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Fünfter Stern in fernen Galaxien: Desaströse DFB-Elf „meilenweit weg“

August 2025

UPDATE am Montag nach zweitem Quali-Spiel

Bratislava (SID) Weltmeister? So? Niemals! Nach der Blamage von Bratislava steht Julian Nagelsmann als Träumer da.

Quelle: AFP

Nach der Blamage von Bratislava war Julian Nagelsmann erstmal am Ort des Grauens gefangen. Die brutale Aufarbeitung des historischen WM-Quali-Desasters fand noch im luxuriösen Grand Hotel River Park am Donau-Ufer statt, bevor es zur Wiedergutmachung nach Köln ging – mit einem wütenden Bundestrainer, der mit seinem Titel-Gerede plötzlich als Träumer dasteht.

„Ich zerlege nix und niemanden im Fernsehen, das mache ich intern, da haben wir genug zu besprechen“, sagte ein schockierter Julian Nagelsmann nach dem beispiellosen 0:2 (0:1) zum Start der WM-Qualifikation gegen giftige Slowaken. Dann zerriss er seine desaströse Elf doch vor Millionen. „Ich kann dieses ewige ‚Qualität, Qualität‘ nicht mehr hören. Wir müssen emotional Fußball spielen! In jedem Spiel! Wir haben jetzt noch fünf Spiele, die müssen wir alle gewinnen – und zwar deutlich!“

Doch dieses Team der Teilnahmslosen muss sich selbst vor Nordirland am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) in Köln und womöglich gar Luxemburg fürchten. „Wenn wir diese Emotionalität nicht hinkriegen“, schimpfte Nagelsmann, „kann man das Buch zumachen, weil dann spielt Qualität keine Rolle.“

Kapitän Joshua Kimmich bekannte ernüchtert: „Wenn wir so auftreten, wird das sicherlich nix mit der Qualifikation. Jeder muss spüren, was auf dem Spiel steht.“ Und zwar der in ferne Galaxien gerückte fünfte Stern. Schon jetzt, nach einem schrecklichen Fehlstart auf dem Weg zum unwägbaren Mammutturnier 2026.

Quelle: AFP, Joe Klamar

Deutsche Tugenden, Gier und Hunger, Stabilität – all das hatten Nagelsmann wie Kimmich noch am Vorabend eindringlich gefordert. Zu sehen war davon: nichts! Als Sinnbild für Nagelsmanns verpuffte Ideen mit dem neuen, alten Sechser Kimmich, dem Dreieraufbau in seiner Brösel-Abwehr oder dem heillos überforderten Neuling Nnamdi Collins lag beim Abpfiff der Taktikzettel des Bundestrainers zerknüllt im deutschen Tor.

„Heute waren wir meilenweit weg von Gut und Böse. Auch böse waren wir nicht“, wetterte Nagelsmann nach der ersten Auswärtspleite in der WM-Quali im 53. Spiel. Auch drei Pflichtspielniederlagen in Serie sind nie dagewesen und weckten die bösen Geister des grauen Novembers 2023 mit dem Hilflos-Auftritt im nahen Wien.

Schon bröckelt der bei der berauschenden Heim-EM mühsam wiederhergestellte Zusammenhalt mit den Fans, der DFB musste sich gegen Netz-Hass und Rassismus in Richtung einiger Nationalspieler verwehren. Sportdirektor Rudi Völler sprach nach der „sehr leblosen Vorstellung“ desillusioniert von einem „bitteren Erwachen“ und stellte die Charakterfrage.

System und Taktik seien zweitrangig, schloss sich Kimmich kritisch an, „das ist einzig und allein eine Einstellungssache“. Besonders alarmierend: Der Anführer machte eine Grundthematik aus. „Das war schon in den letzten Spielen unser Problem.“ Da taugten auch die Ausfälle mehrerer WM-Säulen nicht als Entschuldigung. 

Und jetzt? Alles umwerfen wie vor 21 Monaten? Toni Kroos wird Nagelsmann nicht noch einmal reaktivieren können. Er habe „Vertrauen in die Mannschaft“, sagte er, „aber es muss einfach jeder begreifen, dass wir so ein Spiel angehen müssen – auch wenn es total dumm klingt – wie ein Champions-League-Halbfinale“.

Dass Nagelsmann plötzlich wieder laut über die Rechtsverteidiger-„Option“ Kimmich nachdenkt, lässt tief blicken. Der Kapitän sollte das „Herzstück“ Mittelfeld stabilisieren. Auch das ging an diesem dunklen Abend schief; das ganze Defensiv-Gebilde sei „instabil“ gewesen, sagte Nagelsmann. Und vorne gelang trotz des 240-Millionen-Duos Florian Wirtz und Nick Woltemade erstmals seit Oktober 2001 in der WM-Quali kein Tor (0:0 gegen Finnland).

Einen Hauch von Milde gewährte Nagelsmann aber noch. Er wolle „nicht alles einstürzen lassen, wir haben noch eine gute Chance“. Sollte das Direktticket zur WM über Gruppenplatz eins verspielt werden, blieben die kniffligen Play-offs, für die Deutschland über die Nations League bereits qualifiziert ist. 

Und so hielt Nagelsmann trotzig am Titelziel fest. Es zu ändern, „wäre unglaubwürdig“ und „ein fatales Zeichen“, sagte er – und klang wie ein Fantast.