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November 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Budapest/Berlin (SID) Von zu Hause aus haben die deutschen Schwimmstars gesehen, dass die europäische Konkurrenz bei der EM schon sehr schnell unterwegs war. Das erhöht den Druck Richtung Olympia.

Keine EM-Medaille – kein Problem? Ob der deutsche Sonderweg von Florian Wellbrock und Co. zum Ziel führt, wird sich erst in zwei Monaten in Tokio zeigen. Statt sich mit der versammelten europäischen Elite bei der EM in Budapest zu messen, arbeiteten die besten deutschen Beckenschwimmer daheim an ihrer Olympiaform. Ein Wagnis, das durch die starken Leistungen der internationalen Konkurrenz aus Großbritannien, Ungarn, Russland oder Italien sicher nicht kleiner geworden ist.

„Wir haben gesehen, dass andere Nationen die schwierige Pandemie-Situation genutzt haben, um hart und viel zu trainieren und gute Ergebnisse zu erzielen“, sagte Bundestrainer Hannes Vitense sichtlich beeindruckt. Doch diese Erkenntnis sei „nichts, was uns in Panik geraten lässt“, sondern zusätzliche Motivation: „Wir wissen, dass die internationale Konkurrenz im Schwimmsport nie schläft und dass auch wir uns weiterentwickeln müssen.“

Mit der A-Mannschaft hätte man in der Duna Arena „auch das ein oder andere Ausrufezeichen gesetzt“, meinte Vitense. So aber reist das DSV-Team ohne Medaille und mit nur fünf Final-Teilnahmen aus Budapest ab. Einige wie Kathrin Demler (7. über 200 m Schmetterling) oder Julia Mrozinski (8. über 200 m Freistil) nutzten die EM als „guten Trostpreis“ für das verpasste Tokio-Ticket. Andere wie die mit 17 Jahren jüngste deutsche EM-Schwimmerin Zoe Vogelmann (7. über 400 m Lagen) sammelten eine „geile Erfahrung“.

Für die beste Einzel-Platzierung sorgte Lucas Matzerath als Fünfter über 50 m Brust. Der Frankfurter war neben Ex-Weltmeister Marco Koch, der mit dem Halbfinal-Aus über 200 m Brust enttäuschte, der einzige deutsche Olympiastarter bei der EM. „Ich weiß jetzt, dass ich mir in Tokio nicht so sehr den Kopf zerbrechen muss, dass ich mich von der Atmosphäre oder dem Starterfeld nicht überwältigen lassen muss und dass ich mich nicht zu verstecken brauche“, sagte der 21-Jährige. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die 50-m-Sprintstrecke ist nicht olympisch, und über die doppelte Distanz war Matzerath im Halbfinale ausgeschieden.

Bemerkenswert: Auch ohne große Erfolge kam keine schlechte Stimmung auf. „Es herrscht eine positive Energie, die Unterstützung im Team ist einfach unglaublich“, sagte Demler. Die Essenerin wirkte mit ihrer positiven Art ansteckend auf andere, ihr Motto lautete: „Einfach Spaß haben, alles genießen – dann geht’s von alleine.“ Bei Etablierten wie Ramon Klenz, Jessica Steiger oder Marek Ulrich ging aber nur wenig, von ihnen hatte sich der Verband mehr versprochen.

Für die Highlights sorgten andere. Ausnahmeschwimmer Adam Peaty unterstrich mit den EM-Titeln Nummer 13 bis 16 seine Gold-Ambitionen für Tokio. Der Russe Kliment Kolesnikow stieg mit zwei Weltrekorden über 50 m Rücken und insgesamt drei Goldmedaillen zum Star auf. Die erst 16-jährige Benedetta Pilato (Italien) schwamm über 50 m Brust zum Weltrekord (29,30) und Titel – und aufs Cover der Corriere dello Sport: „Benedetta!“

Ein Kuriosum gab es im 100-m-Endlauf der Rückenschwimmerinnen. Die Britin Kathleen Dawson hatte schon über Gold gejubelt, doch der Europäische Schwimmverband LEN ließ das Finale aufgrund von Problemen mit der Startanlage wiederholen. Beim zweiten Versucht rund 80 Minuten später triumphierte erneut Dawson.