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Oktober 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Paris (SID) In die Pariser Paralympics mischten sich Zukunftssorgen. Allen voran die durch Haushaltskürzungen bedingten Trainerentlassungen drohen den Behindertensport zurückzuwerfen. Eine eigene Austragung der Sommerspiele könnte helfen.

Die Paralympischen Sommerspiele in Paris lieferten Spannung, Emotionen und Bilder für die Ewigkeit. Doch in die historische und sportliche Schönheit des unvergleichlichen Sportfests mischten sich Zukunftssorgen, die den deutschen Behindertensport im internationalen Vergleich weit zurückwerfen können. Es geht – natürlich – um Geld.

Groß war der Aufschrei, als Karl Quade inmitten der Spiele von anstehenden Haushaltskürzungen berichtete. Mehr als zehn Trainern von insgesamt rund 50 musste mitgeteilt werden, dass sie im kommenden Jahr nicht weiterbeschäftigt werden können, weil 600.000 bis 700.000 Euro im Bundeshaushalt fehlen, hatte der Chef de Mission der Sportschau erzählt.

Gerade mit Blick auf die nächsten Sommerspiele 2028 in Los Angeles oder die nahenden Winterspiele in Mailand und Cortina d’Ampezzo in etwa eineinhalb Jahren steht der deutsche Parasport vor erheblichen Problemen, war doch auf die schlechteste Medaillenausbeute in Tokio in Paris mit 49 Medaillen die zweitschlechteste gefolgt. Im Nationenvergleich landete Deutschland auf Rang elf.

Ausgerechnet in dieser wegweisenden Phase droht nun nachlassende Unterstützung des Bundes. Unter dem Gesichtspunkt, dass die deutsche Politik laut über eine Bewerbung für die Austragung der Olympischen und Paralympischen 2040 nachdenkt, kommen Kürzungen überraschend – haben sie doch großen Einfluss auf die Professionalität im Parasport in Deutschland und damit auf die Wettbewerbsfähigkeit.

Der Medaillenspiegel von Paris kann darüber Aufschluss bringen. Denn unter den ersten acht Nationen befinden sich gleich sechs, die entweder die Sommerspiele kürzlich ausgetragen haben oder es noch werden. Auch Australien rüstet sich für seine Spiele 2032 in Brisbane. Allein für die beiden nächsten Jahre wird sich das Budget für den paralympischen Sport dort auf rund 50 Millionen Euro verdoppeln.

Eine ähnliche Finanzspritze gibt es in Deutschland (noch) nicht. Wohl auch, weil eine Bewerbung für Spiele noch in der Planungsphase steckt. Stattdessen müssen manche Goldmedaillengewinner von Paris auf ihre Trainerinnen und Trainer künftig verzichten. Betroffen sind unter anderen die Schwimmer, die in Frankreich erfolgreichste Teilmannschaft. Stand jetzt werden der Bundestrainer Diagnostik sowie die Bundestrainerin für den Nachwuchs zum Jahresende den Verband verlassen müssen.

Auch im Tischtennis stehen Veränderungen an, Bundestrainer Volker Ziegler stehen ab dem 1. Dezember vier seiner Co-Trainer nicht mehr zur Verfügung. „Wie will man dann hier Bestleistungen erbringen?“, fragte Ziegler.

„Es ist ein Problem für die Professionalisierung unseres Sports“, betonte DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher: „Wir können uns mittelfristig nur unter den führenden Nationen bewegen, wenn sich die Finanzstrukturen ändern.“

Beucher, früher selbst Mitglied des Bundestags, versprach vollsten Einsatz: „Der Haushaltsentwurf geht jetzt ins parlamentarische Verfahren. Und da werden Karl Quade und ich auf jeden Fall unsere Fachexpertise einbringen.“

Für die Konkurrenzfähigkeit erscheint ein Umdenken beim Bund unabdingbar. Schließlich sind kleinere Nationen wie die Niederlande bereits an Deutschland vorbeigezogen, es droht der Sturz aus der (erweiterten) Weltspitze, auch wenn der Negativtrend in Paris gestoppt werden konnte. Um wieder in die Top 10 im Medaillenspiegel zurückzukehren, sind Veränderungen nötig.

„Wir können unsere Position in Zukunft nur behaupten“, sagte Beucher, „wenn die Finanzen gut sind.“