Eine Übersicht über die Kompetenzen der Mitgliederversammlung am Beispiel des Eintracht Frankfurt e.V.
Die Mitgliederversammlung verfügt als höchstes Organ eines Vereins über weitreichende Befugnisse. Wie weit diese tatsächlich reichen und dass sie sogar in Kernbereiche der Geschäftsführungsangelegenheiten des Vorstands eingreifen können, zeigte sich eindrucksvoll bei der jüngsten Mitgliederversammlung des Eintracht Frankfurt e.V. am 17. Februar 2025.
Vergangenen Monat hatte ein Mitglied der Eintracht den Antrag eingebracht, die Mitgliederversammlung solle beschließen, dass der Verein von seinen Aktienanteilen an der Eintracht Frankfurt Fußball AG 5 % oder mehr zum Marktpreis an Mitglieder des Vereins verkauft. Der Antrag war brisant, da er eine breitere Aktionärsstruktur ermöglicht und die Einflussnahme einzelner Mitglieder auf die Hauptversammlung der AG verändert hätte. Zudem hätte die Maßnahme die Finanzierung der AG auf eine deutlich breitere Basis gestellt und den Mitgliedern viel mehr Mitsprache- und Teilhaberechte ermöglicht.
Das Präsidium der Eintracht Frankfurt Fußball AG stand dem Antrag ablehnend gegenüber. Es sah in der Maßnahme eine Gefahr für die stabile Aktionärsstruktur der AG.
Doch welche Mitbestimmungsrechte haben Vereinsmitglieder in finanziellen und strategischen Fragen eigentlich?
Aus der konkurrierenden Zuständigkeit in Vereinsangelegenheiten folgt der Grundsatz: Solange eine Aufgabe nicht der Mitgliederversammlung zugewiesen ist (z.B. durch die Satzung), entscheidet der Vorstand in sämtlichen Geschäftsführungsangelegenheiten. Um sicherzustellen, dass die Mitgliederversammlung nicht faktisch entmachtet wird, besteht für außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen eine Vorlagepflicht des Vorstands gegenüber der Mitgliederversammlung.
Allerdings kann die Mitgliederversammlung Fragestellungen an sich ziehen und dort eine Entscheidung treffen. Der Vorstand muss diese Entscheidung beachten und umsetzen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 27 Abs. 3 BGB, aus dem der Grundsatz folgt, dass der Vereinsvorstand als Beauftragter des Vereins handelt und somit an Weisungen der Mitgliederversammlung gebunden ist.
Hieran wird aber gleichzeitig auch das Spannungsverhältnis zwischen den Rechten der Mitglieder und der operativen Verantwortung des Vorstands vor allem bei strategischen und vereinspolitischen Fragestellungen deutlich. Während die rechtlichen Rahmenbedingungen den Mitgliedern weitgehende Mitspracherechte einräumen, zeigt die Praxis, dass der Einfluss der Mitgliederversammlung in wirtschaftlich sensiblen Fragen nicht selten auf Widerstand der Vereinsführung trifft, die in den alltäglichen Geschäftsführungsangelegenheiten oft „tiefer drin“ ist.
Um gleichwohl die Praktikabilität zu gewährleisten, bestehen viele Möglichkeiten, die Zuständigkeitsverteilung durch Satzungsgestaltungen zu modifizieren: So kann z.B. das Weisungsrecht auf ein anderes Organ übertragen oder der Vorstand durch Genehmigungsvorbehalte in seinen Befugnissen eingeschränkt werden. Umgekehrt kann die Satzung das Weisungsrecht (teilweise) aufheben oder die Stellung des Vorstands der eines Vorstands einer Aktiengesellschaft (§ 76 Abs. 1 AktG) angleichen.
Im konkreten Fall des Eintracht Frankfurt e.V. kam es nicht zum Showdown: Der Antragssteller zog seinen Antrag zurück und die Mitgliederversammlung musste hierüber nicht entscheiden.
Es bleibt abzuwarten, ob man beim Eintracht Frankfurt e.V. diesen Vorgang zum Anlass nimmt, um auf der nächsten Mitgliederversammlung eine Satzungsänderung vorzuschlagen. Ziel könnte es sein, die Befugnisse zur Vergabe von Aktienanteilen dem Vorstand zu übertragen (ggf. mit Genehmigungsvorbehalt). Einige Bundesligisten wie beispielsweise der 1. FC Köln („1. Fußball-Club Köln 01/07 e.V.“) haben eine solche Regelung bereits in ihrer Satzung verankert (vgl. § 21 Ziff. 1 der Satzung).
Der Fall zeigt eindrucksvoll, wie sehr die Vereinsstruktur, die Satzung und die konkrete Regelung von Kompetenzen Einfluss auf strategische Entscheidungen haben können. ENGEL.LAW berät nicht nur im Vereinsrecht, sondern auch im Sportrecht, Presse- und Medienrecht sowie im gewerblichen Rechtsschutz. Ob es um Satzungsfragen, vereinsinterne Kompetenzstreitigkeiten oder die rechtliche Absicherung im sportlichen und medialen Umfeld geht – eine fundierte Beratung kann entscheidend sein. Mehr dazu unter www.engel.law.
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