Köln (SID) Sportveranstalter jagen die Ticketpreise bei Großevents immer weiter in die Höhe, weil sie es sich erlauben können. Immerhin der deutsche Fußball spielt da (noch) nicht mit.
333 Dollar für einen Platz beim US-Open-Halbfinale, für 95 Euro hinter dem Tor beim EM-Endspiel sitzen, oder 125 Euro für das Match um Olympia-Gold der Basketballer hinblättern – selbst für die „billigsten“ Eintrittskarten der Spitzensport-Events in diesem Sommer mussten die Fans tief in die Tasche greifen. Der Trend steigender Ticketpreise hat sich bei den jüngsten Sport-Höhepunkten gnadenlos fortgesetzt.
„Es ist in der Tat so, dass die Ticketpreise für Sportgroßveranstaltungen in den letzten Jahren gewachsen sind, teilweise sogar stärker als die Inflation“, sagt Christoph Breuer, Professor der Sportökonomie an der Deutschen Sporthochschule Köln, im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID). Sportfans sorgen sich: Sind Events der Eliteklasse bald auch nur noch etwas für die finanzielle Elite?
Das dürfte die Traumvorstellung der Finanzinvestoren sein, die mittlerweile reichlich Geld in die Großereignisse stecken und deswegen mitverantwortlich für die steigenden Preise sind. Sie hätten „ein knallhartes Interesse, den finanziellen Gewinn aus einer Sportveranstaltung oder einer Sportorganisation zu erhöhen“, erklärt Breuer. Viele Sportorganisationen stünden finanziell zudem „mit dem Rücken zur Wand“. Bei den Ticketeinnahmen wollen sie das durch hohe Preise kompensieren, denn diese können sie frei festlegen.
Der Gedanke: Die Leute kaufen ja sowieso. Solange die Nachfrage hoch ist, und das war sie bei den jüngsten Highlights, können Veranstalter die Preise anziehen – auch im Fußball. Zahlen Fans für die günstigsten Plätze beim Finale der Fußball-WM also bald vielleicht extreme Summen wie beim Super Bowl in den USA?
„Theoretisch ist das denkbar“, sagt Breuer: „In einem klassischen Lehrbuch der Ökonomie würde man sagen: Aus gewinnmaximierender Sicht ist ein Ticketpreis optimal, der so hoch ist, dass die Nachfrage genau das Stadion noch füllt.“ Doch gerade im deutschen Fußball sei die Situation anders gelagert.
Auch die Geschäftsleute hinter den Kulissen besäßen das Bewusstsein, „dass Stimmung im Stadion wichtig ist. Und andererseits hat man im Sport, und das ist im Fußball auch besonders wichtig, doch auch immer eine Art sozialen Auftrag“, meint Breuer. Zumindest im Vereinsfußball sieht der Experte nicht die Gefahr astronomischer Preise: „Es gibt Respekt vor der Macht der Fans.“ Ein Bundesligaspiel sei eine „Co-Kreation“, die Spieler auf dem Platz bilden eine Einheit mit den Anhängern auf den Rängen. „Und das geht eben nicht, wenn insbesondere im Stehplatzbereich die Ticketpreise deutlich erhöht werden.“
Und falls doch, dann könnten Proteste wie im jüngsten Streit um den Investoreneinstieg bei der DFL helfen. Diese Einflussnahme habe gezeigt, „dass dort Gehör ist für die berechtigten Interessen der Fans“, sagt Breuer. Selbst die Europäische Fußball-Union (UEFA) ging jüngst mit einer Preisobergrenze für Auswärtskarten in internationalen Wettbewerben überraschend einen Schritt in Richtung der Fans.
Ein Negativbeispiel lieferte dagegen der englische Premier-League-Klub Aston Villa – und handelte sich prompt Ärger mit den eigenen Anhängern ein. Der Traditionsverein kehrt nach 42 Jahren in die Fußball-Königsklasse zurück, für ein Champions-League-Ticket verlangt der Verein selbst von Fans mit Dauerkarte umgerechnet mindestens 83 Euro. Der Aston Villa Supporters‘ Trust (AVST) verurteilte dies als „sehr enttäuschend“ und „unangemessen“, die treuen Supporter würden „bestraft und ausgenutzt“.
Zum Vergleich: Die günstigsten Tickets für das Champions-League-Finale im Juni in Wembley kosteten zirka 70 Euro.