Berlin (SID) Der Sport schlägt angesichts der geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt Alarm. Betroffen ist auch die deutsche Medaillenschmiede.
Bob-Dominator Francesco Friedrich macht sich „enorm große Sorgen“, Kanu-Olympiasieger Ronald Rauhe ist einfach „sauer“ und Bahnrad-Weltmeisterin Emma Hinze blickt besorgt in die Zukunft. Denn von den geplanten Sparzwängen der Regierung ist auch die deutsche Medaillen- und Materialschmiede massiv bedroht. Der Sport schlägt Alarm.
„Es wird immer geschimpft, wenn wir nicht die Leistung bringen, aber trotzdem werden wir hier eingekürzt und das ist einfach schwierig“, sagte Friedrich : „Wir brauchen am Ende jeden Cent, um die Medaillen mit nach Hause zu nehmen“. Stünden die bisherigen finanziellen Mittel nicht mehr zur Verfügung, „wird das in den nächsten Jahren schwierig“.
Die angekündigten Kürzungen im Bundeshaushalt für das kommende Jahr machen auch vor dem Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig und dem Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin nicht Halt. Laut eigenen Angaben soll die Einsparung bei 19 Prozent liegen.
Rund 17,2 Millionen Euro und damit circa vier Millionen weniger als im Vorjahr würden dann für die Materialentwicklung noch zur Verfügung stehen. Das düstere Szenario hätte vor allem Folgen für die deutschen Erfolgssportarten wie Bob, Kanu oder Bahnradsport.
Das Geld würde auch für das Personal fehlen. Entlassungen wären die Folge. Der drohende Kompetenzverlust treibt IAT-Direktor Marc-Oliver Löw um: „Der Arbeitsmarkt gibt es her, dass hochqualifizierte Kolleginnen und Kollegen gehen können“ – möglicherweise auch ins Ausland zur Konkurrenz.
Dabei trug genau diese Kompetenz in den vergangenen Jahren erheblich zu deutschen Erfolgen bei. So war das FES, das unter anderem Geräte im olympischen und paralympischen Bereich entwickelt, laut Deutschem Olympischen Sportbund (DOSB) allein bei den Winterspielen in Peking an 21 von 27 Medaillen beteiligt.
Die Athletinnen und Athleten schätzen die Zusammenarbeit. Die Institute hätten „einen wahnsinnig hohen Stellenwert“, erklärte Friedrich. Hinze betonte, dass es „ohne Wissenschaft und Technik“ vor allem in Sportarten, in denen es manchmal „um wenige Millimeter“ gehe, nicht funktioniere.
Seit die Ampel-Koalition im Juli ihren Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 vorgestellt hat, schlagen Verbände und Athleten Alarm. Die Regierung will die Gesamtausgaben im Vergleich zum Vorjahr um rund 30 Milliarden Euro senken, für den Sport sind statt 303 nur noch 276 Millionen Euro vorgesehen.
„Eine fatale Fehlentscheidung“, wie Martin Engelhardt es nannte. Die Politik sende damit „das total falsche Signal“, betonte der Vorstandsvorsitzende des Trägervereins der beiden Institute und verwies auf die Bedeutung des Sports in der Gesellschaft und „Wertevermittlung“ bei Kindern und Jugendlichen.
Rauhe, selbst nicht mehr aktiv, warnte auch vor den „emotionalen Folgen“ bei Sportlerinnen und Sportlern: „Ich habe schon wieder das Gefühl, dass wir nicht wertgeschätzt werden, dass der Sport beschnitten wird, dass das, was ich mache, keinen Wert hat.“
Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es jedoch. Löw berichtete von einem „vorsichtig positiven Signal“ aus dem Bundesinnenministerium (BMI). Dort denke man über „eine ministeriumsinterne Umschichtung“ nach, um die drohenden Kürzungen zu vermeiden, berichtete der IAT-Direktor: „Das Ganze aber noch ohne Gewähr und Garantie“ – der deutsche Sport bangt also weiter.