Köln (SID) „Gold“–Anna Schaffelhuber und „Turmspringer“ Markus Rehm haben ihr herausragendes Sport-Jahr 2014 gekrönt: Die Monoskifahrerin, die bei den Paralympics in Sotschi bei all ihren fünf Starts gewonnen hatte, und der Weitspringer, der mit seinem deutschen Meistertitel im Weitsprung monatelange Diskussionen ausgelöst hatte, wurden am letzten November-Samstag als Behindertensportler des Jahres ausgezeichnet. Rehm allerdings in Abwesenheit, er nahm zur gleichen Zeit am Turmspringen von TV-Moderator Stefan Raab teil. Ihn vertrat seine Trainerin, die frühere Speerwurf-Weltmeisterin Steffi Nerius.
„Ich freue mich wahnsinnig. Die Zeit nach Sotschi war einfach nur Wahnsinn“, sagte die 21 Jahre alte Schaffelhuber (Regensburg), die nach den Spielen in Russland zu einem echten deutschen Sportstar aufgestiegen war. „Bei der WM werde ich wieder fünf Mal oben stehen, und ich werde wieder versuchen, fünf Mal zu gewinnen. Alles andere wäre ja ein Schmarrn.“
Rehm (26/Leverkusen) versprach per Botschaft nach Köln: „Auch diesen Titel werde ich nutzen, um meinen Beitrag zum inklusiven Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung im Sport und in der Gesellschaft weiter voranzubringen.“
Die beiden Favoriten, denen am 21. Dezember auch bei der Ehrung der Sportler des Jahres vordere Platzierungen zugetraut werden, setzten sich in einer Online-Abstimmung durch. Als Mannschaft des Jahres wurde das Frauen-Team der Rollstuhlbasketballer gewählt, das bei der WM in Kanada Silber gewonnen hatte. Die Basketballerinnen setzten sich wie Schaffelhuber bereits zum dritten Mal durch, für Rehm ist die Auszeichnung eine Premiere.
Die Ehrungen wurden bei einer Feier mit 400 geladenen Gästen im Deutschen Sport- und Olympia-Museum durchgeführt. Bei dieser Gelegenheit wurde Willi Lemke, Sonderberater des UN-Generalsekretärs für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung, mit dem Ehrenpreis für sein Engagement im Behindertensport ausgezeichnet. Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), beschrieb den langjährigen Manager des Fußball-Bundesligisten Werder Bremen als „eine Persönlichkeit mit einem ausgeprägten inneren Kompass für soziale Gerechtigkeit“.
Jura-Studentin Schaffelhuber hatte schon 2010 in Vancouver als 17-Jährige ihr erstes Paralympics-Gold gewonnen und die Fahne bei der Schlussfeier tragen dürfen. 2014 wurde dann ihr großes Jahr. Sie triumphierte in der Abfahrt, im Super-G, in der Super-Kombination, dem Slalom und dem Riesenslalom und wurde danach zum Stammgast bei Ehrungen wie von Bundespräsident Joachim Gauck und in TV-Shows wie bei Markus Lanz.
Der unterschenkelamputierte Rehm hatte die deutsche Weitsprung-Meisterschaft der nicht behinderten Sportler gewonnen, war aber nicht für die EM in Zürich nominiert worden, wo seine Siegesweite der nationalen Titelkämpfe (8,24 m) zu Silber gereicht hätte. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hatte argumentiert, Rehms Prothese habe ihm möglicherweise einen Vorteil verschafft. Der Fall hatte für große Diskussionen gesorgt.
Nerius sagte nun, sie halte es für „die im Moment sinnvollste Lösung, dass Markus außerhalb der Wertung mitspringen darf. Es ist schon Inklusion, wenn er mitspringen darf. Und es gibt noch keine Untersuchungen, die 100 Prozent sagen, ob die Prothese ein Vorteil oder Nachteil ist.“
Schaffelhuber setzte sich bei der Abstimmung gegen die nordischen Athletinnen Andrea Eskau (43/Magdeburg) und Anja Wicker (22/Stuttgart) durch, Rehm gegen Speerwerfer Mathias Mester (28/Kaiserslautern) und Radfahrer Michael Teuber (46/München) und die Basketballerinnen gegen die U22-Basketballer und das deutsche Tischtennis-Team. Der DBS hatte im Jahr 2014 insgesamt 102 Goldmedaillen bei den Paralympics sowie Welt- und Europameisterschaften gewonnen.
DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher stellte derweil noch einmal den Wert der Paralympics für eine deutsche Olympia-Bewerbung 2024 heraus. „Das eine geht nicht ohne das andere“, sagte Beucher: „Ob Hamburg oder Berlin: Olympia wird es nur in einer barrierefreien Stadt geben.“