München (SID) In drei Wochen startet der alpine Ski-Weltcup in Sölden. Grund für Felix Neureuther, zum wiederholten Mal Kritik zu üben.
Auch er kennt die Bilder. Dort, wo in drei Wochen der alpine Ski-Weltcup beginnen soll, sind vornehmlich Geröll und nackter Fels zu sehen. Bis zu den Auftaktrennen hoch über dem österreichischen Sölden werden sie aus dem seit April deponierten Schnee noch eine rund 1,2 Kilometer lange Piste zusammenschieben, ein weißes Band inmitten einer hässlichen Mondlandschaft. Für das Image des Sports wird diese Szenerie verheerend sein.
„Die Bilder tun natürlich weh“, sagt Felix Neureuther, „sie bleiben in den Köpfen hängen.“ Er hat gerade ein neues Buch vorgestellt, „Erbe der Alpen“ heißt es, er beschäftigt sich darin auch mit der Zukunft des Wintersports. Der „brutale“ Aufwand, den sie in Sölden für die Ausrichtung der beiden Riesenslalom-Rennen (28./29. Oktober) betreiben, „ist es meines Erachtens nicht wert“, sagte er nach der Präsentation in München dem SID: „Das steht in keiner Relation.“
Bereits im Frühjahr haben die Veranstalter in Sölden gut 60.000 Kubikmeter Schnee unter Vliesabdeckungen gebunkert. Für die 1,2 Kilometer lange, im Schnitt 70 Meter breite und gut einen halben Meter hohe Piste werden 45.000 Kubikmeter Schnee benötigt. Derzeit schieben drei Pistenraupen den Schnee auf das Geröll. „Die Depots sind ausreichend, um eine Rennpiste herzubekommen“, sagte Pistenchef Isidor Grüner der Tiroler Tageszeitung.
Ein Winterwunderland wird Sölden nach dem derzeitigem Stand der Dinge freilich nicht anbieten können. Das Zielstadion auf 2650 Meter Meereshöhe und die umliegenden Hänge sind schneefrei. „Schön anzuschauen wär’s halt nicht“, gibt auch Grüner zu, der lapidar ergänzt: „Einmal schneit’s früher, einmal später.“ Am vergangenen Wochenende hat es sogar 20 Zentimeter Neuschnee gegeben, der aber ist gleich wieder geschmolzen. Bei zweistelligen Temperaturen kein Wunder.
Für Neureuther, und nicht nur für ihn, sind die aktuellen Bilder aus Sölden und der anhaltende Temperaturanstieg in den Alpen zum wiederholten Male der Anlass, ein Umdenken seitens des Internationalen Ski- und Snowboardverbandes FIS einzuforden. „Der Weltcup-Auftakt Ende Oktober ist viel zu früh. Verschiebt den Weltcup-Auftakt drei bis vier Wochen nach hinten, dann ist alles in Ordnung“, sagt er. Bislang finden Neureuther und Gleichgesinnte aber kein Gehör.
Geht es nach Neureuther, und auch da nicht nur nach ihm, müsste der Weltcup mit seinen jeweils um die 40 Rennen für Frauen wie Männer außerdem eingedampft werden, um den nicht mehr zu übersehenden Folgen des Klimawandels Rechnung zu tragen. Man müsse Disziplinen streichen, auch Wettbewerbe, und demzufolge „auch Orte aus dem Programm nehmen, um ein Produkt aufrecht zu erhalten, das die Leute interessiert, das sie auch anschauen“.
Einige Weltcup-Rennen in den Alpen könnten infolge der klimatischen Veränderungen bald verschwinden: Skigebiete unter 2000 Metern werden Probleme bekommen, hat Neureuther recherchiert. Garmisch-Partenkirchen, sein Heimatort, liegt nur auf 708 Metern über Null, der Start der Abfahrtsstrecke Kandahar auf 1690 Metern. „Das wird in den nächsten zehn Jahren sehr schwer werden“, ahnt Neureuther, und bei dem Gedanken daran „blutet mir das Herz“.