Sport-Informations-Dienst (SID)

„Ein Unding“: Trainer zwischen Frust und Traumjob“

September 2025

Berlin (SID) Hinter jedem Athleten und jeder Medaille stehen Trainer. Die Debatte um deren schlechte Arbeitsbedingungen beschäftigt seit Jahren die Sportwelt.

Hohe Belastung, zu wenig Geld und mangelnde Wertschätzung – André Henning fand für die Missstände im Trainerberuf deutliche Worte. „Die Gehälter und die dafür gebotenen Arbeitsbedingungen sind absolut mangelhaft, da müssen wir nicht drumherum reden“, sagte der Weltmeister-Coach der deutschen Hockey-Männer im Interview mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). 

Immer wieder schlagen er und seine Kollegen Alarm – bislang ohne Erfolg. „Es herrschen natürlich viel Frust und Unsicherheit“, sagte Holger Hasse, Präsident des Berufsverbandes der Trainer und Trainerinnen (BVTDS), im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID). Denn die Diskussion über die Umstände, unter denen in Deutschland für sportliche Erfolge gesorgt werden soll, wird seit Jahrzehnten geführt. 

„Das Durchschnittsgehalt eines Bundestrainers liegt bei circa 55.000 Euro brutto und das bei einem Workload von 50 bis 60 Wochenstunden und oft mit über 100 Abwesenheitstagen pro Jahr, die zum Beispiel durch Wettkämpfe und Lehrgänge zustande kommen“, erklärte Hasse. Hinzu kommen die oft auf nur zwei oder vier Jahre befristeten Verträge. Laut einer BVTDS-Umfrage aus dem vergangenen Jahr waren knapp über 50 Prozent der teilnehmenden Bundestrainerinnen -und trainer nur befristet angestellt. Mehr als die Hälfte der 166 Befragten gab zudem an, für Mehrarbeit keinen Ausgleich zu erhalten.

„Dass Verträge meist nur für einen Olympiazyklus gelten und es viele Kolleginnen und Kollegen gibt, die Ende Oktober noch nicht wissen, ob sie im Folgejahr noch unter Vertrag stehen, ist ein Unding“, meinte auch Henning. „Es gibt viele Bundestrainer, die noch Zweit- oder Drittjobs ausüben, weil ihnen ihr eigentlicher Job nicht genug Sicherheit bietet“, sagte Hasse.

Quelle: AFP, Ronny Hartmann

Die Konsequenz aus alledem? „Viele Spitzenleute“ würden ins Ausland abwandern, stellt Henning fest: „Trainer werden Exportschlager bleiben, wenn sich nichts ändert.“ Die Politik könne das verhindern, „wenn sie wollte. Sie will es aber nicht.“ 

Neben der Politik nimmt der BVTDS auch den organisierten Sport in die Verantwortung. Wenn nicht mehr Geld ins System fließe, müssten Entscheider „logischerweise einen Preis bezahlen, wie zum Beispiel weniger geförderte Athleten oder Sportarten“, erklärte Hasse: „Das Kernproblem ist, dass der deutsche Sport für sich noch nicht beantwortet hat, was für eine Art von Leistungssport er möchte.“ Stichwort: Stillstand bei der Spitzensportreform.

In der derzeitigen Gemengelage kämpft der BVTDS bereits seit Jahren für bessere Arbeitsbedingungen für seine Interessensgruppe und fordert unter anderem einen Trainertarif. Hierbei würde eine Vertretung der Trainer mit Verbänden sowie Fördermittelgeber als Arbeitgeber gemeinsam Rahmenbedingungen aushandeln. „Das wäre ein deutlicher Schritt nach vorne“, betonte Hasse.

Noch ist es aber nicht so weit. Was Henning, der die Hockey-Männer zum WM- und EM-Titel führte, trotz aller Umstände antreibt? Das Gefühl, „dass es zwischen mir, dem Staff und dem Team aktuell wunderbar passt“, betont er, es sei sein „Traumjob“. Wie für viele andere wohl auch.