Das Gute liegt so nah, dass es oft übersehen wird. In einer Welt, die dramatisch von Bewegungsmangel geprägt ist, bietet das alltägliche Umfeld eine Fülle von Möglichkeiten, fit zu bleiben. Sei es das Balancieren über einen Bordstein oder das Jonglieren mit Kochlöffeln: Mit ein bisschen Kreativität wird der Alltag zum Sportplatz, der viel Spaß macht und das Wohlbefinden steigert.
Draußen ist es dunkel und kalt. Für Wolfgang Weber beginnt der Tag früh, um fünf Uhr. Aber nicht mit Arbeit, sondern unter der Daunendecke mit: Zehenwackeln. „Ich komme traditionell schlecht in die Gänge morgens“, lacht der 45-jährige Ingenieur, „irgendwann habe ich morgens einmal mit den Zehen gewackelt, weil mich etwas gejuckt hat. Ich weiß auch nicht wieso, aber ich fand das witzig und es hat mir gute Laune gemacht. Jetzt praktiziere ich das jeden Morgen und habe es ausgebaut mit Fußkreisen und Körper strecken.“
Für Anja Steinfels beginnt der Tag, wenn der Nachwuchs auf dem Schulweg ist. „Dann dusche ich erst einmal“, sagt die 40-jährige Mutter. „Weil ich auch berufstätig bin, bewege ich mich nicht so umfassend, wie ich das gerne möchte.“ Deshalb hat sie sich ein „privates“ Trainingsprogramm ausgedacht. „Wenn ich die Dusche trockenwische, ziehe ich sie bewusst von oben nach unten ab und mache das durch Kniebeugen“, erklärt sie und grinst: „Und meine Zähne putze ich auf einem Bein stehend. Wenn mich da jemand sehen würde… Auch sonst versuche ich im Tagesverlauf immer mal etwas zu finden, um mich extra zu bewegen.“
Killer Bewegungsmangel
So wie Stefan Klein. Er will seiner sitzenden Berufstätigkeit etwas entgegensetzen: „Mit dem Fahrrad zur Arbeit, Treppe statt Aufzug, Dehnübungen beim Nachdenken im Büro. Das ist alles Bewegung, die mich keine Zeit kostet, und die ich jederzeit durchführen kann“, hat der vielbeschäftigte IT-Experte erkannt und bleibt in der Freizeit konsequent: „Bei der Gartenarbeit setze ich mir Zeitlimits, versuche zum Beispiel schneller umzugraben als nötig. Außerdem habe ich mir wieder einen Handrasenmäher zugelegt. Mein Kompass ist einfach: Immer wenn ein Bewegungsablauf zu nerven droht, mache ich mir einen Sport daraus und habe Spaß dabei.“
Und der ist wichtig, wie Dr. Michael Matlik, LSB-Referatsleiter Breitensport, bestätigt: „Die Grundlage für Motivation ist Spaß an der Bewegung.“ Und der Sportpsychologe Prof. Jan Mayer unterstreicht: „Positive Erlebnisse wollen wiederholt werden.“ Wichtig sei daher, „etwas zu finden, das Spaß macht und sich konkrete, erreichbare Ziele zu setzen.“
Bewegungsmangel gilt längst als größter Risikofaktor für Zivilisationskrankheiten – neben Fehlernährung und Rauchen. Legte der Steinzeitmensch noch täglich bis zu 40 Kilometer zu Fuß zurück, um sein Überleben zu sichern, bringt es der Durchschnittsmensch von heute in der Regel noch nicht einmal auf sieben Kilometer, die von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene Dosis. Büroarbeiter schaffen gerade einmal 1.000 Meter am Tag. Dabei sind seine genetischen Voraussetzungen dieselben wie beim Jäger und Sammler! „Sitzen ist das neue Rauchen“ heißt es. Dabei ist es schlimmer. Es liegen Studien vor, die davon ausgehen, dass Bewegungsmangel über den Zeitraum von 20 Jahren das Sterblichkeitsrisiko um mehr als die Hälfte erhöht.
Den vollständigen Artikel „Sportplatz Alltag“ von Michael Stephan lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der „Wir im Sport“.
Quelle: www.lsb-nrw.de