Ein Sportverein in Baden-Württemberg beschäftigte zwei hauptamtliche Sportlehrer in einem Zeitumfang von 31 und 40 Stunden pro Woche in seinem Sportschülerhort und seiner Kindersportschule. Beide waren zusätzlich als Übungsleiter bei Veranstaltungen tätig, die der Verein für seine Mitglieder anbot. Dafür erhielten sie 120 Euro monatlich, die der Verein als Übungsleiterpauschale lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei behandelte.
Das kam bei einer Betriebsprüfung heraus und führte für den Verein zu Nachzahlungsverpflichtungen. In beiden Fällen bestand ein einheitliches versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Die Übungsleitertätigkeit wurde nämlich – wie erforderlich – nebenberuflich ausgeübt, da sie im Zusammenhang mit der Hauptbeschäftigung der angestellten Sportlehrer stand. Die 120 Euro im Monat gehörten somit zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt.
Von einer einheitlichen Beschäftigung ist ausgehen, wenn eine selbstständige oder abhängige zweite Beschäftigung mit einer abhängigen Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber so verbunden ist, dass sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und insgesamt wie ein Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint. Dabei muss die zweite Beschäftigung nicht notwendig in die abhängige Beschäftigung zeitlich, örtlich, organisatorisch und inhaltlich eingebunden sein. Abhängig von der Art der Tätigkeit kann eine einheitliche Beschäftigung schon dann sein, wenn aus der Beschäftigung gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen für die Tätigkeit genutzt werden müssen und die Tätigkeit dem Arbeitgeber nützlich ist.
Die Übungsleitertätigkeit war hier schon rechtlich Teil eines Beschäftigungsverhältnisses. Das deshalb, weil Haupt- und Nebentätigkeit in einem Arbeitsvertrag und Anhang geregelt waren. Übungsleiter- und Haupttätigkeit hingen zudem inhaltlich zusammen. Die Sportlehrer konnten auch bei den Übungsleitertätigkeiten auf ihre Ausbildung als Sportlehrer und die pädagogischen Fähigkeiten zurückgreifen, die sie in der Hauptbeschäftigung sammelten und täglich anwendeten.
Um für eine Nebentätigkeit, die in einer gemeinnützigen Organisation neben einer lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigen Haupttätigkeit ausgeübt wird, den Übungsleiterfreibetrag gewähren zu können, müssen Haupt- und Nebentätigkeit strikt getrennt sein.
Ein „Negativ-Kriterien-Katalog“ zeigt, welche Dinge sich danach nicht zur Abgrenzung eignen:
Kurse und eigentliche Hauptbeschäftigung werden unterschiedlichen Personenkreisen angeboten. Maßgeblich ist nicht der Personenkreis, für den eine Tätigkeit verrichtet wird, sondern die Art der Beschäftigung (hier: jeweils Zusammenhang mit Bewegung und sportlicher Ertüchtigung).
- Der Sportlehrer verrichtet die Tätigkeiten an unterschiedlichen Orten (hier: Es handelte sich jeweils sogar um Anlagen und Räume des Vereins).
- Die Übungsleitertätigkeit wird zu anderen Zeiten durchgeführt als die Haupttätigkeit.
Wenn aber folgende Voraussetzungen beachtet werden, ist es möglich, für die Nebentätigkeit den Übungsleiterfreibetrag zu gewähren:
- Die Nebentätigkeit wird getrennt vertraglich geregelt, abgerechnet und vergütet. Die Verträge sind nicht verbunden. Letzteres wäre der Fall, wenn sie zum gleichen Datum beginnen oder zum gleichen Zeitpunkt enden.
- Die Nebentätigkeit muss sich klar von der Haupttätigkeit abgrenzen lassen. Das gilt für den Inhalt genauso wie für das Anforderungsprofil.
- Die Nebentätigkeiten gehören nicht zum gleichen Leistungsangebot des Arbeitgebers. Sie werden unabhängig davon angeboten und durchgeführt.
- Im Hauptarbeitsvertrag gibt es keine Klausel, nach der Arbeitgeber den Mitarbeiter auch für andere, vergleichbare Tätigkeiten einsetzen kann.
Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 24.04.2015 – L 4 R 1621/14 –