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November 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

München/Wolfsburg (SID) Mitten im Münchner Meistertrubel verlor Michael Wolf kurz die Orientierung. „Bin ich jetzt der Letzte?“, fragte der Rekordtorschütze der Deutschen Eishockey Liga (DEL), als er sichtlich gezeichnet nach sechsstündiger, feuchtfröhlicher Nachtfahrt aus dem Bus der Red Bulls kletterte. Mit den 200 Fans, die am Olympia-Eisstadion auf ihre Helden gewartet hatten, machte der Ex-Nationalspieler die Welle. Dann ging es weiter zum Weißwurst-Frühstück beim Italiener – mit dem Silberpokal im Gepäck.

Am Abend zuvor war Wolf der Erste gewesen, der die Trophäe in die Hand nehmen durfte. Im goldenen Konfettiregen auf Wolfsburger Eis war der Müchner Kapitän endlich am Ziel seiner Träume. „Ich bin einfach nur froh, dass ich das Ding gewonnen habe“, sagte der 35-Jährige nach dem 5:3-Triumph im vierten Play-off-Finale gegen die Grizzlys: „Es ist eine Riesenlast, die von einem abfällt.“

Als Zuschlag gab es aus den Händen von Franz Reindl die Auszeichnung als bester Spieler des Finales. „So ein Spieler mit so einer Karriere – und dann so ein Abschluss“, meinte der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), „das ist gewaltig.“ Er sei „total happy“ gewesen, ausgerechnet den langjährigen Nationalmannschaftskapitän ehren zu dürfen: „Er ist immer ein bisschen unterschätzt worden. Aber er hat immer eine Führungsrolle übernommen. Er macht jede Mannschaft besser.“

Im letzten Finale war Wolf auch noch sein erstes Endspieltor gelungen, das 278. seiner Laufbahn in der DEL. Dass er erst vor zwei Jahren die „kleinen“ Iserlohner verließ, um zu einem Titelkandidaten zu wechseln, bereut er nicht: „Besser spät als nie. Ich habe überhaupt keinen Grund zu sagen: Warum, hätte, wenn und aber.“

Dass München mit den Brause-Millionen des österreichischen Milliardärs Dietrich Mateschitz die richtige (Titel-)Wahl war, bewies der Vorrundenerste eindrucksvoll in den Play-offs. Nur insgesamt zwei Niederlagen im Viertel- und Halbfinale gegen Straubing und Köln, dann der beeindruckende „Sweep“ im Finale – mit Meistermacher Don Jackson an der Bande, der schon mit den Eisbären Berlin fünf Titel gewonnen hatte, war der Ligakrösus nicht zu stoppen.

Nach dem Triumph gegen überforderte Wolfsburger, die auch in ihrer zweiten Endspielserie kein Spiel für sich entschieden, ging es noch in der Nacht zurück nach München. Offiziell gefeiert wurde Olympiapark. Auf das vom FC Bayern gewohnte Jubeln auf dem Rathausbalkon über dem Marienplatz verzichtete man – mangels Fanmassen.

Wenn der Rausch verflogen ist, geht die schwierige Arbeit weiter. Vor dem EHC Red Bull wurden schon drei andere Münchner Klubs deutscher Meister: 1922 der MTV, 1994 der EC Hedos und 2000 die Barons. Keiner schaffte es, Eishockey in der bayerischen Fußball-Metropole zu etablieren. Hedos ging wenige Monate später pleite, die Barons flüchteten nach Hamburg.

„Ich bin fest davon überzeugt, dass Eishockey seinen Platz auch in München findet“, meinte Nationalspieler Frank Mauer, „wir haben das Fundament gelegt.“ Doch der Weg ist selbst mit den Red-Bull-Millionen weit und beschwerlich. In der Hauptrunde war das alte Olympia-Eisstadion nur selten voll, die Finalserie gegen Wolfsburg zog im Schnitt (5323) die wenigsten Zuschauer in der DEL-Geschichte an.

Auch Reindl glaubt diesmal an einen dauerhaften Erfolg. „Das hat den Stellenwert des Eishockeys in München nach oben katapultiert“, meinte der DEB-Boss, „das ist keine Eintagsfliege, da ist richtig Dampf dahinter, Qualität in allen Bereichen.“

Entscheidend – auch für ein langfristiges Engagement von Mateschitz – wird sein, ob der frischgebackene Meister in absehbarer Zeit eine neue Arena erhält. Die Pläne für ein 10.000 Zuschauer fassendes, 100 Millionen Euro teures Domizil liegen vor, doch erste Gespräche mit den Basketballern des FC Bayern über eine gemeinsame Nutzung scheiterten.

„Ich kann nur hoffen, dass man das Projekt durchzieht“, sagte Reindl. Vorerst ist München zwar Eishockey-Meister, aber noch keine Eishockey-Stadt. „In Mannheim“, merkte Mauer, vor einem Jahr schon Champion mit den Adlern, an, „leben die Leute für Eishockey, das war alles einen Zacken schärfer.“