Im Interview mit „Sport in BW“ erläutert der neue LSVBW-Präsident Jürgen Scholz das Besondere am Sport, seine Ziele und wie er diese erreichen will.
Jürgen Scholz ist der neue Präsident des Landessportverbandes Baden-Württemberg. Der 61-jährige Bürgermeister von Sersheim sieht seine langjährige Erfahrung als Kommunalpolitiker und Sportfunktionär als sein großes Pfund um den Sport in Baden-Württemberg weiterzuentwickeln.
Herzlichen Glückwunsch zur Wahl als LSVBW-Präsidenten, Herr Scholz. Welche Botschaft nehmen Sie aus 96,6 Prozent Zustimmung mit.
Ich habe mich natürlich über dieses überwältigende Ergebnis gefreut. Es ist aber auch ein Auftrag für mich, dem ich mich gerne stelle.
Auf welche Punkte werden Sie Ihr Augenmerk zunächst richten?
Wichtig ist den Sport in Baden-Württemberg zukunftsfähig zu machen beziehungsweise zu halten. weiter zu entwickeln. Wir müssen die Fragen beantworten: Wo sind unsere Stärken? Wo besteht Nachholbedarf?
Was sind Ihrer Einschätzung nach die Stärken des Sports?
Die Kraft des Sports ist nahezu unermesslich. Unsere Athleten sind im Wettkampf stark, unsere Trainer kompetent. Wir verfügen flächendeckend über eine im Durchschnitt vernünftige Infrastruktur an Sportstätten und die Mitarbeiter in den Vereinen haben eine einzigartige Bereitschaft, sich für Andere zu engagieren. Wir tragen im Sportverein vor Ort dazu bei, dass es soziale Wärme gibt. Insgesamt betrachtet ist der Sport in Baden-Württemberg eine Säule des gesellschaftlichen Zusammenlebens, die es uns erlaubt, weit über die Grenzen hinaus Beziehungen und Ereignisse zu feiern, die wir sonst nicht hätten. Gerade der Sport bietet Möglichkeiten Werte zu erarbeiten, Werte zu bewahren und neue Werte zu beschreiben.
Sie haben immer wieder vom Baden-Württemberg-Weg gesprochen. Wie soll dieser aussehen?
Der LSVBW, die Sportbünde und die Fachverbände müssen zusammenrücken. Gemeinsam sind wir viel stärker als solo. Der Sport hat eine Stimme gegenüber der Politik und der Wirtschaft, die er geltend machen kann. Das ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Punkt, warum wir in Baden-Württemberg so stark sind. Ich will das Verbindende suchen, nicht das Trennende. Ich will versuchen noch mehr ein Wir-Gefühl zu schaffen. Es ist wichtig Regionalität zu wahren, aber gemeinsam nach außen zu handeln.
Wie wollen Sie das schaffen?
Mein großer Schatz ist meine langjährige Erfahrung in der kommunalen Arbeit. Da muss man ständig eine verbindende Position erarbeiten, der alle folgen können. Durch eine kluge Vorbereitung kann bereits ausgelotet werden: Was geht? Was geht nicht?
Wie würden Sie sich charakterisieren?
Ich bin ein Mann des Ausgleichs, gepaart mit einer großen Portion Pragmatismus. Ich bin keiner, der sich nur vorne hinstellt.
Während der Pandemie haben die Sportvereine Mitglieder verloren…
…weshalb die entscheidende Frage lautet: Schaffen wir es wieder vor allem Kinder und Jugendliche in unsere Sportvereine zu bekommen? Ich sehe in diesem Punkt schon ermutigende Anzeichen, wie die Zahlen Bestandserhebung 2022 belegen. Dies gilt im Übrigen auch für die Übungsleiter und Trainer.
Auf die Sportvereine kommen große Herausforderungen zu. Zunächst die explodierende Energiekosten.
Ich nenne das die kalte Pandemie. Die Frage ist: Können wir uns Sport angesichts explodierender Energiepreise überhaupt noch leisten? Dabei geht es nicht nur um die Sportstätten, die sich im Eigentum von Vereinen sind, sondern auch um die, die sich in kommunaler Hand befinden.
Welche Idee haben Sie als Sportfunktionär und Bürgermeister?
Uns muss klar sein: Es ist keine Selbstverständlichkeit ist, dass die Sportinfrastruktur weitestgehend umsonst zur Verfügung gestellt wird. Aber es ist ein wichtiger Baustein in der Frage: Wie vermittele ich Sport? Deshalb ist es wichtig im Schulterschluss mit den kommunalen Trägern, den Sportbünden, Fachverbänden und Vereinen eine Lösung zu finden, damit nicht am Ende die Kinder, die Jugendlichen, die jungen Erwachsenen oder die Senioren keinen Sport mehr treiben können, weil die Sporthalle geschlossen ist. Oder Schwimmen im ungeheizten Bad nur noch mit Neoprenanzug möglich ist.
Ihr Vorschlag?
An diesem Thema müssen wir alle gemeinsam arbeiten, um vor Ort intelligente, gegebenenfalls interkommunale Lösungen zu finden. Es gibt wahrscheinlich keine allgemeingültigen Lösungen, sondern nur individuelle, die die regionalen Bedingungen abbilden.
Welchen sportlichen Hintergrund haben Sie?
Als ich elf Jahre alt war, hat mich meine Mutter gefragt, ob ich zum Fußball spielen oder zur Leichtathletik will. Da ich in der Schule allen davongelaufen bin, bin ich zum TV Kornwestheim zur Leichtathletik gegangen.
Mit welchem Erfolg?
Mit 17 Jahren bin ich 10,9 Sekunden gelaufen.
Wie lange sind Sie noch Präsident des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes?
Nach meiner Wahl zum LSVBW-Präsidenten lasse ich dieses Amt bis zum Verbandstag am 18. September 2022 in Bad Liebenzell ruhen. Dort wird eine Nachfolgerin oder Nachfolger gewählt. Damit schließt sich auch ein Kreis, denn es ist genau der Ort, an dem ich 2004 zum Vorsitzenden gewählt worden war.
Quelle: www.lsvbw.de