Sotschi/Rio de Janeiro (SID) Strandwechsel bei den Mammut-Sportevents: Von der russischen Riviera geht es an die mondäne Copacabana. Die Fußball-WM in knapp vier Monaten in Brasilien und die Sommerspiele 2016 in Rio halten die Sportwelt auf Trab. Im Anlauf auf die beiden Großereignisse herrscht aber auch Skepsis.
Als sich das russische Wintermärchen in Sotschi dem Ende zuneigte, liefen am anderen Ende der Welt wieder Demonstrationen aus dem Ruder. 11.500 km von der Schwarzmeerküste entfernt, gipfelte in São Paulo ein Protestmarsch gegen die Fußball-WM erneut in Vandalismus und Konfrontation mit der Polizei. 262 der 1500 Aktivisten wurden vorübergehend festgenommen.
Die Kundgebungen hatten bereits im vergangenen Jahr Millionen Brasilianer während des Confed Cups auf die Straße gelockt. Steigende Tarife im öffentlichen Nahverkehr, unzureichende Investitionen in Gesundheitswesen und Bildung, aber auch Korruption und Steuerverschwendung beim Bau der WM-Stadien – das Gastgeberland der kommenden sportlichen Großereignisse steht zu Beginn des WM-Jahres vor ungelösten Problemen.
Wenige Monate vor dem Anpfiff der Fußball-WM (12. Juni bis 13. Juli) kämpft die FIFA daher an allen Fronten. „Wir müssen hier mit 200 km/h loslegen, also weit, weit über das erlaubte Tempolimit hinausgehen“, mahnte Jérôme Valcke, Generalsekretär des Weltverbandes, am Rande des Team-Workshops in Florianópolis angesichts der Verzögerungen bei den WM-Arenen.
Curitiba war nur haarscharf an einer „Roten Karte“ vorbeigeschrammt und wird wohl erst einen Monat vor dem ersten Anpfiff WM-tauglich sein. Wegen eines tödlichen Kran-Unfalls ist auch die Arena Corinthians in São Paulo komplett aus dem Zeitplan gerutscht. Zudem konnten Cuiabá, Manaus, Natal und Porto Alegre den 31. Dezember 2013 als FIFA-„Deadline“ nicht einhalten.
Auch die Vorbereitungen auf die Sommerspiele 2016 bereiten Kopfzerbrechen: Bauverzögerungen, die Budget-Frage und der Kampf gegen die Uhr für die Bereitstellung eines neuen Anti-Doping-Labors überschattet die Vorfreude. „Wir sind uns bewusst, dass ab sofort alle auf uns schauen“, sagte Rio-OK-Chef Carlos Arthur Nuzman dieser Tage in Sotschi und versprach: „Wir arbeiten daran, das zu liefern, was alle von uns erwarten.“
Rio 2016 hat seine Sportstätten auf vier Regionen in der Stadt verteilt. Der Complexo Esportivo de Deodoro, wo Ausschreibungen für Neubauten teilweise noch immer laufen, hängt dabei dem Zeitplan am weitesten hinterher. Gleiches gilt für das Anti-Doping-Labor, dem im vergangenen August von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA die Zulassung entzogen worden war. Der Neubau wird ebenfalls zum Wettlauf gegen die Zeit.
Die 900-Tage-Marke ist längst unterschritten, doch erst für 24 von 52 Projekten wurde Ende Januar ein kompletter Etat in Höhe von insgesamt 1,75 Milliarden Euro vorgestellt. Nicht eingerechnet wurden dabei Baumaßnahmen in Infrastruktur, die auch ohne Olympia – aber dann viel später – in Angriff genommen worden wären, wie die Wiederbelebung des Hafenviertels, eine vierte U-Bahn-Linie oder Bus-Schnellstraßen.
Für Brasiliens Fußball-WM-Botschafter Ronaldo alles kein Problem. „Bei den Winterspielen in Sotschi gab es auch diese ganzen Zweifel, und jetzt sehen wir, dass das Event ein Erfolg war. Wir hoffen natürlich, dass dies auch hier so eintritt“, kommentierte der zweimalige Weltmeister.