Wetzlar (SID) Die gelungene Generalprobe gegen Olympiasieger Frankreich hat die Hoffnungen der deutschen Handballer auf eine EM-Überraschung geweckt. Die Lust auf das bevorstehende Turnier ist riesig.
Philipp Weber grinste. „Wir sind ein bisschen die Wundertüte des Turniers“, sagte der Spielmacher der deutschen Handballer – und die ungezügelte Vorfreude blitzte in seinen Augen kurz auf. Die erfolgreiche Generalprobe gegen Olympiasieger Frankreich beflügelt die deutschen EM-Hoffnungen, beim bevorstehenden Saisonhöhepunkt scheint für das unerfahrene DHB-Team plötzlich vieles möglich.
Zwar wisse nach der intensiven Vorbereitung und dem nur bedingt aussagekräftigen 35:34-Sieg im Härtetest gegen den Rekordweltmeister keiner so recht, „wo wir stehen“, sagte Weber. Doch durch die neun Debütanten sei „ein extremer Schwung entstanden“ und „ein neues Feuer entfacht“ worden.
Diesen Schwung verkörpert auch Till Klimpke. „Wir gehen jetzt mit einem geilen Gefühl“, betonte der Youngster. Der Torhüter, einer der vielen Grünschnäbel im Team von Bundestrainer Alfred Gislason, kann den Abflug nach Bratislava am 12. Januar kaum erwarten. Luca Witzkes Siegtor gegen die Franzosen in letzter Sekunde hatte für den perfekten Schlusspunkt der deutschen EM-Vorbereitung gesorgt.
Nach den Erfolgen gegen Frankreich und die Schweiz (30:26) fiebert auch DHB-Sportvorstand Axel Kromer mit „riesiger Vorfreude“ dem Turnierstart entgegen. Die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) startet am Freitag (18.00 Uhr/ARD) gegen Belarus und trifft in der Vorrunde zudem auf Österreich (16. Januar) und Polen (18. Januar). Die ersten beiden Teams qualifizieren sich für die Hauptrunde, die ebenfalls in der slowakischen Hauptstadt stattfindet.
„Alles ist möglich“, hatte Klimpke schon nach dem Sieg gegen die Schweiz gesagt. Doch Flügelflitzer Timo Kastening ordnete den euphorischen Vorstoß umgehend ein: „Genau, alles. Wir können auch in der Vorrunde rausfliegen, wenn wir denken, wir können schon weiter denken.“ Auch Kromer betonte, dass es „wichtig“ sei, „dass wir nicht gleich wieder spinnen, was irgendwie möglich ist“.
Zumal Gislason bei der Generalprobe zwar „viel Positives gesehen“ hatte, aber dennoch den Fokus auf die Baustellen richtete. „Wir sind eben noch nicht eingespielt im Angriff, wenn man von der Achse Kühn-Weber-Häfner absieht“, sagte der Isländer: „Alles andere sind neue Konstellationen, da müssen wir uns einspielen.“
Auf die erfahrenen Kräfte war gegen Frankreich nach einer schwächeren ersten Halbzeit aber Verlass. Andreas Wolff als starker Rückhalt nach der Pause und Kai Häfner als bester Werfer überzeugten ebenso wie Julius Kühn, der in der entscheidenden Phase in die Bresche sprang. Es wirkte fast so, als wehte ein Stück des Geistes von 2016 durch die Arena.
Wolff, Kühn und Häfner kennen die momentane Situation bestens. Vor sechs Jahren hagelte es ebenfalls Absagen, die DHB-Auswahl spielte sich als große Unbekannte mit vielen Neulingen aber in einen Rausch und holte sensationell den Titel. Eine solche Entwicklung sei „grundsätzlich immer möglich. Jetzt gilt es zu liefern“, sagte Häfner. Und Kromer ergänzte: „Klar ist, dass so ein Turnier eine Dynamik entwickeln kann.“
Die Hoffnung auf eine Überraschung ist da, doch zunächst müssen die deutschen Handballer die intensive Vorbereitung aus den Knochen bekommen. Immerhin gab Weber nach dem „Schockmoment“ (Gislason) eines Schlags auf die Schulter seines Wurfarms gegen Frankreich vorsichtig Entwarnung. „Wir werden die Tage dafür nutzen, um das Ding wieder hinzubekommen“, sagte er, „damit ich den Flügel wieder schwingen kann im ersten Spiel.“