Immer häufiger beschäftigen sich Vereinsvorstände mit dem Gedanken, die Einberufung von Mitgliederversammlungen kostengünstiger zu gestalten und Einladungsschreiben an die Mitglieder statt wie bisher auf dem (teuren) Postweg zukünftig per E-mail vorzunehmen. Schreibt die Satzung des Vereins eine „schriftliche“ Einladung vor, verschlingt allein das Porto bei einem mittelgroßen Verein mehrere hundert Euro. Wenn die E-mail-Adressen aller oder vieler Mitglieder bekannt sind, lässt sich Geld sparen, wenn diese Form der Einladung satzungsgemäß ist. Manches deutet darauf hin, sicher ist es aber nicht.
Der nachstehend vorgestellte Fall zeigt, worum es geht:
Ein Verein hatte in seiner Mitgliederversammlung vom 05. Dezember 2012 eine Satzungsänderung beschlossen und meldete diese zur Eintragung in das Vereinsregister an. Das Amtsgericht reagierte auf diesen Antrag mit einer Zwischenverfügung, dass eine Eintragung nicht erfolgen könne, weil die Einladung zur Mitgliederversammlung nicht, wie in der Satzung vorgesehen, in schriftlicher Form, das heißt durch die Zustellung eines normalen Briefes erfolgt, sei, sondern offenbar per E-mail.
Der Verein blieb bei seinem Antrag und erhielt einen Beschluss, mit dem die Anmeldung zurückgewiesen wurde. Darauf reagierte der Verein mit einer Beschwerde, der der Rechtspfleger beim Amtsgericht nicht abhalf. So gelangte der Vorgang vor das Oberlandesgericht.
Dieses gab der Beschwerde statt und wies die Auffassung des Registergerichts, wonach die Mitgliederversammlung nicht satzungsgemäß schriftlich einberufen worden sei, zurück.
§ 17 der insoweit maßgeblichen Satzung lautet u.a.:
„Die Mitgliederversammlung findet einmal im Jahr statt. Sie wird vom Vorstand unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen schriftlich unter Angabe der Tagesordnung einberufen.“
Der 1. Vorsitzende und der 2. Vorsitzende hatten am 07. November 2012 unter Angabe der Tagesordnung, die unter Punkt 7 eine Neufassung der Satzung, sowie einer Angabe der beabsichtigten Änderungen vorsah, zu der Mitgliederversammlung am 05. Dezember 2012 eingeladen.
Der Verein hatte in der Begründung seiner Beschwerde u.a. vorgetragen, dass am 07. November 2012 445 Mitglieder per E-mail und die übrigen vier Mitglieder, die nicht über einen E-mail-Anschluss verfügten, per Telefax zu der Mitgliederversammlung eingeladen worden seien. Diese Einladung per e-mail bzw. Telefax genüge der in der Satzung bestimmten schriftlichen Form.
Im Gegensatz zum Recht der Aktiengesellschaft, der GmbH und der Genossenschaft, enthält das Vereinsrecht keine Vorschrift, in welcher Form die Mitgliederversammlung einzuberufen ist. Gemäß § 58 Nr. 4 BGB soll aber die Satzung unter anderem die Bestimmung über die Form der Einberufung zur Mitgliederversammlung enthalten. Dabei muss wegen des Teilnahmerechts jedes Mitglieds die Einladungsform so gewählt werden, dass jedes Mitglied auch Kenntnis von der Anberaumung einer Mitgliederversammlung erlangt oder zumindest ohne wesentliche Erschwernisse erlangen kann.
$ 17 der Satzung des Vereins sieht die Schriftform für die Einberufung zur Mitgliederversammlung vor. Die in Vereinssatzungen vorgeschriebene Schriftform ist grundsätzlich als gewillkürte Schriftform iS des § 127 BGB und nicht wie eine durch Gesetz vorgeschriebene Schriftform iS des § 126 BGB zu behandeln.
Gemäß § 127 Abs. 1 BGB gelten die Vorschriften des § 126, des § 126 a oder des § 126 b im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft bestimmte Form. Gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung.
Diese Vorschriften gelten, da aus der Satzung des betroffenen Vereins kein abweichender Wille zu entnehmen ist, auch für die in § 17 seiner Satzung festgelegte schriftliche Einberufung zur jährlichen Mitgliederversammlung.
Mit dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr – in Kraft seit dem 01. August 2001 – wurde die bisherige Regelung des § 127 BGB in Abs. 1 auf die elektronische Form erweitert und in Abs. 2 die telekommunikative Übermittlung der Erklärung im Zweifel für ausreichend erklärt.
Gemäß § 127 Abs. 1 iVm § 126 Abs. 3 BGB kann daher die in § 17 der Satzung festgelegte Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden, wobei gemäß § 127 Abs. 2 BGB eine Unterschrift nicht erforderlich ist.
Für die Unterschriftserfordernis ist im vorliegenden Fall, bei dem es um die Auslegung der Schriftformklausel für die Einladung zu einer Mitgliederversammlung eines Vereins geht, der Zweck zu berücksichtigen, um dessentwillen diese Form in der Satzung bestimmt worden ist.
Der Formzweck liegt vorliegend darin, die Kenntnis der Mitglieder von der Anberaumung einer Mitgliederversammlung unter Angabe der Tagesordnung zu gewährleisten. Diese Gewährleistung ist aber auch dann gegeben, wenn die einzelnen Mitglieder per E-mail von der Anberaumung der Mitgliederversammlung unterrichtet werden.
Der Formzweck des § 17 der Satzung des betroffenen Vereins erfordert somit keine Unterschrift des Vorstandes unter eine per E-Mail versandte Einladung zur Mitgliederversammlung.
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg vom 06.05.2013 – 2 W 35/13 –