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Dezember 2024

Landessportbünde

Immer häufiger ist die Kompetenz von Hochschulen bei der Entwicklung von Lösungsansätzen für gesellschaftliche Herausforderungen gefragt. Das jetzt gestartete Projekt „RewitAl“ geht zurück auf einen Impuls des Landessportverbands Baden-Württemberg (LSVBW). Dieser sieht einen dringlichen Bedarf darin, Altkunststoffe von Sportplätzen umweltschonend wiederzuverwerten beziehungsweise durch Biokunststoffe zu ersetzen. Das interdisziplinäre Projekt wird bis 2027 durch das Land Baden-Württemberg und den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) mit rund 2,2  Millionen Euro gefördert. Neben den Hochschulen Aalen, Furtwangen und Pforzheim sind zahlreiche weitere Partner aus Wirtschaft, Politik und Sport beteiligt. Gemeinsam möchten die Beteiligten so einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit im Breitensport leisten.

Unter Koordination der Hochschule Aalen verfolgt das neue Forschungsprojekt RewitAl die Reintegration, also die Wiedereingliederung, hochwitterungsbeanspruchter Altkunststoffe in den Stoffkreislauf. Für die in Deutschland weit verbreiteten Kunstrasenflächen sollen umweltschonende Verfahren entwickelt werden, die ein vollständiges Recycling der verschiedenen Kunststoffe ermöglichen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der ganzheitlichen Betrachtung der zu entwickelnden Verfahren unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten. Nur dadurch ist eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft gewährleistet.

Der Startschuss für das Forschungsprojekt „RewitAl“ fiel am Dienstag, 6. Februar, im VfR-Forum Aalen. Neben dem Landessportverband BW und den beteiligen Hochschulen sind neun weitere Partner aus Wirtschaft und Politik involviert. Federführend ist Professorin Iman Taha vom Lehrstuhl für nachhaltige Werkstoffe in der Kunststofftechnik der Hochschule Aalen: „Ich bin froh, dass wir so viele Partner mit unterschiedlichen Expertisen zur aktiven Teilnahme am Projekt gewinnen konnten. Neben dem technologischen Fokus unter starker Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten wollen wir jedoch auch die Gesellschaft für die Kunststoffproblematik sensibilisieren und umsetzbare Geschäftsmodelle für eine nachhaltige Wirtschaft anbieten.“

Der Fokus des neuen Projekts liegt auf den bislang eher vernachlässigten, aber mengenmäßig bedeutsamen Kunststoffen, wie sie in städtischen und vereinseigenen Sportanlagen genutzt werden. Anstelle von Naturrasen findet sich auf Fußball- und Rugbyfeldern sowie auf Hockey- und Tennisplätzen häufig Kunstrasen, der wegen seiner Robustheit und Pflegeleichtigkeit intensiv bespielt werden kann. Jedoch spätestens nach 12 bis 15 Jahren sind Kunstrasenfelder größtenteils verschlissen. Dazu tragen neben dem Spielbetrieb vor allem Witterungseinflüsse wie Sonneneinstrahlung, Niederschläge und Temperaturwechsel bei. Die verwendeten Kunststoffe verändern dabei ihre Eigenschaften, was sich negativ auf die Bespielbarkeit auswirkt. Hinzu kommt, dass sich mit zunehmendem Alter der Kunstrasen stärker zersetzt und vermehrt umweltschädigendes Mikroplastik freisetzt.

Verschleiß von Kunstrasen verstehen

Diesen Verschleiß gilt es zu analysieren, zumal sich die Alterung des Kunststoffs auch auf dessen Recycling-Fähigkeit auswirkt. Die drei Professorinnen der Hochschule Aalen, Professorin Katharina Weber, Professorin Doris Aschenbrenner und Professorin Iman Taha, untersuchen deshalb unterschiedliche Recyclingmethoden, die später auch im großen Maßstab eingesetzt werden können, also nicht nur im Labor, sondern auch industriell funktionieren. Dazu werden nicht nur die sichtbaren Rasenfasern betrachtet, sondern auch die darunterliegenden elastischen Schichten und das darüber liegende Kunststoff-Granulat, welches für ein Naturrasen-ähnliches Spielgefühl sorgt. Perspektivisch sollen dabei anstelle der bisher verwendeten Materialien biobasierte oder recycelte Alternativmaterialien identifiziert werden.

In einem weiteren Teilprojekt soll ein umweltschonendes Rückbausystem entwickelt werden, um den ausgedienten Kunstrasen möglichst ohne Mikroplastik-Austrag abzubauen und vor Ort in die einzelnen Bestandteile zu zerlegen. Des Weiteren setzt sich ein Team der Hochschule Pforzheim unter der Leitung von Prof. Mario Schmidt mit der Öko-Bewertung des Kunstrasens über die gesamte Lebensdauer auseinander, während gemeinsam mit Prof. Andreas Fath von der Hochschule Furtwangen neue Geschäftsmodelle erarbeitet werden, die den Transfer des erlangten Wissens in die Wirtschaft anstreben.

LSVBW-Präsident Jürgen Scholz sagt zu dem Forschungsprojekt: „Gerade unsere Sportstätten brauchen im Hinblick auf die Veränderungen durch den Klimawandel unser größtes Augenmerk. Wie wir bauen, wie wir unsere Sportstätten zukünftig denken – dies bedarf jetzt einer Zäsur. Dass die einzelnen Bestandteile von Kunstrasenplätzen wieder in den Stoffkreislauf eingebracht werden, ist dabei ein wichtiger Schritt. Kunstrasenplätze mit alternativen Materialien wie zum Beispiel Kork, geschredderten Olivenkernen oder auch gänzlich unverfüllt sind eine echte Alternative.“

Die im RewitAl-Projekt untersuchten Forschungsfragen gehen Hand in Hand mit den Inhalten des Green Deals der Europäischen Union. Dazu fließen Fördergelder aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und aus dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) des Landes Baden-Württemberg. Insgesamt beläuft sich die Fördersumme auf knapp 2,2 Millionen Euro.

Quelle: www.lsvbw.de