Frankfurt/Main (SID) Schwangere erhalten automatisch einen Vertrag, Kinder dürfen mit zu Turnieren – rund einen Monat vor der Frauen-EM machen Klubs und Verbände Fortschritte bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Das Lob kam von höchster Stelle. „Die TSG Hoffenheim nimmt mit dieser Entscheidung eine Vorreiterrolle ein, die beispielgebend für andere Vereine sein kann“, kommentierte DFB-Vizepräsidentin Sabine Mammitzsch gegenüber dem SID den gesellschaftspolitischen Meilenstein, der Ende Mai m Kraichgau gesetzt wurde: „Wir begrüßen diesen Schritt und sind stets offen für den Austausch mit den Vereinen.“
Tatsächlich stehen die anderen Klubs gewaltig unter Zugzwang, nachdem die Hoffenheimer für ein Novum in der Frauen-Bundesliga gesorgt haben. Um ein Ausrufezeichen bei der Vereinbarkeit von Profisport und Familie zu setzen, gewährt die TSG ihren Spielerinnen ab der kommenden Saison bei einer Schwangerschaft die einseitige Vertragsverlängerung um ein Jahr „zu mindestens gleichbleibenden wirtschaftlichen Konditionen“.
„Dieser Schritt ist für uns als Klub folgerichtig, denn in den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Profifußballerinnen während ihrer aktiven Karriere für die Gründung einer Familie entschieden“, sagte TSG-Frauenchef Ralf Zwanziger: „Auch bei uns wird das sicherlich in Zukunft an Relevanz gewinnen.“
An Bedeutung gewinnt die Thematik auch mit Blick auf die EM in der Schweiz (2. bis 27. Juli). So hat der gastgebende Schweizerische Fußball-Verband (SFV) zeitgleich zur TSG „neue Richtlinien zur Unterstützung des Familienlebens“ bei Turnieren veröffentlicht. Konkret heißt es: „Nationalspielerinnen, die Mutter sind, sowie Spielerinnen und Spieler, deren Partnerin oder Partner ein Kind haben, dürfen das Kind in Begleitung der Partnerin, des Partners oder einer Betreuungsperson zu Endturnieren mitbringen.“
Vier Regeln wurden definiert, die Kosten für die Unterkunft des Kindes und eines Betreuers übernimmt der Verband. „Die neue Richtlinie ist ein wichtiger Schritt in Richtung gelebte Familienfreundlichkeit“, sagte SFV-Boss Dominique Blanc. Frauen-Direktorin Marion Daube sprach von einem „starken“ Zeichen: „Mit dieser Regelung schaffen wir eine Struktur, die Spielerinnen nicht vor die Wahl zwischen Kind und Nationalteam stellt.“
Ähnlich sehen die Hoffenheimer ihren Schritt. „Die Option zur Verlängerung des Vertrages gibt unseren Spielerinnen die Möglichkeit, sich auf ihre Familie zu konzentrieren, ohne ihre berufliche Zukunft zu gefährden“, sagte TSG-Geschäftsführer Markus Schütz. Der Deutsche Fußball-Bund sieht sich auch auf dem richtigen Weg. „Das Themenfeld befindet sich grundsätzlich auf unserer Agenda, erst vor Kurzem haben wir Anpassungen zum Schutz von Müttern im Zuge der erweiterten FIFA-Vorgaben vollumfänglich umgesetzt“, erläuterte Mammitzsch.
Außerhalb Deutschlands gibt es bei der AC Mailand sowie in Norwegen konkrete unterstützende Maßnahmen für Spielerinnen, die Nachwuchs erwarten. Auch in den USA beschäftigen sich die Klubverantwortlichen mit dem Thema Mutterschutz.
Über den Aufbruch in Deutschland freut sich die Initiative „Fußball kann mehr“ – allen voran Beiratsmitglied Almuth Schult. „Mit der TSG Hoffenheim wagt nun auch endlich ein deutscher Verein diesen Vorstoß“, sagte die frühere Nationaltorhüterin: „Als Mutter kann ich sagen, dass dies Spielerinnen Sicherheit und Unterstützung gibt, die man sich wünscht.“ Laut Schult braucht es weitere Veränderungen: „Ich wünsche mir, dass viele Vereine der TSG folgen.“