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November 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Amsterdam (SID) Auch ohne Diskus-Star Robert Harting wollen die DLV-Asse bei der EM in Amsterdam ordentlich Selbstvertrauen für die Olympischen Spiele tanken. Die Abwesenheit der Russen dürfte beim Medaillensammeln helfen.

Diskus-Star Robert Harting schuftet zu Hause für seinen Traum vom Olympia-Gold, doch die deutschen Leichtathletik-Asse wollen auch ohne ihren großen Anführer die EM rocken. In Abwesenheit der wegen systematischen Dopings gesperrten Russen sollen Kugelstoßer David Storl & Co. in Amsterdam ab Mittwoch ordentlich Medaillen sammeln, um mit Rückenwind in die heiße Phase vor dem Showdown in Brasilien zu starten.

„Wir sehen in der EM einen wichtigen Zwischenpunkt auf dem Weg zu den Olympischen Spielen in Rio“, sagte Teammanager Siegfried Schonert vor dem ersten großen Kräftemessen des Jahres in den Niederlanden (bis 10. Juli): „Wichtig ist, auf einem hohen Niveau eine Leistungskontrolle durchzuführen.“ Und Cheftrainer Idriss Gonschinska gab seinen Medaillen-Kandidaten für die Olympia-Generalprobe mit auf den Weg, „intensiv an der weiteren Formausprägung“ zu arbeiten. Insgesamt schickt der DLV 101 Athleten nach Amsterdam.

Die EM ist wichtig, doch Olympia steht in dieser Saison für die Leichtathleten über allem. „Der Fokus ist ganz klar auf Rio ausgerichtet“, sagte Speerwerfer Thomas Röhler, der mit 91,28 m die Nummer eins der Welt ist, dem SID. Auch Ex-Weltmeister Storl will natürlich seinen Titel verteidigen, für den Leipziger geht es nach einem durchwachsenen Saisonstart aber vor allem darum, im Wettkampf Selbstvertrauen zu tanken. „Ruhe bewahren und weiter arbeiten“, lautet das Motto des 25-Jährigen.

Harting verzichtete wegen Rio gleich ganz auf die EM. „Ich brauche einfach die nächsten Wochen im Training, um bei Olympia konkurrenzfähig zu sein“, sagte der Berliner, der nach seinem Kreuzbandriss und weiteren verletzungsbedingten Rückschlägen im Frühling lieber im Training intensiv an seiner Form feilt. Dafür soll sein jüngerer Bruder Christoph für die Hartings die Fehde mit Polens Weltmeister Piotr Malachowski erfolgreich weiterführen.

Eine Medaillenprognose will der DLV fast schon traditionell nicht herausgeben, aber durch den internationalen Ausschluss der Russen sind die Erfolgsaussichten natürlich deutlich gestiegen. Mehr als die acht Medaillen (vier Mal Gold) von Zürich 2014 sollten es auf jeden Fall werden. Die Werfer um Storl und Weltmeisterin Christina Schwanitz, Röhler sowie Betty Heidler sind immer für Medaillen gut, in Amsterdam hoffen aber auch Läufer wie Homiyu Tesfaye (1500 m), Gesa Felicitas Krause, WM-Dritte über 3000-m-Hindernis, oder Dreisprung-Entdeckung Max Heß auf Edelmetall.

Mit einer Medaille liebäugelt Stabhochspringer Raphael Holzdeppe wohl nicht, für den Vize-Weltmeister geht es in Amsterdam vor allem darum, sich für Rio zu empfehlen. Schließlich ist der Vize-Weltmeister verletzungsbedingt noch nicht über 5,40 m hinausgekommen und muss nun die Olympia-Norm (5,70) nachliefern. Er sei aber „positiv“ gestimmt, ließ der 26-Jährige wissen.

Im Mittelpunkt des Interesses wird zunächst aber vor allem Julia Stepanowa stehen. Die Doping-Whistleblowerin, die mit ihren Aussagen in der ARD-Dokumentation „Geheimsache Doping“ die Enthüllung des Skandals in ihrer Heimat ins Rollen gebracht hatte, darf wegen ihrer Verdienste im Anti-Doping-Kampf unter neutraler Flagge in den Niederlanden starten, der Weltverband IAAF machte dies Anfang Juli möglich. Und so werden bei den Vorläufen über 800 m alle Augen auf Stepanowa gerichtet sein. „Egal wie schnell sie in Amsterdam laufen wird, Hauptsache ist, dass sie dabei ist“, sagte DLV-Präsident Clemens Prokop.

Fragen und Antworten zur 23. Leichtathletik-EM

Amsterdam richtet die 23. Leichtathletik-Europameisterschaften aus. Knapp 1500 Athleten aus 50 Ländern werden am Start sein und in 44 Entscheidungen um Medaillen kämpfen. Die Geher-Wettbewerbe werden nicht ausgetragen, zudem steht lediglich ein Halbmarathon auf dem Programm.

Warum findet die EM so kurz vor den Olympischen Spielen in Brasilien statt?

Bereits vor vier Jahren wurden die kontinentalen Titelkämpfe erstmals noch vor dem Olympia-Showdown ausgetragen, damals erhitzte der Wechsel auf einen Zweijahresrhythmus die Gemüter. Nach offizieller Lesart des europäischen Verbandes soll den Athleten eine weitere Plattform gegeben werden, um sich der Welt zu präsentieren. Aber natürlich geht es auch ums Geld. Der europäische Leichtathletikverband erhofft sich eine bessere Vermarktung, mehr Geld von Sponsoren und mehr TV-Präsenz.

Warum ist Robert Harting nicht am Start?

Der Diskus-Star verzichtet auf die EM, um sich nach seinem Kreuzbandriss und einigen verletzungsbedingten Rückschlägen im Training ganz auf die Olympischen Spiele konzentrieren zu können. „Ich brauche einfach die nächsten Wochen im Training, um bei Olympia konkurrenzfähig zu sein“, sagte der Berliner. Auch andere Top-Athleten wie etwa Langstreckler Mo Farah (Großbritannien) bereiten sich lieber gezielt auf Rio vor.

Und was ist mit den Russen?

Die russischen Leichtathleten um Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa sind wegen ihres massiven Dopingproblems vom Weltverband IAAF weiter gesperrt, der internationale Bann wurde erst am 17. Juni in Wien bestätigt. Allerdings darf Whistleblowerin Julia Stepanowa, die mit ihren Aussagen in der ARD-Dokumentation „Geheimsache Doping“ die Enthüllung des Skandals ins Rollen gebracht hatte, wegen ihrer Verdienste im Anti-Doping-Kampf unter neutraler Flagge in den Niederlanden starten.

Was können die Deutschen erreichen?

Die Erfolgsaussichten für die DLV-Asse sind gut, auch wenn für Kugelstoßer David Storl & Co. die Vorbereitung auf Rio im Mittelpunkt steht. Mit Storl und seiner Kugel-Kollegin Christina Schwanitz sind zwei deutsche Titelverteidiger am Start, zudem ist Speerwerfer Thomas Röhler ein heißer Gold-Kandidat. Zudem sind die Medaillenchancen durch die Abwesenheit der Russen noch einmal gestiegen. Mehr als die acht Medaillen (vier Mal Gold) von Zürich 2014 sollten es auf jeden Fall werden.

Wo wird die EM übertragen?

Trotz Fußball-EM und Tour de France werden ARD und ZDF intensiv aus Amsterdam berichten, die öffentlich-rechtlichen Sender planen derzeit mit rund 26 Stunden Live-Übertragung – hinzu kommen Berichte in den Nachrichten und Magazinsendungen. Auch Eurosport wird umfassend aus den Niederlanden berichten.