Halle, Westfalen (SID) – Florian Mayer hat sein Comeback mit dem Titel in Halle gekrönt. Im zweiten deutschen Finale der Turniergeschichte bezwang er Youngster Alexander Zverev und kehrte unter die Top 100 zurück.
Überwältigt von seinen Emotionen sank Florian Mayer auf die Knie, fassungslos schlug er die Hände vors Gesicht. Noch vor wenigen Wochen hatte der stille Tennisprofi aus Bayreuth laut über sein Karriereende nachgedacht, bei den Gerry Weber Open feierte er nun den größten Erfolg in 15 Profijahren. Im Endspiel entzauberte Mayer Jungstar Alexander Zverev mit 6:2, 5:7, 6:3.
„Das hat mir heute total viel Spaß gemacht. Ich war nicht sicher, ob ich überhaupt weiterspiele, jetzt stehe ich hier als Sieger. Das kann ich noch nicht fassen“, sagte Mayer. Nach dem Turnier macht der 32-Jährige, dessen bislang einziger Titel aus dem Jahr 2011 datierte, einen riesigen Satz in der Weltrangliste – von Platz 192 auf Rang 80.
Auch Zverev verbessert sich im Ranking und gehörte auch in Wimbledon erstmals zu den gesetzten Spielern bei einem Grand Slam. Trost fand der Teenager aus Hamburg jedoch nicht sofort, tief saß der Stachel seiner zweiten Finalniederlage auf der ATP-Tour. Nach dem grandiosen Halbfinalsieg über Rekordchampion Roger Federer wenige Tage zuvor hatte sich Zverev große Hoffnungen auf seinen ersten Profititel gemacht.
„Das war mein schlechtestes Spiel seit Wochen. So einfach ist das“, sagte Zverev enttäuscht: „Florian hat verdient gewonnen, er wusste, was er zu tun hat. Aber ich habe ihm auch viele Dinge erlaubt.“ Mayer sprach seinem jungen Kontrahenten Mut zu: „Ich habe meinen ersten Titel erst im fünften Anlauf geholt. Mach dir keine Sorgen. Dir gehört die Zukunft.“
In der Gegenwart war Mayer jedoch der bessere Spieler. Obwohl er erst im April nach einem Sehnenanriss an den Adduktoren und sieben Monaten Auszeit auf die Tour zurückgekehrt war. Das Jahr 2014 hatte er wegen einer Schambeinentzündung beinahe komplett verpasst und sich zum Fitnesstrainer ausbilden lassen.
Favorit Zverev knüpfte allerdings im zweiten deutschen Finale in der Geschichte der Gerry Weber Open nicht an die berauschende Vorstellung aus dem Match gegen Federer an. Vor den Augen seiner Familie – Vater Alexander senior, Mutter Irina, Bruder Mischa und Oma Natalia saßen in der Box – startete Zverev nervös und gab seinen Aufschlag durch zwei Doppelfehler zum 2:4 ab. Frustriert schmiss er den Schläger.
Der zweimalige Wimbledon-Viertelfinalist Mayer nutzte Zverevs Unmut mit all seiner Routine und Klasse auf dem schnellen Platz aus. Mit seinem Rückhand-Slice zwang er den 1,98 m langen Schlaks Zverev tief in die Knie und bewies, dass seine unorthodoxe Spielweise besonders auf Rasen noch immer mit dem hohen Tempo der nächsten Generation mithalten kann.
Im zweiten Satz bäumte sich Zverev – unterstützt von der Mehrzahl der 11.500 Zuschauer – noch einmal auf und wehrte sogar zwei Matchbälle ab, doch Mayer blieb seiner Taktik treu. Die fehlende Schlaghärte kompensierte er wie schon im Halbfinale gegen den österreichischen Shootingstar Dominic Thiem, indem er Zverev über den gesamten Platz schickte.
Dabei war Mayer stinksauer nach Ostwestfalen gereist, weil er von den Turnierveranstaltern trotz seiner Verdienste um das deutsche Herrentennis keine Wildcard erhalten hatte. „Das regt mich richtig auf, darüber bin ich wirklich enttäuscht“, hatte der ehemalige Weltranglisten-18. nach seinem Auftaktsieg gesagt. Mit seinem „Protected Ranking“, einer Ausnahmeregelung der ATP für lange verletzte Spieler, rückte er ins Hauptfeld. Bis zu diesem Jahr war Mayer in Halle fünfmal im Viertelfinale gescheitert.