Hua Hin/Frankfurt (SID) In der neuen Saison soll es für Angelique Kerber endlich klappen mit dem ganz großen Titel. Angriffslustig wie noch nie formulierte die deutsche Nummer eins ihre Ziele.
Silvester verbrachte Angelique Kerber im königlichen Seebad Hua Hin in Thailand. Doch der Schein trügt: Statt Sonnenbaden stand für die deutsche Hoffnungsträgerin zum Jahresende ein Einladungsturnier im Centennial Club an.
Die Urlaubszeit ist für Kerber schon seit Anfang Dezember beendet. Beim Konditionstraining und vielen Stunden auf dem Court hat die Weltranglistenzehnte in den vergangenen vier Wochen den Grundstein für eine Saison gelegt, in der sie entscheidend zuschlagen will. „Ich denke, ich bin bereit, etwas Großes zu gewinnen“, sagte Kerber dem Sport-Informations-Dienst (SID) und formulierte angriffslustig wie noch nie ihren Herzenswunsch: „Mein Ziel ist es, etwas Großes zu holen. Ich will voll angreifen, es soll bei den wichtigen Turnieren endlich krachen.“
Nach den Halbfinalteilnahmen in Wimbledon (2012) und bei den US Open (2011) soll der nächste Schritt folgen. Auch bei den Turnieren der sogenannten Premier-Serie hatte Kerber noch nie ganz oben gestanden.
Die Sehnsucht nach dem ganz großen Titel jedenfalls ist deutlich spürbar. Und die Ansprüche der bodenständigen Kerber sind durchaus gerechtfertigt. Keine siegte 2015 öfter auf der WTA-Tour. Die 27-Jährige gewann genauso viele Matches wie die unangefochtene Branchenführerin Serena Williams – nämlich 53.
Mit dem Unterschied, dass die Amerikanerin bei drei der vier Grand Slams ganz oben stand. Kerber indes machte es eine Nummer kleiner und triumphierte in Charleston, Stuttgart, Birmingham und Stanford. Bei den Majors allerdings kam die Linkshänderin in den vergangenen zwölf Monaten nie über die dritte Runde hinaus.
Doch nicht nur Ikone Chris Evert traut der deutschen Nummer eins den großen Coup zu. „Angie hat diesen Erfolgshunger, den nicht alle Top-Ten-Spielerinnen in diesem Maße haben. Sie arbeitet extrem hart, und das wird irgendwann belohnt“, sagte Evert dem SID und outete sich als Kerber-Fan: „Ich liebe es, sie spielen zu sehen.“ Das spektakuläre US-Open-Duell der Kielerin gegen Wiktoria Asarenka (Weißrussland) wurde jüngst zum „Grand-Slam-Match des Jahres“ gekürt.
Nach ihrem Malediven-Urlaub und einem Fitness-Block in Königstein feilte Kerber im Trainingszentrum ihrer Großeltern im polnischen Puszczykowo mit Trainer Torben Beltz viel an ihrem Aufschlag. „Ich will aggressiv und mutig spielen“, kündigte die laufstarke Fed-Cup-Spielerin an, die zum vierten Mal in Folge das Tennis-Jahr in den Top Ten beendete.
Bundestrainerin Barbara Rittner glaubt, „dass jetzt Angies beste Jahre kommen“. Wenn Kerber ihr Fitnesslevel halte und noch offensiver agiere, „ist wirklich alles möglich“, prophezeite Rittner dem seit Jahren beständigsten deutschen Tennisprofi. Ein gutes Omen ist es vielleicht, dass die Australian Open an Kerbers 28. Geburtstag (18. Januar) beginnen. Erste Bewährungsprobe ist das WTA-Turnier in Brisbane Anfang Januar.
Als Gegnerin auf dem Weg zum großen Durchbruch sieht die einstige Nummer fünf der Welt vor allem sich selbst. „Ich mache mir selbst oft noch zu viel Druck.“ Was ohne Druck möglich sei, merkte Kerber an, habe die 33-jährige Flavia Pennetta bei ihrem US-Open-Sensationstriumph 2015 gezeigt. Für die Italienerin hatte schon vor dem Turnier festgestanden, dass sie ihre Karriere am Ende der Saison beendet.
Kerber indes, die sich ab und an Ratschläge bei Steffi Graf holt, will noch ein paar Jahre spielen – und sich im August erstmal einen weiteren Kindheitstraum erfüllen. „Eine Medaille bei Olympia in Rio“, sagte die 27-Jährige, „das wäre der Wahnsinn.“