Sportversicherung bestens abgesichert.