Sport-Informations-Dienst (SID)

Joker Lipowitz bei der Tour: Bereit für die große Attacke?

Juli 2025

Lille/Hamburg (SID) Hoffnungsträger Florian Lipowitz reist in Topform zu seiner ersten Tour de France – und darf wohl auch auf eigene Rechnung fahren.

Florian Lipowitz war gerade fünf Jahre alt, als zum bislang letzten Mal ein deutscher Profi in Paris das Podium der Tour de France erklomm. Ob der Jungspund, der seine eigene Rad-Karriere erst mit 19 startete, einem gewissen Andreas Klöden damals die Daumen drückte, ist nicht überliefert. Nacheifern will Lipowitz dem Tour-Zweiten von 2006 nun aber auf jeden Fall – und die ganze Radsport-Nation fiebert mit.

Denn endlich ist da wieder einer aufgetaucht: Ein deutscher Fahrer, der mit Potenzial für eine Top-Platzierung an den Start der Großen Schleife rollt – und dabei wohl auch seine eigenen Ziele verfolgen darf. „Die Rolle von Florian Lipowitz“, sagt Rolf Aldag, Sportlicher Leiter beim Team Red Bull-Bora-hansgrohe dem SID, „wird sich bei der Tour von selbst ergeben.

Ein Edelhelfer für den prominenten Kapitän Primoz Roglic jedenfalls sei der 24-Jährige nicht – vielmehr soll Lipowitz „an der Seite“ des Slowenen agieren. Eine Art Freifahrtschein, so darf man Aldags Aussagen interpretieren – eine Rolle, die Lipowitz alle Optionen offen lässt. Es ist der Lohn für überragende Leistungen in der bisherigen Saison.

Quelle: AFP

Beim beinharten Critérium du Dauphiné Mitte Juni hatte er sich in die Weltspitze katapultiert. Geschlagen wurde der Ulmer als Gesamtdritter dort nur von den Größten des Radsports, Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard – Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel ließ er sogar hinter sich. 

Und mit genau diesen Stars will sich Lipowitz in den kommenden Wochen auch auf der größten aller Radsport-Bühnen messen – auf über 3320 Kilometern mit 51.550 Höhenmetern in der Hochsommerhitze Frankreichs. Weshalb er den Fokus zuletzt voll auf die Tour gelegt hat. Die Deutschen Meisterschaften in Linden, bei denen sich Georg Zimmermann zum neuen Titelträger krönte, ließ Lipowitz vorsorglich aus.

Ob der Tank aber wirklich schon für drei Wochen auf absolutem Topniveau reicht? Fraglich. Beim Red-Bull-Team zumindest stapelt man vorsorglich tief, um den Druck vom Youngster zu nehmen. „Er wird viel lernen, er muss viel lernen“, sagt Aldag über den früheren Biathleten, der erst 2020 zum Radsport wechselte und insbesondere auf der taktischen Ebene noch großes Entwicklungspotenzial aufweist. 

Und auch der umtriebige Teammanager Ralph Denk will es mit seinem „Herzensprojekt“ behutsam angehen. Lipowitz, dessen offizielle Zielvorgabe lautet, das Ziel in Paris zu erreichen, solle erstmal sturzfrei durch die erste Woche kommen, sagt Denk – „und dann soll er mal klettern und schauen, wie lange er dranbleibt“.

Träumen ist dennoch schon 2025 erlaubt. Der kleine Hype in Deutschland, dem Land, in dem die Tour spätestens seit Jan Ullrichs Triumph im Jahr 1997 alles überstrahlt, ist ohnehin nicht mehr einzufangen. Kein Wunder, denn läuft alles perfekt, dann kann Lipowitz in Frankreich eben doch schon einen Podestplatz angreifen. Er wäre der erste Deutsche in diesen Gefilden seit Emanuel Buchmann, dem Gesamtvierten von 2019.

Buchmann selbst traut Lipowitz eine Menge zu. „Er ist natürlich superstark“, sagte der Ravensburger dem SID am Rande der Rad-DM: „Er hat echt große Chancen, da ganz vorne mitzufahren.